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Entwicklung von Mortalität und MACCE-Raten zwischen 2006 und 2016 bei Patienten mit ST-Streckenhebungsinfarkt und niedrigem Gesamtrisiko – Ergebnisse aus einem STEMI-Register

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Dr. Johannes Schmucker, Bremen 

Die Übertragung von Ergebnissen aus großen randomisierten multizentrischen Studien in den klinischen Alltag wird oft dadurch erschwert, dass Studienkohorten stark vorselektioniert sind und häufig einem Kollektiv mit einem niedrigen Gesamtrisiko entsprechen. Trotzdem finden Ergebnisse aus randomisierten Studien regelhaft Eingang in aktuelle Leitlinien. Als Beispiele seien die Bevorzugung von medikamentenfreisetzenden Stents oder die mittlerweile regelhafte Verordnung der modernen Plättchenaggregationshemmer Prasugrel und Ticagrelor bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt genannt.

Die Effektivität einer leitliniengerechten Therapie kann im klinischen Alltag mittels klinischer Registerdaten überprüft werden, wobei die Heterogenität von Patientencharakteristika in Registern die Übertragbarkeit erschwert. Eine bessere Vergleichbarkeit kann aber z. B. dadurch erreicht werden, indem gezielt Patienten mit niedrigem Gesamtrisiko aus einem klinischen Register extrahiert werden. Dies wurde in der vorliegenden Studie unternommen. Aus dem Bremer STEMI-Register, in dem seit 2006 alle Patienten mit ST-Hebungsinfarkt (STEMI) aus der Metropol-Region Bremen dokumentiert werden, wurden Patienten mit einem niedrigen Gesamtrisiko separat analysiert. Die Risiko-Stratifizierung erfolgte dabei nach dem TIMI-Risiko-Score für STEMI. Ein Gesamt-Score zwischen 0 und 3 wurde einem niedrigen Gesamtrisiko, ein Score von 4-5 einem intermediären und ≥6 einem hohen Gesamtrisiko zugeordnet.

Insgesamt gingen zwischen 2006 und 2016 Daten von 6576 Patienten mit STEMI in die Untersuchung ein. Bei 3202 (49%) zeigte sich ein niedriges, bei 2087 (32%) ein intermediäres und bei 1287 (19%) ein hohes Gesamtrisiko. Bei Patienten mit niedrigem Gesamtrisiko betrug die 1-Jahres-Mortalitätsrate 3%, bei Patienten mit intermediärem Risiko war diese bereits bei 13% und für Hochrisikopatienten bei 34%. Zwar zeigte sich in der Niedrigrisiko-Kohorte zwischen 2006 und 2016 kein relevanter Rückgang der 1-Jahres-Mortalität (2006-07: 3,0%: 2015-2016: 3,0%) jedoch war eine relevante Abnahme der kumulativen Rate von schweren unerwünschten kardialen Ereignissen (Tod, Schlaganfall oder Reinfarkt) zu beobachten: 2006-07: 9,1% auf 2015-16: 5,3%. Dieser Trend war dabei deutlicher bei Frauen (2006-07 11,8% auf 2015-16 2,6%) als bei Männern nachweisbar (2006-2007 8,6% auf 2015-2016 5,9%, Abbildung 1). Parallel zum Rückgang der Ereignisraten zeigte sich eine stete Zunahme in der Verwendung von medikamentenfreisetzenden Stents und des Einsatzes von Prasugrel/ Ticagrelor bei STEMI-Patienten mit niedrigem Gesamtrisiko (Abbildung 2).

Die Ergebnisse aus dem Bremer STEMI-Register zeigen, dass in einer selektierten Registerkohorte mit niedrigem Gesamtrisiko zwischen 2006 und 2016 ein signifikanter Rückgang der kumulativen unerwünschten Ereignisrate (Tod, Schlaganfall, Reinfarkt) beobachtet werden konnte. Parallel zur Prognoseverbesserung wurden im Laufe des Beobachtungszeitraumes deutlich häufiger medikamentenfreisetzende Koronar-Stents und moderne Thrombozytenaggregationshemmer eingesetzt. Auch wenn ein kausaler Zusammenhang im Rahmen einer Registerstudie nicht belegt werden kann, lassen die Ergebnisse eine Assoziation zwischen medizinischen Neuerungen und Prognoseverbesserung zumindest möglich erscheinen. 

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