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TIMELY – Eine patientenzentrierte Plattform zur Früherkennung, Prävention und Intervention bei koronarer Herzkrankheit mithilfe von eHealth und künstlicher Intelligenz

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Pressetext als PDF - gegebenenfalls mit Bildmaterial

PD Dr. Boris Schmitz, und Prof. Dr. Frank Mooren, Universität Witten/Herdecke

Hintergrund
Trotz nachgewiesenem Nutzen von kardialer Rehabilitation (engl. cardiac rehabilitation – CR) in der Prävention von KHK-Patient*innen gibt es in der praktischen Umsetzung noch zahlreiche prozessuale und strukturelle Defizite an der Schnittstelle zwischen stationärer Behandlung, Rehabilitation und Entlassung in die häusliche Umgebung. Eine Stabilisation der in der stationären Rehabilitation erzielten Erfolge und eine langfristige Umsetzung neuer gesunder Gewohnheiten finden oftmals nicht statt. Zudem erfahren Patient*innen kaum Unterstützung im weiteren Verlauf der Erkrankung. Das hohe Potenzial einer umfassenden Rehabilitation bei KHK-Patienten wird so nicht ausgeschöpft. Insbesondere Patient*innen mit geringer Gesundheitskompetenz, fortgeschrittenem Alter oder multiplen Komorbiditäten weisen häufig geringe Adhärenzen bei der Lebensstiländerungen auf, mit entsprechendem Bedarf für eine individualisierte Unterstützung und gezielte Intervention.

Befähigung des Patient*innen als zentraler Erfolgsfaktor
Genau an dieser Stelle setzt das EU-geförderte Projekt TIMELY an. In TIMELY werden Patientenmotivation, Selbstwirksamkeit und Engagement der Patient*innen als die wichtigsten Prädiktoren für nachhaltige Lebensstiländerungen angesehen. Ziel ist die Entwicklung und Implementierung einer Plattform, die Patient*innen und Ärzt*innen hilft, die Gesundheitsversorgung von KHK-Patient*innen individualisiert und personalisiert zu optimieren. Im Fokus steht dabei eine individualisierte Therapieunterstützung der Patient*innen, die auf Algorithmen der künstlichen Intelligenz (KI) basiert. Abweichungen von definierten Therapiezielen oder ungünstige Veränderungen werden angezeigt und entsprechende Interventionen vorgeschlagen, wobei wesentliche psychosoziale Faktoren berücksichtigt werden. Um eine möglichst hohe Nutzerakzeptanz zu gewährleisten, werden alle wesentlichen Komponenten von TIMELY im Rahmen eines „Living-Lab“-Ansatzes gemeinsam mit Patient*innen, Therapeut*innen und Ärzt*innen entwickelt.

KI-gestützte Plattform wird im Rahmen einer RCT evaluiert
Die Haupthypothese ist, dass eine modulare, kollaborative eHealth-Plattform, unterstützt durch KI, effektiv und kosteneffizient in der Prävention ist. Im Rahmen einer prospektiven, randomisiert-kontrollierten klinischen Studie an der Klinik Königsfeld, Ennepetal, NRW, und weiterer Kooperationskliniken in Holland und Spanien wird die TIMELY-Plattform mit insgesamt 360 KHK-Patient*innen evaluiert. Die Patient*innen der Interventionsgruppe erhalten eingebundene Geräte (EKG-Pflaster, hämodynamischer Monitor, Fitnesstracker) sowie die TIMELY-App und Zugriff auf das Patientenportal. Fallmanager überwachen die KI-gestützte Daten- und Grenzwertkontrolle und leiten basierend auf Entscheidungsunterstützungssystemen Maßnahmen zur Lebensstilinterventionen ein. Primär wird  die Veränderung des kardiovaskulären Risikos untersucht, sekundär werden die kardiopulmonale Fitness, die Lebensqualität und die Rehospitalisierung analysiert. Ein Vergleich erfolgt anhand von Patient*innen mit Regelversorgung. 

Case Management und chatbots ermöglichen ganzheitliches Therapiemanagement
Um Patientendaten auf einen Blick bereitzustellen, wird ein Dashboard implementiert, das die relevantesten Daten zur Entscheidungsunterstützung darstellt. Bei Bedarf kann ein multidisziplinäres Team beteiligt werden. Die Schnittstelle zur TIMELY-Plattform wird über eine Patienten-App hergestellt, diese kann bei Bedarf auch zur Kommunikation mit dem Fallmanager genutzt werden.  Eine individualisierbare Benutzeroberfläche liefert Patient*innen relevante Informationen zu erreichten Zielen, Aktivitätsniveau oder zu Ergebnissen der jüngsten Blutdruck- und EKG-Messungen. Eine Information zur aktuellen Risikoeinschätzung ist möglich. Wichtiger Bestandteil zur regelmäßigen Kommunikation und zum Informationsaustausch ist ein KI-gestützter Chatbot – ein adaptives, textbasiertes Dialogsystem, welches den Patient*innen auch bei der nachhaltigen Umsetzung neuer gesunder Gewohnheiten unterstützt.

Das Projekt wird von der Europäischen Union mit rund 5,7 Millionen Euro über einen Zeitraum von 3,5 Jahren seit Januar 2021 gefördert und im Verbund mit zwölf weiteren nationalen und internationalen Partnereinrichtungen an der Klinik Königsfeld, Klinik an der Universität Witten/Herdecke, durchgeführt. 

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit fast 11.000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org