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Unterschiedliche regionale Verteilung von sympathischer Innervation, myokardialem Narbengewebe und Ablationsläsionen bei Ablationen ventrikulärer Arrhythmien

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Dr. Christiane Jungen, Prof. Dr. Christian Meyer, Hamburg

Eine regionale sympathische Denervation des Herzens, welche sowohl bei Patienten mit ischämischer als auch mit nicht-ischämischer Kardiomyopathie beobachtet werden kann, ist ein Prädiktor für ventrikuläre Tachykardien (VT) und den plötzlichen Herztod. In der Behandlung von VT hat in den vergangenen Jahren die Katheterablation unter anderem auf Grund von neuen Mapping- und Ablationsstrategien kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Jüngere Untersuchungen legen nahe, dass über die gut charakterisierten myokardialen Narben hinaus ein dynamisches, funktionelles Substrat für die Entstehung von VT von Bedeutung ist. Ob und inwiefern hierbei die sympathische Innervation eine Rolle spielt ist noch nicht bekannt. Ziel dieser Untersuchung war es, den Zusammenhang zwischen myokardialen Narben und der sympathischen Innervation bei Patienten mit VT zu untersuchen.

Eine Methode, um die sympathische Innervation des Herzens sichtbar zu machen, ist die Durchführung einer Szintigraphie unter Verwendung von 123I- Metaiodbenzylguanidin (MIBG). MIBG ist dem Noradrenalin strukturell ähnlich, wird aber nicht metabolisiert, so dass es sich selektiv in den Nervenendigungen postganglionärer sympathischer Neuronen anreichert. Zur Visualisierung wird es mit dem Radioisotop Jod-123 angereichert. Sowohl die globale (Ratio zwischen Herz und Mediastinum, HMR), als auch regionale sympathische Innervation des Herzens kann durch methodische Weiterentwicklungen der vergangenen Jahre beurteilt werden. Für die regionale Analyse werden Polar Plots verwendet, welche die dreidimensionale (3D) Anatomie zweidimensional in 17 Segmenten darstellt und eine semiquantitative Analyse ermöglicht. Als Referenz wurde uns durch Prof. Nakajima die MIBG Normaldatenbank der Japanischen Gesellschaft für Nuklearmedizin zu Verfügung gestellt, durch welche bei der Quantifizierung der Denervation entsprechende Abweichungen im Rahmen der Normalverteilung berücksichtigt werden können.

Bei Patienten, die eine VT Ablation erhalten, wird eine 3D-elektroanatomische Landkarte des Ventrikels erstellt (Abbildung 1), welche die lokale Spannung des Myokards detektiert, wobei Areale mit niedriger Spannung Narbengewebe darstellen. Bei dem aktuell entwickelten Ansatz kann diese 3D-elektroanatomische Landkarte mittels einer individuell entwickelten Software, analog zur MIBG Untersuchung, mittels Polar Plots dargestellt werden (Abbildung 2).

In dem hier vorgestellten Pilotprojekt analysierten wir zwölf Patienten mit struktureller Herzerkrankung, welche vor geplanter VT Ablation eine 123I-MIBG Herzszintigraphie erhielten. Bei drei Patienten zeigte sich keine Traceranreicherung im Sinne einer vollständigen linksventrikulären Denervation. In den verbleibenden neun Patienten war die globale sympathische Innervation reduziert (HMR 1.19±0.09, normal ≥1.5), bei allen dieser Patienten zeigte sich eine regionale Denervation. Darüber hinaus bestand bei sieben von neun Patienten eine regionale Diskrepanz zwischen sympathischer Innervation und myokardialem Substrat. Insgesamt war die sympathische Innervation in 78 von 153 analysierten Regionen reduziert, myokardiales Narbengewebe war in 55 von 153 Regionen vorhanden.

Die Ablation erfolgte dabei in Bereichen fehlender (11%), verminderter (49%) oder normaler (40%) sympathischer Innervation. Ablationsläsionen wurden in Bereichen von myokardialem Narbengewebe (5%), einem Übergangsbereich zwischen gesundem Myokard und myokardialem Narbengewebe (34%) oder gesundem Myokard (61%) gesetzt.

Die Ablation war zu 44% in Bereichen, in welchen keine Übereinstimmung (Abbildung 2A) zwischen sympathischer Innervation und myokardialem Narbengewebe bestand, wobei 70% dieser Ablationen in Bereichen von reduzierter oder fehlender sympathischer Innervation bei gleichzeitig gesundem Myokard durchgeführt wurden. Die verbleibenden Ablationen erfolgten zu 30% / 26% in übereinstimmenden  Bereichen (Abbildung 2B) normaler / fehlender Innervation und gesundem Myokard / myokardialem Narbengewebe.

Zusammenfassend vereinfacht unsere individuell erstellte Software die Charakterisierung von sympathischer Innervation und myokardialem Narbengewebe. So können Bereiche regionaler Diskrepanz zwischen Myokardnarbe und sympathischer Denervation dargestellt werden und neue Einblicke in die Pathophysiologie ventrikulärer Tachykardien geben. Unsere Ergebnisse liefern Hinweise, dass eine regionale linksventrikuläre Denervation bei Patienten mit struktureller Herzerkrankung für die Entstehung von ventrikulären Tachykardien außerhalb von Narbenarealen bedeutsam ist. Dies könnte die Planung und Durchführung der Katheterablationen von ventrikulären Tachykardien weiter verbessern.

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