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Interagieren Elektroautos mit der Defibrillatorweste?

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Dr. Sebastian Reif, Herzzentrum München-Bogenhausen

Elektromotoren und Akkumulatoren sind wesentliche Bestandteile heutiger Elektroautos. Der Schutz von Fahrern und Insassen von Elektroautos gegen elektromagnetische Interferenzen (EMI), welche mit dieser innovativen Technologie einhergehen können, stellt eine wesentliche Bedingung dar. Können Insassen von Elektroautos, die zudem eine Defibrillatorweste (Wearable Cardioverter-Defibrillator = WCD) tragen, ohne Bedenken in diesen Autos fahren?

Der WCD findet Anwendung bei Patienten, die einer erhöhten Gefahr eines plötzlichen Herztodes durch lebensbedrohlich schnelle ventrikuläre Herzrhythmusstörungen ausgesetzt sind, die aber (noch) keine Kandidaten für einen implantierbaren Kardioverter-Defibrillator sind. Wesentliche Bestandteile des WCD sind eine Weste mit EKG-Elektroden zur Detektion von Herzrhythmusstörungen und Defibrillationselektroden mit einer Monitor-Einheit zur Therapie-Abgabe. Analog zu den implantierbaren Kardioverter-Defibrillatoren kann auch der WCD für EMI anfällig sein. EMI können von dem WCD fälschlicherweise als lebensbedrohlich schnelle Herzrhythmusstörungen klassifiziert werden. Dadurch kann es im schlimmsten Fall zu unnötigen, schmerzhaften Therapie-Abgaben durch den WCD kommen.

Somit ist auch vorstellbar, dass die Fahrt mit einem Elektroauto bei Patienten mit einem WCD z.B. inadäquate Schock-Abgaben hervorrufen könnte. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, mögliche Interaktionen von Elektroautos und dem WCD zu untersuchen.

Untersuchungen im Tesla Modell S und im BMW i3

Monozentrische Untersuchung. Der Testperson (Erstautor) wurde ein WCD angelegt (Modell LifeVest 4000, ZOLL Medical Corporation, Pittsburgh, PA, USA) und dieser aktiviert. Die Versuche wurden mit zwei verschiedenen Elektroautos durchgeführt (Modell 1: Modell S, Tesla Inc., USA (Abb. 1A); Modell 2: BMW i3, BMW, Deutschland (Abb. 1B)). Das erste Testprotokoll sah ein Szenario vor, das den Alltagsbedingungen am nächsten kommt. Dabei saß die Testperson auf dem Beifahrersitz, während der Fahrer die Elektroautos durch die Stadt München bei flüssigem und dichtem Verkehr lenkte. Das zweite Testprotokoll sah zusätzlich zum ersten Protokoll rasches Beschleunigen und Abbremsen der Elektroautos vor, um EMI zu provozieren.

Bei den Versuchsansätzen wurde davon ausgegangen, dass der WCD EMI fälschlicherweise als lebensbedrohlich schnelle Herzrhythmus-störungen klassifizieren könnte, und es dadurch zum Auftreten eines akustischen und Vibrations-Alarms mit automatischer EKG-Aufzeichnung durch den WCD kommen würde. Zusätzlich wurden durch die Testperson regelmäßig manuell EKG-Aufzeichnungen über den WCD veranlasst. Die EKGs wurden anschließend über den Server des Herstellers des WCD aufgerufen und auf mögliche Artefakte durch EMI untersucht.

Keine Störungen durch elektromagnetische Interferenzen festgestellt

Der Erstautor (männlich, 41 Jahre alt, BMI 21 kg/m2) unterzog sich den unterschiedlichen Testprotokollen. Während der Untersuchungen traten keine akustischen oder Vibrations-Alarme auf. Automatische EKG-Aufzeichnungen wurden nicht verzeichnet. Auch die manuell von der Testperson veranlassten EKGs wiesen keine Artefakte auf.

In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass der WCD sicher bei Fahrten mit Elektroautos getragen werden konnte. Auch wenn keine Artefakte oder inadäquaten Schock-Abgaben bei dem WCD-Träger auftraten, sollten die Untersuchungen mit dem WCD bei weiteren Elektroautos wiederholt werden, bevor die Ergebnisse auf alle Elektroautos verallgemeinert werden können.