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Nutzen einer Ballon-Prädilatation bei TAVI fraglich

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Dr. Gerhard Schymik, Karlsruhe

Patienten mit einer schweren Aortenstenose, die sich einer transfemoralen (TF) Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) unterziehen müssen, profitieren nicht unbedingt von einer Ballonvalvuloplastie. Das zeigen Studiendaten aus einem multizentrischen Register.

Häufig wird bei einer TAVI eine Vordilatation der nativen Klappe mit einem expandierbaren Ballon durchgeführt (Ballonvalvuloplastie, BAV), um die exakte Positionierung der prothetischen Klappe zu vereinfachen und Informationen über die Anatomie des Klappenkomplexes zu erhalten. Theoretisch kann eine BAV schwerwiegende Komplikationen wie Herz-Kreislauf-Ereignisse, Herzrhythmusstörungen oder Hirnembolien verursachen [1]. Deshalb besteht die Tendenz dazu, diesen Schritt wegzulassen [1-5], obwohl es bisher kaum Daten zum Effekt einer Ballonvalvuloplastie in der realen Versorgung gibt. Das EASE-IT-TF Register schließt diese Lücke für die Implantation der Edwards SAPIEN 3-Klappe [6].

Ziele der Registerstudie: In EASE-IT TF wurde bei 196 konsekutiven Patienten eine TF-TAVI durchgeführt. 56 davon erhielten eine Ballonvalvuloplastie (28,6%) und 140 Patienten keine. Ziel der Studie war es, die Inzidenz unerwünschter Ereignisse in diesen beiden Gruppen zu erfassen, um so Zusammenhänge zwischen patientenbezogenen Variablen und Outcome zu identifizieren.

Zeitaufwand reduziert: Die Ergebnisse unterstützen den Trend zum Weglassen der BAV. Die mediane Dauer der Aortenklappenimplantation verkürzte sich um über eine halbe Stunde (56 vs. 90 min; p = 0,001). Die Dauer der Röntgen-Durchleuchtung war signifikant kürzer. Sie lag ohne BAV bei 10 vs. mit BAV bei 13 min (p = 0,001).

Dies deckt sich mit der in dem Register ebenfalls abgefragten Intention der Ärzte, die TAVI ohne Ballonvalvuloplastie durchzuführen. Der am häufigsten angegebene Grund hierfür war der Wunsch, die Behandlungsdauer zu verkürzen (109/146 Patienten; 74,7%), gefolgt von einer Entscheidungsfindung, in der ein stratifiziertes Risiko für zerebralen Mikroembolien im Vordergrund stand (93/145 Patienten; 64,1%).

In nur 1% der Patienten wurden intraprozedural zur Kreislaufstabilisierung Katecholamine benötigt. Die Menge unterschied sich in den Gruppen nur minimal (120 vs. 131 ml; p = 0,240) mit einem nicht signifikanten Trend zu Gunsten der Nicht-BAV-Gruppe.

Behandlungserfolge vergleichbar: Trotz Weglassen der BAV wurde in über 95% der Fälle ein Behandlungserfolg mit sehr guten klinischen Ergebnissen erzielt. Der Anteil der Patienten mit NYHA-Klasse III / IV war niedrig (8,1% gegenüber 5,4%; adjustierte OR: 3,02; 95% -KI: 0,52-28,35) und reduzierte sich durch die Intervention um 65,4% bzw. 63,7% im Vergleich zu den Ausgangswerten. Die Effektgröße war zwischen den Gruppen sowohl nach 30 Tagen als auch nach 6 Monaten vergleichbar.

Eine Nachdilatation der Prothese nach Implantation war weniger häufig notwendig, wenn der zeitaufwendige BAV-Schritt vor Implantation wegegelassen wurde (15,7% vs. 30,4%, p = 0,029). Nachdilatationen der Prothese werden in der Regel durchgeführt, wenn nach Prothesen-Implantation eine höhergradige Insuffizienz festgestellt wird.

