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Skalierbare Ultra-Reinigung von Adeno-assoziierten viralen Vektoren – ein neuer Standard zur Steigerung der Transduktionseffizienz und -potenz für die Entwicklung kardialer Gentherapie

Abdruck frei nur mit Quellenhinweis
Pressetext als PDF - gegebenenfalls mit Bildmaterial

Dr. Andreas Jungmann und Dr. Martin Busch, Heidelberg

Hintergrund

Aktuell zugelassene virale gentherapeutischen Medikamente, wie beispielsweise Luxurna (Netzhautdystrophie) und Zolgensma (spinale Muskelatrophie), basieren ausschließlich auf Adeno-assoziierten-Viren (AAV). Bei der Zulassung dieser viralen Vektoren steht neben der Wirkung des potentiellen neuen Medikaments auch dessen Herstellung und Reinheit im Mittelpunkt. Um hochreine Präparationen mit verbesserter Wirksamkeit dieser neuartigen Medikamentenform herstellen zu können, haben wir eine neue Aufreinigungsmethode für AAV basierte Vektoren entwickelt. Die resultierende Formulierung ist vergleichbar zu industriell hergestellten Medikamenten dieser Art, und erlaubt somit die Verwendung von hochreinen Gentherapeutika bereits in der präklinischen Forschung.

Ziel

Das Ziel der Arbeit ist der funktionelle Vergleich von AAV Vektoren in vivo, welche mittels zwei unterschiedlicher Methoden aufgereinigt wurden. Als Referenz dient hier eine der am häufigsten verwendeten Aufreinigungsmethoden in der präklinischen Forschung, die Ultrazentrifugation von Iodixanol Dichtegradienten (DG), welche mit der neuentwickelten Affinitätschromatographie (AC) auch im Hinblick auf Verunreinigungen des Herstellungsprozesses direkt verglichen wurde.

ethoden

Zum Vergleich der beiden Aufreinigungsmethoden wurde der AAV Serotyp 9 (AAV-9) verwendet, der in der präklinischen Forschung oft für den Gentransfer in vivo zur Anwendung kommt. Es wurden zwei verschiedene Vektoren hergestellt und in dieser Studie getestet: Vektoren mit dem Reportergen (EGFP (enhanced green fluoresence protein)) wurden zur Analyse von Vektorverteilung und -expression verwendet. Zum Vergleich der Funktionalität wurden Vektoren, die für den Relaxinrezeptor (RXFP1) codieren verwendet, welches einen neuartigen Ansatz zur Behandlung von chronischer Herzinsuffizienz darstellt und mittels Gabe von Relaxin (RLN) zur Kontraktilitätssteigerung im linken Ventrikel führt.

Um einen direkten Vergleich zu gewährleisten, wurde vor Beginn der Aufreinigung das Ausgangsmaterial (Zellen und Zellkulturüberstand), welches die nicht aufgereinigten AAV-Vektoren enthält, geteilt und jeweils die Hälfte mittels DG bzw. AC gereinigt. Die gereinigten Vektoren wurden zunächst mittels Massenspektrometrie Analysen auf ihre Reinheit hin überprüft und anschließend in BL6/N Mäuse mit verschiedenen Vektordosen (1E+10vg, 1E+11vg und 1E+12vg für die „EGFP -Gruppe“ bzw. 1E+11vg, 5E+11vg und 1E+12vg für die „RLN-Gruppe“) injiziert. 3 Wochen nach Injektion der Vektoren wurden DNA, RNA und Protein aus den entnommenen Organen isoliert und die Vektorverteilung (DNA) und Expression von EGFP (RNA und Protein) analysiert. In der RLN-Gruppe wurde zusätzlich auch die Kontraktilität des linken Ventrikels nach zusätzlicher Gabe von RLN gemessen.

Ergebnisse

Die massenspektrometrischen Analysen zeigen, dass bei der Aufreinigung mittels AC 96% des Gesamtprotein-Gehaltes AAV Proteinen zugeordnet werden können, wohin gegen lediglich 6% der DG gereinigten Vektoren AAV Proteine ausmachen. Dieser hohe Anteil (94%) an Verunreinigungen zeigt sich auch bei der Detektion der AAV Kapsidproteine mittels eines Proteingel, wo ein starkes Hintergrundsignal sichtbar ist. Dieses ist im Fall der AC gereinigten Vektoren nicht vorhanden.

DNA, RNA und Proteinanalysen von Biopsien der mit AAV9-EGFP injizierten Mäuse zeigen, dass die Aktivität der AC gereinigten Vektoren in allen untersuchten Geweben signifikant erhöht ist. Anhand des linken Ventrikels kann hier beispielsweise 1,5-fach-, 3-fach- und 10-fach- mehr EGFP bei einer Vektordosis von 1E+11vg nachgewiesen werden.

Darüber hinaus lässt sich die gesteigerte Aktivität der AC gereinigten Vektoren auch in einem funktionellen Modell, der Kombination aus AAV vermittelter Expression des Relaxinrezeptors (AAV9-RXFP1) mit exogener Gabe von RLN, eindrücklich feststellen. Hier konnten die AC gereinigten Vektoren die basale Kontraktilität nach Gabe von RLN im linken Ventrikel massiver steigern, als eine identische Menge an DG gereinigten Vektoren, was auf eine erhöhte AAV9 vermittelte Präsenz des RXFP1 aus der AC Aufreinigung schließen lässt.

Schlussfolgerung/Fazit

Adeno-Assoziierte Virale Vektoren, die mittels der von uns entwickelten Affinitätschromatographie aufgereinigt werden, weisen lediglich sehr geringe Spuren von Verunreinigungen auf (4% des Gesamtproteingehaltes). Dies können beispielsweise Proteine sein, welche auf der AAV-Partikeloberfläche haften und dadurch ungewollt in den Zielorganismus transferiert werden, um dort möglicherweise eine folgenschwere Immunreaktion auszulösen.

Darüber hinaus ist die Aktivität der AC gereinigten Vektoren im Vergleich zu DG gereinigten Vektoren höher, wodurch die Vektormengen, welche für ein Experimente oder eine Studie benötigt werden, reduziert werden können. Deshalb kann in diesem Herstellungsprozess die Menge an Verbrauchsmaterialien, aber auch die Arbeitszeit reduziert werden, was wesentlich ökonomischer ist.

Ein weiterer Vorteil der Methode ist ihre Skalierbarkeit, weil es möglich ist, eine nahezu beliebig große Menge an Ausgangsmaterial, welches AAV Partikel enthält, in einer Aufreinigung zu prozessieren. Für größere Mengen werden lediglich größere Aufreinigungssäulen mit erhöhter AAV- Bindekapazität benötigt.

Die hier generierten Daten zeigen eindeutig, dass es sinnvoll ist, bereits in präklinischen Studien, wo Adeno-Assoziierte Virale Vektoren als Gentransfervehikel zum Einsatz kommen, diese mittels einer Affinitätschromatographie aufzureinigen. Das Ergebnis sind AAV-Präparationen, welche hochrein sind und darüber hinaus eine gesteigerte Aktivität im Vergleich zu AAV-Präparationen aus Ultrazentrifugen basierten Dichtegradienten aufweisen.

 Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 12.000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org