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Welche neuen Erkenntnisse gibt es bei Devices

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Zusammenfassung des Vortrages von
Prof. Dr.
Birgit Aßmus, Sektionsleitung Herzinsuffizienz, Leitende Oberärztin Medizinischen Klinik I (Kardiologie und Angiologie) des Universitätsklinikums Gießen

Neue Empfehlungen zu Kabellosen Schrittmacher (leadless pacing) in den Leitlinien
In den neuen ESC-Leitlinien zu Herzschrittmachern und zur kardialen Resynchronisationstherapie 2021 sind die interventionell implantierbaren kabellosen Schrittmacher („leadless pacemaker“) mit einer Klasse IIaB-Empfehlung deutlich aufgewertet worden. (1)

In Deutschland werden jährlich etwa 75.000 Neuimplantationen von Herzschrittmachern vorgenommen, hinzu kommen etwa 16.000 Aggregatwechsel. Im Jahr 2019, das sind Daten aus dem aktuellen Deutschen Herzbericht, wurden in Deutschland aber nur 519 kabellose Schrittmacher („leadless pacemaker“) implantiert. (2) Die Implantationsrate ist also gering, unter anderem weil es sich um ein noch eher neues System handelt.

Seit Anfang dieses Jahres sind nun neue Daten verfügbar. Im European Heart Journal wurde die große US-amerikanische prospektive Kohorten-Studie Micra-CED publiziert. (3) Mehr als 15.000 Patientinnen und Patienten, die mit „leadless pacing“ versorgt worden waren, sind hier über zwei Jahre mittels Versicherungsdaten nachverfolgt worden. Die Studienpopulation war im Mittel älter als 80 Jahre und hatten eine hohe Komorbidität im Sinne von Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz mit Dialyse und Diabetes. Im Verlauf des Beobachtungszeitraumes zeigte sich ein statistisch signifikant besseres Ergebnis für den kabellosen Schrittmacher im Vergleich zum transvenösen Schrittmacher: „Leadless pacing“ war mit einer um 38 Prozent niedrigeren Reinterventionsrate sowie einer um 31 Prozent reduzierten Komplikationsrate assoziiert – bei identischer adjustierter Gesamtmortalität. (3)

Daher sollten Leadless-Pacemaker nach Leitlinienempfehlung in Betracht gezogen werden, wenn ein transvenöser Zugang für ein herkömmliches Herzschrittmachersystem nicht möglich ist; wenn in der Anamnese Infektionen aufgrund eines Implantats aufgetreten sind oder die Patientinnen und Patienten allgemein zu Infektionen neigen. Dies können beispielsweise Dialyse-pflichtige Patient*innen sein, Menschen mit PAVK oder schlecht heilenden Wunden. Eine weitere Möglichkeit für den Einsatz kabelloser Schrittmacher stellt zudem eine Funktionserweiterung der Devices dar, die seit Juni 2020 in Deutschland zugelassen ist. Durch einen programmierbaren, Accelerometer-gesteuerten Algorithmus können nun auch Patient*innen mit einem AV-Block versorgt werden, da nun ein AV-synchrones Pacing möglich ist. Gegenargumente für einen kabellosen Schrittmacher sind neben einer Adipositas per magna oder einer mechanischen Trikuspidalklappe derzeit überwiegend die im Vergleich zu Standardgeräten deutlich höheren Kosten.

Tragbare Devices zum Nachweis von Herzrhythmusstörungen
Seit Anfang April 2021 sind neue Anwendungsempfehlungen der European Heart Rhythm Association (EHRA) für die Verwendung digitaler Devices (z.B. Smartwatch, Fitnessarmbänder, Apps u. ä.) zur Detektion von Herzrhythmusstörungen veröffentlicht. (4) In der Empfehlung wird darauf eingegangen, welches System (EKG-basiert oder Pulskurven-basiert) wann sinnvoll eingesetzt werden sollte, um zum Beispiel Herzrhythmusstörungen und Vorhofflimmern aufzuspüren. Dazu sollte die Zielsetzung des Screenings klar formuliert sein und mit den Patient*innen besprochen werden, was im Fall von Auffälligkeiten zu tun ist. Während die EKG-basierten Systeme für die behandelnden Ärzt*innen diagnostisch verwertbar sein können, liefern die Pulskurven-basierten Systeme lediglich Hinweise auf eine Rhythmusstörung. Letztlich verbleibt jedoch die Stellung der Diagnose verantwortlich in ärztlicher Hand und sollte nicht durch die tragbaren Devices erfolgen. Denn nur die behandelnden Ärztinnen und Ärzte können die Patient*innen umfassend zu den Konsequenzen der Rhythmusstörung beraten und ggfs. behandeln.

Chance für Telemedizin bei Herzinsuffizienz
Seit Anfang dieses Jahres sind telemedizinische Anwendungen in der Kardiologie bei Patient*innen mit Herzinsuffizienz abrechnungsfähig. Leider ist allerdings die dazugehörige Qualitätssicherung unverändert Gegenstand von Verhandlungen zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern. Dabei haben die DGK und ihre Arbeitsgruppen in diesem Zusammenhang bereits Positionspapiere zur Zertifizierung von Telemedizinzentren und zum Anforderungsprofil von Ärzt*innen und nicht-ärztlichen Assistenzkräften in Telemedizinzentren formuliert, welche die notwendige personelle Qualifikation und strukturelle Voraussetzungen der behandelnden Telemedizinzentren umfassend aufzeigen. (5) (6)

Für innovative, neue Methoden muss in Deutschland der Nutzen im Rahmen einer Erprobungsstudie nachgewiesen werden, damit die Methode Eingang in die Regelversorgung findet. Die bisher einzige vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beauftragte Erprobungsstudie, die bereits erfolgreich Studienteilnehmer akquiriert, ist die PASSPORT-HF-Studie. (7)

Untersucht wird in dieser prospektiven, randomisierten multizentrischen Studie die Effektivität eines hämodynamisch, Pulmonalisdruck-basierten Herzinsuffizienz-Managements durch zertifizierte Herzinsuffizienz-Pflegekräfte, unter Verwendung des CardioMEMS-HF-Systems. In die Studie wurden bis April 2022 131 von insgesamt 554 Patient*innen aufgenommen. Mehr als 50 Zentren in Deutschland sind beteiligt.

Zum Nachlesen:

(1) Glikson M et al., Eur Heart J 2021; 42: 3427 – 352
https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehab364
(2) Deutscher Herzbricht 2020, Hrsg. Deutsche Herzstiftung, 22.6.2021
https://www.herzstiftung.de/system/files/2021-06/Deutscher-Herzbericht-2020.pdf
(3) El-Chamiet MF et al., Eur Heart J 2022; 43: 1207 – 1215
https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehab767
(4) Svennberg E et al., Europace 2022; online am 3.4.2022
https://doi.org/10.1093/europace/euac038
(5) Helms TM et al., Der Kardiologe 2022; 16: 6 – 20
https://doi.org/10.1007/s12181-021-00522-4
(6) Helms TM et al., Herzschr Elektrophys 2021; 32:  504 – 509
https://doi.org/10.1007/s00399-021-00804-0
(7) Störk S et al., Clin Res Cardiol 2022; online am 4.3.2022
https://doi.org/10.1007/s00392-022-01987-3