Keine Sicherheitsunterschiede: Die Komplikations- und Sicherheitsanalyse nach den Valve Academic Research Consortium (VARC)-2 Kriterien zeigte auch keine Nachteile durch das Weglassen der BAV. Der kombinierte primäre Endpunkt aus Gesamtmortalität, Schlaganfall, nicht-letaler Myokardinfarkt, akutes Nierenversagen oder Schrittmacher-Pflichtigkeit innerhalb von 30 Tagen (ohne BAV 9,3% vs. mit BAV 8,9%; (adjustierte OR: 2,55; 95% CI: 0,56–18,84) und nach 6 Monaten trat in beiden Gruppe gleich häufig auf (ohne BAV 15,2% vs. mit BAV 16,4%; adjustierte OR: 1,66; 95% CI: 0,49–6,55). Auch bei Rehospitalisierungen und Schrittmacherpflichtigkeit zeigten sich keine Unterschiede. Die Zahl der Patienten, die 6 Monate nach der Intervention noch lebten, unterschied sich ebenfalls nicht im Vergleich zur vordilatierten Gruppe (95% für Patienten ohne BAV und 91% für BAV-Patienten; p = 0,74) (Abbildung 1).

Im Trend traten größere vaskulären Komplikationen nach 30 Tagen weniger häufig auf, wenn die BAV-Prädilatation nicht durchgeführt wurde.

Allerdings waren die insgesamt beobachteten Ereignisraten niedriger als die von früheren TF-TAVI-Studien, wahrscheinlich dank der Verfeinerung der TAVI-Technik und eines verbesserten Aortenklappen-Designs [7, 8].

Die Daten der Register-Studie legen nahe, dass es keinen klinischen Nutzen für die Durchführung einer BAV bei TF-TAVI gibt und TF-TAVI ohne BAV deshalb ein effektives und sicheres Behandlungsverfahren für Patienten mit symptomatischer, hochgradiger Aortenklappenstenose ist.

Intervention an erfahrenen Zentren: Ausgewählt waren ältere Hochrisiko-Patienten, die sich einer TF-TAVI mit der Edwards SAPIEN 3-Klappe unterziehen mussten (Durchschnittsalter 81,2 ± 6,2 Jahre, mittlerer logistische EuroSCORE I 17,1 ± 13,6). 10 deutsche erfahrene Studienzentren führten EASE-IT TF multizentrisch und prospektiv durch. Verschiedene Wirksamkeits- und Sicherheitsendpunkte wurden vor Implantation einer Edwards SAPIEN 3-Klappe, zum Zeitpunkt der Implantation, nach 30 Tagen und nach 6 Monaten erfasst. Nach Meinung der Autoren erklären die Erfahrenheit der Interventionalisten mit der Verfahrenstechnik sowie die exakte Risikostratifzierung und Patientenauswahl zumindest teilweise die positiven Real-World-Daten. 

Literatur

  1. Ben-Dor, I., et al., Complications and outcome of balloon aortic valvuloplasty in high-risk or inoperable patients. JACC Cardiovasc Interv, 2010. 3(11): p. 1150-6.
  2. Aggarwal, S.K., et al., Balloon-Expandable Transcatheter Aortic Valves Can Be Successfully and Safely Implanted Transfemorally Without Balloon Valvuloplasty. J Interv Cardiol, 2016. 29(3): p. 319-24.
  3. Mendiz, O.A., et al., Transcatheter aortic valve implantation without balloon predilation: A single-center pilot experience. Catheter Cardiovasc Interv, 2013. 82(2): p. 292-7.
  4. Strauch, J., et al., Balloon-expandable transapical transcatheter aortic valve implantation with or without predilation of the aortic valve: results of a multicentre registry. Eur J Cardiothorac Surg, 2017.
  5. Wendler, O., et al., Direct transapical aortic valve implantation: a modified transcatheter approach avoiding balloon predilatation. Eur J Cardiothorac Surg, 2012. 42(4): p. 734-6.
  6. Schymik, G., et al., Balloon-expandable transfemoral transcatheter aortic valve implantation with or without pre-dilation – findings from the EASE-IT TF multicentre registry. JACC CI, 2018: p. (submitted).
  7. Arai, T., et al., Comparison of Edwards SAPIEN 3 versus SAPIEN XT in transfemoral transcatheter aortic valve implantation: Difference of valve selection in the real world. J Cardiol, 2017. 69(3): p. 565-569.
  8. Conradi, L., et al., Transfemoral TAVI without pre-dilatation using balloon-expandable devices: a case-matched analysis. Clin Res Cardiol, 2015. 104(9): p. 735-42.

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