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Herzmuskelentzündung nach COVID-19 Impfung: Eine Endomyokardbiopsie-basierte Fallserie

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Dr. Christian Baumeier und Prof. Dr. Heinz-Peter Schultheiss, Berlin

 

Hintergrund

Myokarditis und Perikarditis zählen zu den möglichen Komplikationen einer COVID-19 Impfung. Seit den ersten Beobachtungen von Myokarditis als Reaktion auf den mRNA-Impfstoff von Pfizer-BioNTech im April 2021 wurden zahlreiche Fallberichte veröffentlicht, die auf einen Zusammenhang zwischen der COVID-19 Impfung und dem Auftreten von Myokarditis/Perikarditis hinweisen. Obwohl die durch die COVID-19 Impfung bedingte Myokarditis insgesamt nur geringfügig vorkommt und die betroffenen Patient:innen sich oftmals schnell erholen, ohne dass kurzfristige Komplikationen auftreten, ist sie eine ernstzunehmende Nebenwirkung, die sorgfältig überwacht werden muss.

Ziel

Während die Mehrzahl der veröffentlichten Fälle auf kardialer Magnetresonanztomographie und klinischen Laboruntersuchungen beruht, gibt es nur wenige durch Herzmuskelbiopsien bestätigte Fälle. Ziel dieser Studie ist die histopathologische Untersuchung von Endomyokardbiopsien (EMBs) von Patient:innen mit Verdacht auf Myokarditis nach der Impfung gegen das SARS-CoV-2 Virus und die Aufklärung zugrundeliegender molekularpathologischer Mechanismen.

Methoden

15 Patient:innen (9 Männer, 6 Frauen) im Alter von 18 bis 68 Jahren mit reduzierter Pumpleistung des Herzens (mittlere linksventrikuläre Auswurfleistung = 28 ± 14%) und dem klinischen Verdacht auf Myokarditis nach Impfung mit Comirnaty® (Pfizer-BioNTech; 11 Fälle), Vaxzevria® (AstraZenica; 2 Fälle) und Janssen® (Johnson & Johnson; 2 Fälle) wurden einer EMB unterzogen. Diese wurden am Institut für kardiale Diagnostik und Therapie (IKDT) histopathologisch und immunhistochemisch auf das Vorhandensein von inflammatorischen Zellen des Immunsystems untersucht und anhand von spezifischen zellulären Markern die Entzündungsreaktion charakterisiert. Zusätzlich wurden die Biopsien auf die Expression des SARS-CoV-2 Spike-Proteins im Myokard analysiert. Infektiologische Ursachen der Entzündungsreaktion wurden durch eine umfassende PCR-Diagnostik häufiger kardiotroper Erreger (inkl. SARS-CoV-2) untersucht.

Ergebnisse

Das Auftreten der Myokarditis-spezifischen Symptome variierte zwischen 0 und 56 Tagen (im Mittel 14 Tage) nach Impfung. Alle Patient:innen wiesen ein plötzlich einsetzendes schweres linksventrikuläres Versagen auf, begleitet von zusätzlichen Symptomen wie Dyspnoe, Brustschmerzen, reduzierte Atemfrequenz und verminderte körperliche Leistungsfähigkeit. Immunhistochemische Analysen der Herzmuskelbiopsien zeigten in 14 von 15 Fällen eine Entzündungsreaktion mit der histopathologischen Diagnose einer aktiven Myokarditis (2 Fälle), einer schweren Riesenzell-Myokarditis (2 Fälle) und einer entzündlichen Kardiomyopathie (10 Fälle). Infektiöse Ursachen der Herzmuskelentzündung konnten in allen Fällen ausgeschlossen werden. Das SARS-CoV-2 Spike-Protein wurde vereinzelt auf Kardiomyozyten von neun Patient:innen nachgewiesen. Eine differenzierte Analyse von Entzündungszellmarkern ergab eine erhöhte CD4/CD8-Ratio. Dies lässt vermuten, dass die in Folge der Impfung auftretende Entzündungsreaktion autoimmunologischer Natur ist. 

Zusammenfassung und Ausblick

Die vorliegende Studie fasst die EMB-basierte Diagnostik von 15 Patient:innen mit klinischem Verdacht auf Myokarditis nach der Impfung gegen SARS-CoV-2 zusammen. Auf Grundlage von molekularpathologischen Untersuchungen an Herzmuskelbiopsien dieser Patient:innen konnte in 14 von 15 Fällen eine Entzündungsreaktion festgestellt werden. Obwohl ein kausaler Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Auftreten einer Herzmuskelentzündung anhand der zugrunde liegenden Befunde nicht hergestellt werden kann, sprechen der kardiale Nachweis von Spike-Protein, die CD4+ T-Zell dominierte Entzündung und der enge zeitliche Zusammenhang für eine durch die Impfung ausgelöste Autoimmunreaktion. 

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 12.000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen, die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org