Grafenberger Allee 100
40237 Düsseldorf
Tel.: + 49 211 600692-0
Fax: + 49 211 600692-10
info@dgk.org

Die Behandlungsmöglichkeiten bei Herzinsuffizienz werden differenzierter und individueller

Abdruck frei nur mit Quellenhinweis
Pressetext als PDF - gegebenenfalls mit Bildmaterial

Statement Prof. Dr. Norbert Frey, Vorsitzender der Akademie für Aus-, Weiter- und Fortbildung der DGK

Im August wurde die neue ESC-Leitlinie zum Management der Herzinsuffizienz publiziert (1), die zahlreiche Neuerungen, vor allem bei den medikamentösen Behandlungsoptionen, formuliert.

Vereinfachter Therapiealgorithmus bei HFrEF

Um eine schnellere medikamentöse Einstellung und damit eine rasche Verbesserung von Symptomen und Prognose bei Herzinsuffizienz zu erreichen ist man von einem langwierigen gestuften Therapiesystem abgerückt. Stattdessen soll nun dazu übergegangen werden, betroffenen Patient*innen möglichst zügig eine Grundmedikation von vier Präparaten zu verschreiben. Neu in diese medikamentöse Basistherapie sind die SGLT2-Inhibitoren aufgenommen worden. In den Studien zu diesen Wirkstoffen haben wir eine Abnahme des Risikos für kardiovaskuläre Todesfälle und Herzinsuffizienz-Hospitalisierungen um ca. 25 Prozent gesehen. Das ist schon ein Durchbruch in der medikamentösen Therapie der Herzinsuffizienz. Die letzte große Innovation in der Herzinsuffizienz-Therapie liegt mehr als fünf Jahre zurück, die vorletzte fünfzehn Jahre. Insofern sind die SGLT-2-Hemmer ein großer Schritt, gerade für Patient*innen mit HFrEF (Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpfunktion).

Mit einem weniger hohen Empfehlungsgrad wird erstmals eine ähnliche Basismedikation auch für Patient*innen mit HFmrEF empfohlen (Herzinsuffizienz mit milde reduzierter Punpfunktion).

Die neuen Leitlinien und Fortschritte im Verständnis der Ursachen der Herzinsuffizienz führen im Moment dazu, dass wir unsere Patient*innen im klinischen Alltag immer individueller behandeln können. Zusätzlich zu der Grundmedikation gibt es weitere medikamentöse und nicht medikamentöse Behandlungsformen, die wir in Betracht ziehen sollten, um die Patient*innen optimal zu behandeln. Hierzu gehören „Device“-Therapien, zum Beispiel spezielle Herzschrittmachersysteme oder minimal-invasive Eingriffe an den Herzklappen.

Erstmals medikamentöse Behandlungsoption bei HFpEF

Für Patient*innen mit erhaltener Pumpfunktion hat sich an der grundsätzlichen Behandlungsempfehlung in der Leitlinie nichts geändert. Bisher gab es für diese Patient*innen außer Diuretika keine empfohlenen Medikamente. Für Diuretika konnte allerdings bislang nicht gezeigt werden, dass sie auch prognostisch sinnvoll sind. Mit der EMPEROR Preserved Studie, die erst nach Veröffentlichung der neuen Leitlinie publiziert worden ist, hat jetzt erstmals eine Studie bei HFpEF-Patient*innen positive Effekte durch ein Medikament, nämlich die SGLT2-Hemmer nachgewiesen (2), insbesondere eine Reduktion der Krankenhauseinweisungen wegen Herzinsuffizienz.

Herausforderung Therapietreue

Durch die hohe Zahl zugleich empfohlener Medikamente und deren Zusammenspiel wird das Thema Compliance immer wichtiger. Für die Patient*in ist dieses sicher eine Herausforderung. Doch die Vorteile der Therapietreue werden in den Studien offenkundig. Neben einer erheblich verbesserten Prognose wird auch die Lebensqualität sehr positiv beeinflusst. Es liegt an uns Ärzt*innen, diese Vorteile nachvollziehbar zu kommunizieren, um die Patient*innen zur Mitarbeit zu animieren. Nur so können die positiven Effekte der neuen Therapiemethode auch in ihren persönlichen Genesungsweg eingehen.

Individuelle Behandlung auch bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz 

Die oben angesprochene Individualisierung der Therapie gilt auch für die fortgeschrittene Herzinsuffizienz, bei der uns mittlerweile viele unterschiedliche Optionen zur Verfügung stehen, von Devices – also Schrittmacher-Systemen („CRT-Schrittmacher“) und Defibrillatoren bis hin zu herzchirurgischen Optionen wie ventrikulären Assist-Systemen. Es geht aber auch um spezielle Pharmaka, die man nicht bei allen Patient*innen gleich anwendet, sondern nur in bestimmten Situationen.

Neue Optionen bei der interventionellen Behandlung von Klappenerkrankungen 

Ein besonders wichtiger Bereich sind aus meiner Sicht neuere Daten zur Herzklappentherapie. Auch wenn die wichtige COAPT-Studie nicht mehr ganz neu ist, sondern schon aus 2018 stammt, hat sie nun erstmals Eingang in die Leitlinien gefunden. Mit dem MitraClip-Verfahren steht uns eine schonende Möglichkeit zur Versorgung von Klappenveränderungen zur Verfügung, die häufig Patient*innen mit schwerer Herzinsuffizienz betrifft.

Mittlerweile ist es auch möglich, Trikuspidalklappenerkrankungen mittels Katheterverfahren zu behandeln. Dies ist noch ein sehr neues Feld und auch wenn noch mehr Studien erforderlich sind, besteht hier möglicherweise künftig eine attraktive weitere Behandlungsmöglichkeit.

Auch diese beiden Punkte zeigen individualisiert die Therapie inzwischen ist. Es gilt, für jeden einzelnen Menschen die richtige Behandlung zu finden, so dass wir uns bei der Therapie der Herzinsuffizienz von „Schema F“ zur Präzisionsmedizin hinbewegen. Mit anderen Worten wird die Therapie immer ausgefeilter und individueller und beinhaltet nicht nur Pharmakotherapie. Das gilt insbesondere für Patient*innen mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz.

Literatur

  • [1]McDonagh TA et al., ESC Scientific Document Group, 2021 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure: Developed by the Task Force for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure of the European Society of Cardiology (ESC) With the special contribution of the Heart Failure Association (HFA) of the ESC, Eur Heart J 2021;, ehab368, DOI: https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehab368
  • Anker S. et al.: Evaluation of the effects of sodium-glucose co-transporter 2 inhibition with empagliflozin on morbidity and mortality in patients with chronic heart failure and a preserved ejection fraction: rationale for and design of the EMPEROR-Preserved Trial. Eur J Heart Fail 2019; 21(10):1279-1287.
  • COAPT-Studie: Stone GW et al. Transcatheter Mitral-Valve repair in Patients with Heart Failure. New Engl J Med 2018. 23. September 2018. doi: https://doi.org/10.1056/NEJMoa1806640