Deutsches Cardio CT-Register – wie leitlinienkonform wird dieses Verfahren bei Patienten mit vermuteter stabiler Koronarer Herzerkrankung in der Primärdiagnostik eingesetzt und was sind die klinischen Konsequenzen?
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Dr. Sebastian Barth, Bad Neustadt an der Saale
Die Koronare CT Angiographie (CCTA) ist ein etabliertes nicht-invasives Verfahren in der Primärdiagnostik einer Koronaren Herzerkrankung (KHK) bei Patienten mit stabiler Angina pectoris. Die aktuell gültigen ESC-Leitlinien [1] empfehlen, bei Patienten mit intermediärer Vortestwahrscheinlichkeit (PTP 15-85%) einen Stress-Test und/ oder eine CCTA durchzuführen. Die Auswahl des diagnostischen Verfahrens ist dabei von der systolischen linksventrikulären Funktion, der Klassifikation der Angina-Symptomatik, der jeweiligen Vortestwahrscheinlichkeit des Patienten und von der vor Ort zur Verfügung stehenden Expertise für das jeweilige Verfahren abhängig. Um optimale Resultate zu erhalten und eine Überbewertung von Koronarstenosen zu vermeiden, sollte die CCTA dabei Patienten mit einer niedrig-intermediären Vortestwahrscheinlichkeit (PTP 15-50%) vorbehalten bleiben. Ziel dieser Arbeit war es, anhand des Deutschen Cardio CT-Registers der Frage nachzugehen, wie leitlinienkonform dieses Verfahren im Versorgungsalltag bei Patienten mit vermuteter stabiler Koronarer Herzerkrankung in der Primärdiagnostik eingesetzt wird und welche klinischen Konsequenzen sich daraus ergeben.
In dem Register wurden zwischen 2009 und 2014 insgesamt 7061 Patienten in 13 Expertenzentren eingeschlossen. Bei unserer Analyse wurden nur Patienten berücksichtigt, bei denen eine stabile KHK vermutet wurde (n=1681). Alle Patienten, die die CT-Untersuchung aus anderen Indikationen bekommen haben (z.B. zur Pulmonalvenendarstellung, vor TAVI, etc.) oder bei denen eine KHK bereits bekannt war bzw. eine instabile Angina pectoris-Symptomatik vorlag, wurden ausgeschlossen (n=5380). Gemäß den ESC-Leitlinien von 2013 wurden dazu die Patienten in zwei Gruppen eingeteilt: Gruppe 1 mit leitliniengerechtem (n=452, 26.9%) und Gruppe 2 mit nicht-leitliniengerechtem Einsatz der CCTA (n=1.229, 73.1%). Kriterien für Leitlinienkonformität waren (1) ein nicht eindeutig positiver oder negativer Stress-Test oder gar kein durchgeführter Stress-Test bei niedrig-intermediärer Vortestwahrscheinlichkeit. Kriterien für die Nichtübereinstimmung mit den Leitlinien sind (1) ein zuvor durchgeführter Stress-Test mit Ischämienachweis, (2) ein zuvor durchgeführter Test ohne Ischämienachweis und (3) eine Vortestwahrscheinlichkeit <15% bzw. >85%.
Patienten mit einem positivem Stresstest unterschieden sich dabei nicht in der Inzidenz einer stenosierenden KHK im Vergleich zu denen mit einem negativem Stresstest (15,8 vs. 14,1%, p = 0,650). Das Vorhandensein einer stenosierenden KHK wurde in der Gruppe 2 trotz 65% positiver Stress-Tests im Vergleich zur Gruppe 1 mit leitlinienkonformer Indikationsstellung für eine CCTA sogar seltener beobachtet (15,1% vs. 19,8%, p = 0,022).
Fazit
In dieser großen Serie von Patienten, die in erfahrenen Zentren untersucht wurden, erfolgte der Einsatz der CCTA zur Primärdiagnose einer stabilen KHK in 73% der Fälle nicht in Übereinstimmung mit den aktuell gültigen Leitlinien. Der wahrscheinlichste Grund dafür ist die Tatsache, dass Ergebnis des zuvor durchgeführten Stresstests von den Expertenzentren in Frage gestellt wurde, da es ihrer klinischen Beurteilung widersprach. Die funktionellen Stresstest-Ergebnisse beeinflussten dabei nicht die Inzidenz von einer stenosierenden KHK in der CCTA, deren hämodynamische Relevanz in dem Register auch gar nicht ermittelt wurde.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 10.500 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org