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Neues Versorgungsforschungsprojekt GULLIVE-R zur Langzeitversorgung von Herzinfarkt-Patienten in Deutschland

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Statement Prof. Dr. Uwe Zeymer, Studienleiter GULLIVE-R, 25. April 2019 

Das erste große Projekt des neuen DGK-Zentrums für Kardiologische Versorgungsforschung ist GULLIVE-R (GUideline adherence and risk assessment after acute myocardiaL infarction  in real LIfe in Germany – a quality improVEment and awareness Registry of the German Cardiac Society ), in dem wir die Leitlinieneinhaltung und Risikobewertung im Langzeitverlauf nach akutem Myokardinfarkt überprüfen möchten.

Die meisten bisher vorliegenden Studien bilden lediglich die Versorgungslage in den ersten 12 Monaten nach einem Myokardinfarkt ab. Uns hingegen interessiert vor allem die Zeit danach. Ein Jahr nach einem schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignis scheint oft der Punkt einzutreten, an dem die guten Vorsätze hinsichtlich einer Lebensstilveränderung wieder in Vergessenheit geraten und Medikamente – sei es durch die Patienten selbst oder auch durch die Ärzte – wieder abgesetzt werden. Subjektiv fühlen die Patienten sich zu diesem Zeitpunkt meist wieder gut und rechnen nicht mit einem Rückfall. Dass dies ein trügerisches Gefühl ist, wissen wir aus retrospektiven Datenanalysen: Zwischen 12 und 36 Monate nach einem akuten Myokardinfarkt versterben 16,3% der STEMI- und 9% der NSTEMI-Patienten an einer kardiovaskulären Ursache. Insgesamt 32,7% (STEMI) und 22,8% (NSTEMI) der Patienten erleiden ein schwerwiegendes kardiales oder zerebrovaskuläres Ereignis. (Zeymer et al., Cardiol Ther, March 2017, 6:273-280)

In dem GULLIVE-R-Projekt sollen nun Patienten aus 220 bis 250 Versorgungszentren, Kliniken und Praxen eingeschlossen werden, die wir über den Zeitraum von 9 bis 18 Monate nach einem Myokardinfarkt hinweg kontinuierlich beobachten wollen. Uns interessiert dabei vor allem, wie diese Patienten beraten und behandelt werden und wie sie die Empfehlungen umsetzen. Wird eine Risikostratifizierung vorgenommen oder werden alle Patienten gleich behandelt? Wie verhält es sich mit der Nachhaltigkeit von Lebensstilinterventionen?

Das Studienprotokoll und die Einverständniserklärungen sind erstellt und die Unterlagen sind bei der Ethikkommission eingereicht, die bei derartigen Projekten beratend tätig wird. Ich gehe daher davon aus, dass wir Ende Mai oder Anfang Juni mit dem Einschluss der Patienten in das Projekt beginnen können. Die ersten Ergebnisse sind nach Einschluss der Kohorte zu erwarten und können voraussichtlich im nächsten Jahr an dieser Stelle präsentiert werden. Die Endergebnisse sind zu den Herztagen der DGK 2020 zu erwarten.

Dieses ganz typische Versorgungsforschungsprojekt ist in dem neuen DGK-Zentrum für Kardiologische Versorgungsforschung perfekt untergebracht. Wir betrachten in diesem Register unterschiedliche Versorgungsebenen, die in dem Zentrum vertreten sind und ihre Expertise einbringen. Das betrifft natürlich auch die Maßnahmen, die aus den Ergebnissen der Studie resultieren werden. Die Daten sollen dazu dienen, Diskrepanzen zwischen den Leitlinien und der wirklichen Versorgung aufzudecken. Sollten wir zum Beispiel feststellen, dass sich viele Patienten nicht an die empfohlene Lebensstilveränderunhgen (Diät, Bewegung, Nikotinkarenz)  halten, müssen wir hier gemeinsam unsere Anstrengungen in der Öffentlichkeitsarbeit intensivieren. Oder sollten wir beispielsweise sehen, dass nach einiger Zeit die Medikamente abgesetzt werden, müssen wir an diesem Punkt mit weiteren Maßnahmen ansetzen. Die Tatsache in das Bewusstsein unserer Patienten zu rücken, dass es sich bei der Koronaren Herzkrankheit (KHK) um eine dauerhafte Erkrankung handelt, die nicht durch einen Stent geheilt werden kann, muss unser gemeinsames Ziel bei dem Projekt sein. Dieses Projekt kann sehr gut zur Verbesserung der Versorgungsrealität bei der Volkskrankheit KHK beitragen.

Das Projekt wird durch einen unrestricted Grant der Firma Astra Zeneca finanziert. Die Firma stellt uns großzügiger Weise einen Betrag zur freien Verfügung. Das Design, die Datenerhebung sowie die Auswertung und Interpretation liegen damit ausschließlich in unserer Hand und werden nach rein wissenschaftlichen Kriterien gestaltet. Astra Zeneca unterstützt zugleich Projekte in China und den USA, die den gleichen Sachverhalt untersuchen.

Ich freue mich darauf, Ihnen in einem Jahr unsere ersten Ergebnisse zur Realität in Deutschland bei der langfristigen Versorgung von Patienten nach akutem Myokardinfarkt vorzustellen.