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DGK plädiert für einen Herz-Kreislauf-Check ab 50

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Zusammenfassung des Vortrages von
Prof. Dr. Stephan Baldus, Köln, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind seit vielen Jahren trotz der enormen Fortschritte in der kardiologischen Diagnostik und Therapie die Todesursache Nummer 1 in Deutschland. Sie sind verantwortlich für 40 Prozent aller Todesfälle und die Tendenz ist leider weiterhin steigend. Nur ein Bruchteil aller Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist bisher heilbar, die allermeisten Patient*innen mit einer Herzerkrankung bedürfen einer lebenslangen medizinischen Therapie. Allein im Jahr 2019 mussten annähernd 2 Millionen Menschen in Deutschland wegen Herz- Kreislaufkrankheiten stationär behandelt werden. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind Volkskrankheiten mit vielen Gesichtern und gehen häufig mit erheblichen körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen oder gar Pflegebedürftigkeit einher. Es ist mir besonders wichtig zu betonen, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen keinesfalls nur Erkrankungen des älteren Menschen sind, sondern bis zu 25 Prozent aller Patient*innen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor dem 65. Lebensjahr versterben.

Trotz dieser Tatsachen sehen wir uns in Deutschland mit der Situation konfrontiert, dass die Forschung im Bereich der Herz-Kreislauf-Medizin im Gegensatz zu anderen medizinischen Fachgebieten noch zu gering ist. Dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung stehen beispielsweise nur 13 Prozent des Budgets zur Verfügung, mit dem das Deutsche Krebsforschungs-Zentrum ausgestattet ist. Auch andere Potenziale in unserem Fach können bisher nicht genutzt werden, beispielsweise im Bereich Digitalisierung, Früherkennung und intersektoraler Patientenversorgung. Aus all diesen Gründen setzen wir uns für die Einführung einer nationalen Herz-Kreislauf-Strategie ein, zu der wir bereits kurz nach der Bundestagswahl ein detailliertes Positionspapier veröffentlicht haben. Im Mittelpunkt stehen dabei die Koordinierung von Grundlagen- und translationaler Forschung, der Aufbau von interdisziplinären und intersektoralen Versorgungsnetzwerken, die Digitalisierung und intersektorale Zusammenarbeit und eine nationale Initiative zur Früherkennung von Risikopatient*innen.

Die Herz-Kreislauf-Medizin ist geradezu prädestiniert für Erweiterungen im Bereich Telemedizin sowie Früherkennung und Prävention, das bisher brachliegt. Vorsorgeuntersuchungen und Früherkennungsprogramme können uns nicht nur dabei helfen, Patient*innen vor schweren Folgen ihrer Erkrankungen zu schützen, indem wir sie frühzeitig behandeln, sondern auch Heilungschancen verbessern. Wir freuen uns, dass die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten hat, dass Präventionsprogramme gestärkt werden sollen. Wir sprechen uns in diesem Zusammenhang für die Etablierung eines regelhaften Herz-Kreislauf-Check ab 50 aus, bei dem Menschen über 50 Jahren auf mögliche bestehende Herzerkrankungen untersucht werden. Eine solche Vorsorgemaßnahme kann aus dem Schreiben eines EKGs, dem Bestimmen des Blutdrucks und der Cholesterinwerte sowie einer Blutabnahme zum Ausschluss eines Herzmuskelzellschadens oder der Herzschwäche bestehen.

Derzeit arbeiten wir hierzu an einem Pilotprojekt: Durch eine einfache Laboruntersuchung des Blutes kann der NT-proBNP-Wert bestimmt werden, der mit hoher Zuverlässigkeit bestimmen kann, ob die Patient*innen an einer bisher unerkannten Herzinsuffizienz leiden. Die Diagnose einer Herzschwäche wird häufig zu spät gestellt, was vor allem deswegen fatal ist, weil eine Behandlung im Frühstadium dieser Krankheit besonders effektiv ist und so die Lebensqualität sowie Lebenserwartung deutlich verbessert werden kann. Sobald eine Herzinsuffizienz sich manifestiert und verschlechtert hat, ist sie viel schwieriger zu behandeln. Dieses Pilotprojekt kann einen wichtigen Beitrag zur Einführung eines durch die Gesundheitspolitik zu beschließenden Vorsorgeprogramms 50+ sein und damit das Vorhaben des Koalitionsvertrages mit Leben füllen.

Wir stehen den Gremien und Entscheider*innen in der Gesundheitspolitik und dem Gesundheitswesen gern mit unserer Expertise als Fachgesellschaft für einen engen Austausch und eine konstruktive Zusammenarbeit jederzeit zur Verfügung.