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Gesundheitsbezogene Lebensqualität bei Herzinsuffizienz – Ergebnisse aus der MyoVasc Studie

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Dr. Jasmin Ghaemi und Prof. Dr. Matthias Michal, Mainz

Hintergrund

Die Herzinsuffizienz stellt eine gravierende, chronische und progressive Erkrankung dar. Symptome der Herzinsuffizienz variieren abhängig vom Schweregrad der Erkrankung und umfassen u.a. eine reduzierte körperliche Belastbarkeit, Atemnot, Müdigkeit und Ödeme. Die Herzinsuffizienz ist mit einem hohen Mortalitätsrisiko verbunden. Überlebensraten betragen etwa 50% nach fünf Jahren und 10% nach zehn Jahren. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität kann durch eine Herzinsuffizienz erheblich beeinflusst werden. So kommt es bei Menschen mit Herzinsuffizienz neben der reduzierten körperlichen Belastbarkeit, die eine Unabhängigkeit im Alltag maßgeblich beeinflussen kann, häufig zu sozialer Isolation und einer psychischen Belastung wie Depressivität oder Ängsten. Die Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität stellt ein wichtiges Ziel der Behandlung der Herzinsuffizienz dar. Die Kenntnis über somatische wie auch psychosoziale Einflussfaktoren auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität bei Menschen mit Herzinsuffizienz kann nützlich sein, um Interventionen gezielt anzupassen. Auch zeigt sich die aktuelle Evidenz widersprüchlich; es ist unklar, ob die gesundheitsbezogene Lebensqualität einen prognostischen Einfluss auf die Vorhersage von Endpunkten wie Mortalität, kardiovaskulärer Mortalität und Verschlechterung der Herzinsuffizienz hat.

Ziel

Das Ziel der Studie ist die Untersuchung von körperlichen wie auch psychosozialen Prädiktoren der gesundheitsbezogenen Lebensqualität sowie die Untersuchung des unabhängigen Einflusses der gesundheitsbezogenen Lebensqualität auf die Endpunkte Gesamtmortalität, kardiale Mortalität und Verschlechterung der Herzinsuffizienz.

Methoden

Daten der MyoVasc Studie (NCT04064450; N=3,289), einer prospektiven Kohortenstudie zur Erforschung der Herzinsuffizienz, wurden untersucht. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität wurde mittels eines Fragebogens, dem „European Quality of Life 5 Dimensions 3 Level Version“ (EQ5D-3L) sowie einer visuellen Analogscala (EQVAS) erfasst. EQ5D-3L umfasst fünf verschiedene Dimensionen von gesundheitsbezogener Lebensqualität: Beweglichkeit und Mobilität; Selbstfürsorge; Tägliche Aktivitäten; Schmerzen/Körperliche Beschwerden; Angst/Niedergeschlagenheit. Durch lineare Regressionen konnten unabhängige Prädiktoren für den EQVAS sowie für den Summenscore (EQ5D-3Lsum) und für die einzelnen Dimensionen der Lebensqualität ermittelt. Durch Cox Regressionen unter Einschluss des klinischen Profils, der kardiovaskulären Risikofaktoren, der Komorbiditäten und der Medikation wurde der Einfluss der gesundheitsbezogenen Lebensqualität auf die Gesamtmortalität, kardiale Mortalität und Verschlechterung der Herzinsuffizienz analysiert.

Ergebnisse

EQ5D-3L und EQVAS Daten wurden bei 2.690 Teilnehmer:innen erfasst (mittleres Alter 64,2 ± 11,1 Jahre). Der durchschnittliche EQVAS (0-100) betrug 69,9. Teilnehmer mit symptomatischer Herzinsuffizienz (Stadium C/D) (n=1.366) zeigen einen EQVAS von 64,2. In der gesamten Stichprobe berichteten 58,6% über moderate oder schwere Einschränkungen in der Dimension Schmerz, 22,6% bei Depressivität/Angst, 18,5% bei täglichen Aktivitäten, 18,3% bei Mobilität, und 3,2% bei Selbstfürsorge. In den linearen Regressionen zeigten sich folgende Faktoren als die stärksten Prädiktoren für eine niedrige EQVAS: Depressivität (PHQ-9), Alter, Sozioökonomischer Status (SES), Übergewicht und Schmerzmedikation. Ein vergleichbares Ergebnis zeigte die lineare Regression bzgl. des EQ5D-3Lsum; auch hier war Depressivität, Alter, SES, Übergewicht und Einnahme von Schmerzmedikation relevante Prädiktoren. Während der Verlaufsbeobachtung über sechs Jahre verstarben 22,1% (n=301) der Teilnehmer. 7,7% der Teilnehmer verstarben auf Grund einer kardialen Ursache (n=105). Nach Adjustierung für kardiovaskuläre Risikofaktoren, Komorbiditäten und Medikation, ergab sich in Cox Regressionen EQVAS als unabhängiger Prädiktor für Mortalität in der gesamten Stichprobe (HR per SD 1,54; 95% CI: 1,35-1,75; p <0.0001) wie auch in Stadium C/D (HR 1,40; 95% CI: 1,21-1,62; p=<0.0001). Auch EQ5D-3Lsum zeigte sich prädiktiv in der gesamten Stichprobe (HR 1,36; 95% CI: 1,19-1,55; p=<0.0001), wie auch in Stadium C/D (HR 1,27; 95% CI: 1,10-1,47; p=0.0010). Bezüglich des Endpunktes der kardialen Mortalität zeigte sich sowohl der EQVAS  (Für Stadium C/D: HR: 1,47; 95% CI: 1,16-1,89; p=0.0014) als auch der EQ5D-3Lsum (Für Stadium C/D: HR: 1,23; 95% CI: 1,04-1,64; p=0.019) prädiktiv. Auch eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz konnte mittels EQVAS (Für Stadium C/D: HR 1,45; 95% CI: 1,27-1,64; p<0.0001) und EQsum (Für Stadium C/D: HR 1,16; 95% CI: 1,02-1,33; p=0.0014) vorhergesagt werden.

Schlussfolgerung/Fazit

Eine geringe gesundheitsbezogene Lebensqualität ist mit einer erhöhten Gesamtmortalität wie auch einer erhöhten kardialen Mortalität und Verschlechterung der Herzinsuffizienz bei Individuen mit Herzinsuffizienz assoziiert. Insbesondere Depressivität wie auch der sozioökonomische Status zeigten sich als wichtige Prädiktoren für die gesundheitsbezogene Lebensqualität. Die Ergebnisse unterstreichen die klinische Relevanz für zukünftige präventive Ansätze. Die Daten indizieren weiterhin die Notwendigkeit einer Erfassung und eines Monitorings von gesundheitsbezogener Lebensqualität bei Herzinsuffizienz.

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