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Die Prävalenz von kardiovaskulären Erkrankungen und Risikofaktoren sowie Vergleich serieller Echokardiographien bei Patienten mit Multiplem Myelom, die sich mindestens einer autologen Stammzell-Transplantation unterzogen haben

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Deborah Backs, Würzburg 

Hintergrund: Das Multiple Myelom ist das dritthäufigste hämato-onkologische Malignom und repräsentiert ca. 1 % aller Krebsdiagnosen. Ähnlich wie bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen treten die ersten Symptome des Multiplen Myeloms am häufigsten im sechsten und siebten Lebensjahrzehnt auf, sodass bei diesen Patienten von einer hohen Prävalenz der kardiovaskulären Erkrankungen ausgegangen werden kann. Die klinische Relevanz der kardiovaskulären Erkrankungen wird angesichts der zugrundeliegenden bösartigen Erkrankung oft als vergleichsweise untergeordnet angesehen. Ziel dieser Studie war es, die Prävalenz und den prognostischen Wert von kardiovaskulären Risikofaktoren und Erkrankungen bei Multiplen Myelom Patienten, die sich mindestens einer autologen Stammzelltransplantation unterzogen haben, zu bewerten.

Material und Methoden: Es wurden die Daten von insgesamt 325 symptomatischen Multiplen Myelom-Patienten, die im Zeitraum März 2007 bis Dezember 2011 an der Universität Würzburg mindestens einmal eine autologe Stammzelltransplantation erhalten haben, retrospektiv analysiert. Anhand der medizinischen Gesundheitsakte erfolgte die Beurteilung der kardiovaskulären Risikofaktoren und Erkrankungen, anderer Komorbiditäten sowie weiterer klinischer Untersuchungen und Laborvariablen. Anschließend wurde die prognostische Wertigkeit mittels multivariater Cox-Regressionsanalyse bestimmt. In einer Subgruppenanalyse von 100 Patienten erfolgte der Vergleich von echokardiographischen Parametern vor und nach Stammzelltransplantation zur Beurteilung der kardialen Leistung.

Ergebnisse: Das durchschnittliche Alter in der Gesamtkohorte betrug 61 Jahre, 39 % waren weiblich. Bei den kardiovaskulären Risikofaktoren war die Prävalenz der arteriellen Hypertonie mit 60 % am höchsten, gefolgt von Übergewicht (39 %) und einer positiven Raucheranamnese (19 %). Die Prävalenz der kardiovaskulären Erkrankung, wie z.B. der Herzinsuffizienz (3 %), der koronaren Herzkrankheit (5 %) oder der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (1 %) waren eher gering. Im medianen Beobachtungszeitraum von 36 Monaten verstarben 18 % der Patienten. Insgesamt verstarben 8 Patienten (14 %) an einer kardiovaskulären Ursache (5,1 % an den Folgen einer chronischen Herzinsuffizienz, 3,4 % mit Verdacht auf das Vorliegen einer kardialen Amyloidose, 1,7 % an malignen Arrhythmien, 1,7 % durch eine Asystolie und 1,7 % an einem Schlaganfall); in allen Fällen bestand zusätzlich ein arterieller Hypertonus. Darüber hinaus war das Vorhandensein einer arteriellen Hypertonie (HR= 1,83, p= 0,048) sowie eine positive Raucheranamnese (HR= 2,13, p= 0,021) unabhängig voneinander mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko in der multivariaten Cox-Regressionsanalyse assoziiert. Andere unabhängige Prädiktoren für eine erhöhte Mortalität waren die Niereninsuffizienz (HR= 2,28, p= 0,004) und die periphere arterielle Verschlusskrankheit (HR= 10,40, p= 0,032). In der Subgruppenanalyse der seriellen Echokardiographien (mediane Nachbeobachtungszeit 13 Monate) zeigte sich eine signifikante Reduktion des linken Vorhofdurchmessers (LADs: -1,5 mm, p= 0,009) und der Septumdicke (-1mm, p=0,001). Die linksventrikuläre Ejektionsfraktion (vor/ nach Therapie ≥ 55 %, p= 0,24) zeigte sich konstant, aber die Prävalenz der Patienten mit einer diastolischen Dysfunktion stieg im Verlauf um 16,5 % (p= 0,002).

Zusammenfassung: Diese Studie hat gezeigt, dass kardiovaskuläre Risikofaktoren, insbesondere die arterielle Hypertonie und das Rauchen, starke Prädiktoren für eine erhöhte Mortalität bei Patienten mit Multiplem Myelom sind, die sich einer autologen Stammzell-Transplantation unterziehen. Die Echokardiographie vor und nach der Behandlung konnte aufzeigen, dass eine autologe Stammzelltransplantation sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Herzfunktion bei Patienten mit Multiplem Myelom haben kann.

 

N Vor Induktion N Nach Induktion p-Wert
LADs [mm] 82 38,0 (34,8; 40,0) 82 36,5 (32,0; 40,0) 0,009
LVDs [mm] 50 28,0 (24,8; 32,0) 50 28,0 (25,0; 33,0) 0,41
LVDd [mm] 86 47,0 (42,5; 52,0) 86 46,0 (42,0; 51,0) 0,62
LVPWd [mm] 72 10,0 (9,0; 11,0) 72 10,0 (9,0; 11,0) 0,49
Septum [mm] 85 10,0 (9,0; 12,0) 85 9,00 (9,0; 11,0) 0,001
Hinterwand [mm] 64 10,0 (9,0; 11,0) 64 10,0 (9,0; 11,0) 0,41
LVEF [%] 100 55 (55; 64) 100 55 (55; 60) 0,24
Diastolische Dysfunktion [%] 85 59 (69,4) 85 73 (85,9) 0,002

Tabelle 1: Vergleich echokardiographische Parameter vor und nach Induktionstherapie

LADs= linksatrialer Durchmesser systolisch, LVDs= linksventrikulärer Durchmesser systolisch, LVDd= linksventrikulärer Durchmesser diastolisch, LVPWd= linksventrikuläre Dicke der Hinterwand diastolisch, LVEF= linksventrikuläre Ejektionsfraktion

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