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Aktuelles Hypercholesterinämie-Management in klinischer Routine: Erste Einblicke in die nicht-interventionelle Implementierungsstudie VICTORION Implement

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Prof. Dr. Oliver Weingärtner,, Jena und Prof. Dr. Volker Schettler, Göttingen 

Hintergrund
Erhöhtes Low-Density Lipoprotein-Cholesterin (LDL-C) ist ein zentraler Risikofaktor für die Entwicklung kardiovaskulärer Erkrankungen. Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt daher in Abhängigkeit von individuellen Risikofaktoren die LDL-C-Konzentration unter einen definierten Zielwert zu senken1. Hierzu zählen auch medikamentöse Maßnahmen. Inclisiran ist ein small interfering RNA (siRNA)-Wirkstoff, der für die Behandlung von Patient*innen mit familiärer und nicht-familiärer primärer Hypercholesterinämie, sowie Dyslipidämie durch die European Medicines Agency (EMA) zugelassen ist2.

Aufgrund eines Erstattungsausschlusses hat in Deutschland allerdings nur eine vergleichsweise kleine Patientengruppe Zugang zu Inclisiran. Es handelt sich um Patient*innen mit heterozygot familiärer oder nicht‐familiärer Hypercholesterinämie oder gemischter Dyslipidämie bei therapierefraktären Verläufen, bei denen grundsätzlich trotz einer über einen Zeitraum von 12 Monaten dokumentierten maximalen diätetischen und medikamentösen lipidsenkenden Therapie (Statine und/oder andere Lipidsenker bei Statin-Kontraindikation) der LDL-C-Wert nicht ausreichend gesenkt werden kann und daher davon ausgegangen wird, dass die Indikation zur Durchführung einer LDL-Apherese besteht3.

Für diese definierte Patientenpopulation gibt es bislang keine Daten aus der klinischen Routine.

Ziel
Ziel der Studie ist die Charakterisierung von Patient*innen, die mit Inclisiran und anderen lipidsenkenden Therapien behandelt werden, um die Belastung durch die Erkrankung etwa auf die Lebensqualität, sowie den Einfluss von Behandlungsstrategien und Sicherheitsprofilen in klinischer Routine besser zu verstehen.

Methoden
In der nicht-interventionellen Studie VICTORION Implement werden insgesamt 2.030 Patient*innen über 21 Monate beobachtet, die im Rahmen der klinischen Routine eine neue Therapie beginnen (1000 Patient*innen mit oraler lipidsenkender Therapie in Kohorte A, 1000 Patient*innen mit Inclisiran Therapie in Kohorte B und 30 Patient*innen, die Inclisiran zusätzlich zu einer Lipidapherese erhalten in Kohorte C). Eine Besonderheit dieser Studie ist ein Dashboard- und Benchmarking-Tool von Climedo Health GmbH direkt in der Eingabemaske der Studiendaten – der elektronischen case report form (eCRF). Damit können teilnehmende Ärzt*innen bereits während der Studie die Veränderung des LDL-C-Spiegels ihrer Patient*innen live verfolgen (Abbildung 1A) und zusätzlich in einem Benchmarking-Ansatz vergleichen. Dabei können eigene Patient*innen mit allen Studienteilnehmern (Abbildung 1B), mit den einzelnen Behandlungsarmen (Abbildung 1 C), oder auch mit verschiedenen Regionen basierend auf den Kassenärztlichen Vereinigungen (Abbildung 1D) verglichen werden. Dadurch soll ein Überblick zur Zielwerterreichung der lipidsenkenden Therapie und vor allem eine Einordnung der eigenen Patient*innen möglich sein. Mit den aktuell noch sehr niedrigen Teilnehmerzahlen lassen sich in der vorliegenden ersten Interimsanalyse daraus jedoch noch keine Rückschlüsse auf Unterschiede der Behandlungsarme oder Regionen ziehen.

Ergebnisse
Die ersten Baseline-Daten mit cut-off 08.08.2022 in Tabelle 1 zeigen, dass Patient*innen, die neu auf Inclisiran gegenüber eines oralen Lipidsenkers eingestellt wurden etwas jünger und häufiger weiblich sind und seltener unter Bluthochdruck litten. Allerdings wiesen Inclisiran Patient*innen zu Baseline höhere LDL-C- und Lp(a)-Konzentrationen auf. Interessant ist ebenfalls, dass nur rund jede*r dritte bzw. jede*r fünfte dokumentierte Patient*in mit neuer oraler Therapie bzw. Inclisiran-Therapie an einem Disease Management Programm (DMP) teilnimmt.

 

  Orale lipidsenkende Therapie (Kohorte A, n=165) Inclisiran (Kohorte B1+B2 n=71)
Alter; Jahre – Mittelwert (±SD) 70.3 (8.8) 65.7 (9.4)
Weiblich, n (%) 41 (24.8) 31 (43.7)
Männlich, n (%) 123 (74.5) 40 (56.3)
Teilnahme in DMP n (%) 56 (33.9) 13 (18.3)
Aktuell Raucher*in, n (%) 30 (18.2) 11 (15.5)
Kardiovaskuläres Ereignis vor Baseline, n (%) 156 (94.5) 62 (87.3)
Zeit seit kardiovaskulärem Ereignis; Jahre – Mittelwert (±SD) 7.5 (7.7) 7.8 (6.4)
Diabetes mellitus, n (%) 51 (30.9) 20 (28.2)
Bluthochdruck, n (%) 130 (78.8) 47 (66.2)
LDL-C [mg/dL] 91.4 (27.5) 119.0 (47.8)
Lp(a) [mg/dL] 34.1 (40.0) 62.0 (55.9)

Tabelle 1: Baseline-Charakteristika der ersten 236 eingeschlossenen Patienten

Schlussfolgerung
Die Ergebnisse der Studie VICTORION Implement sollen zu einem besseren Verständnis des aktuellen Hypercholesterinämie-Management in klinischer Routine beitragen. Hierbei werden insbesondere die zu erwartenden klinischen Verlaufsdaten in Kombination mit Ergebnissen zur Lebensqualität und Ernährungsgewohnheiten eine wichtige Rolle spielen.

Referenzen
1: Mach et al., 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk. Eur Heart J, 41, 111-188.
2: https://www.ema.europa.eu/en/documents/overview/leqvio-epar-medicine-overview_en.pdf (abgerufen am 30.08.2022)
3: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-5072/2021-10-21_AM-RL-III_Nr35c-Inclisiran.pdf (abgerufen am 30.08.2022)

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