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Bioresorbierbare Koronarstents bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom: 2 Jahres-Follow up aus dem Deutsch-Österreichischen ABSORB-Register (GABI-R)

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Dr. Monique Tröbs, Erlangen

Für bioresorbierbare Scaffolds werden im Vergleich zu konventionellen Stents einige potentielle Vorteile angenommen. Dazu gehören die Wiederherstellung der natürlichen Vasomotorik des Gefäßes nach Resorption, eine Zunahme des Gefäßdiameters, Plaquestabilisierung und –regression sowie Reduktion der post-PCI Angina pectoris Symptomatik [1]. Zudem wurde erwartet, dass im Langzeitverlauf das Risiko der plötzlichen Thrombose geringer sei als nach Implantation eines permanent verbleibenden Stents. Für die erste Generation komplett bioresorbierbarer, medikamentenfreisetzender Koronarstents (Absorb®, Abbott Vascular) im klinischen Einsatz hatten erste Studien ein vergleichbares Sicherheitsprofil zum Xience-Stent gezeigt [2]. Kleinere Single-Center-Studien sowie insbesondere die Ergebnisse des multizentrischen GHOST-Registry wiesen jedoch auf eine erhöhte Rate insbesondere früher Thrombosen hin [3]. Zurückgeführt wurde dies vor allem auf Fehler bei der Implantation, so dass infolge mehrere Konsensuspapiere zur Vereinheitlichung der Implantationstechnik veröffentlich wurden [4-5]. Es ist allerdings unklar, ob die Implantationstechnik als maßgebliche Ursache der frühen Scaffoldthrombosen auch einen Einfluss auf späte Ereignisse hat. Eine Metaanalyse von 7 randomisierten Studien zeigte eine im Vergleich zum DES Xience höhere Rate an Device-oriented adverse events sowie Thrombosen nach 2 Jahren [6]. Mittlerweile ist klar, dass nicht alle Läsionen für den Einsatz bioresorbierbarer Stents geeignet sind. Stark verkalkte Läsionen, Bifurkationsstenosen und der Einsatz in kleinen Gefäßen [7] waren in den klinischen Studien wie auch in den Registern mit einer höheren Ereignisrate assoziiert.

Unklar und noch immer in Diskussion ist der Einsatz bioresorbierbaren Scaffolds bei Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom. Eine erhöhte Thrombogenität sowie Koronarspasmen mit Gefahr des Undersizing erhöhen das Risiko unerwünschter Ereignisse wie Scaffoldthrombose oder Restenose [8]. Anderseits ist die Plaquelast bei Patienten mit akuten Koronarsyndromen oft eher gering und gerade die jüngeren Patienten könnten besonders von den Vorteilen eines zeitlich begrenzten Implantates profitieren.

GABI-R ist eine prospektive, multizentrische Beobachtungsstudie an 3326 konsekutiven Patienten, bei denen zwischen 11/2013 und 01/2016 zumindest 1 bioresorbierbarer Koronarstent vom Typ Absorb implantiert wurde.

Wir verglichen aus diesem Register die 2-Jahres-Outcome Daten von Patienten, die einen bioresorbierbaren Koronarstent aufgrund eines akuten Koronarsyndroms erhielten mit denen, die bei stabiler KHK implantiert wurden. Es erfolgte eine systematische Auswertung hinsichtlich MACE (kombinierter Endpunkt aus Tod, Revaskularisation im Zielgefäß und Myokardinfarkt), Target Lesion Failure (kombinierter Endpunkt aus kardialem Tod, Myokardinfarkt im Zielgefäß und erneuter Revaskularisation) sowie Scaffoldthrombosen.

Zum Zeitpunkt der Datenerhebung lagen 2 Jahres follow up Daten für 2465 Patienten vor. Von diesen Patienten hatten 51% ein akutes Koronarsyndrom, einen ST-Hebungsinfarkt 32,7%. Eine stabile KHK lag bei 1203 Patienten vor. Unterschiede  zwischen den Patientengruppen bestanden hauptsächlich hinsichtlich der kardiovaskulären Risikofaktoren, nicht aber hinsichtlich der Komplexität der Stenosen (B2/C Stenose 37,1% vs. 36,9%, Bifurkationsstenose 2,6% vs. 3,7%) oder Anzahl, Größe und Implantationstechnik der bioresorbierbaren Scaffolds (Anzahl implantierter Scaffolds/Patient (1.5 vs. 1.6), mittlerer Scaffold Diameter (3.1±0.5 vs. 3.1±0.7mm), Scaffold Länge (19.5±6.1 vs. 19.8±6.3 mm) oder Nachdilatation mit einem Hochdruckballon (68% vs. 71%)).

Die MACE-Rate 2 Jahre nach Implantation unterschied sich zwischen den Patienten mit akutem Koronarsyndrom und denen mit stabiler KHK (10,5% vs. 11,5% n.s.) nicht. Auch Scaffoldthrombosen traten im Untersuchungszeitraum nicht häufiger auf (ACS 1.8% vs. Stabile KHK 2.2%).

Insgesamt lässt sich also schlussfolgern, dass zwar wie auch in anderen „Real World“ Registern die die MACE-Raten in Registern höher liegt als in kontrollierten Studien, dass aber signifikante Unterschiede zwischen Patienten mit ACS und Patienten mit stabiler KHK nicht festzustellen sind.

  1. Ormiston, J.A., et al., A bioabsorbable everolimus-eluting coronary stent system for patients with single de-novo coronary artery lesions (ABSORB): a prospective open-label trial. Lancet, 2008. 371(9616): p. 899-907.
  2. Serruys, P.W., et al., A bioresorbable everolimus-eluting scaffold versus a metallic everolimus-eluting stent for ischaemic heart disease caused by de-novo native coronary artery lesions (ABSORB II): an interim 1-year analysis of clinical and procedural secondary outcomes from a randomised controlled trial. Lancet, 2015. 385(9962): p. 43-54.
  3. Capodanno, D., et al., Percutaneous coronary intervention with everolimus-eluting bioresorbable vascular scaffolds in routine clinical practice: early and midterm outcomes from the European multicentre GHOST-EU registry. EuroIntervention, 2014.
  4. Tamburino C., et al., Contemporary practice and technical aspects in coronary intervention with bioresorbable scaffolds: a European perspective. Eurointervention, 2015;11;45-52
  5. Nef H.M., et al., Recommendations on implantation of bioresorbable coronary scaff Indications, implantation techniques and follow-up, Der Kardiologe, 2015
  6. Ali ZA., et al., 2-year outcomes with the Absorb bioresorbable scaffold for treatment of coronary artery disease: a systematic review and meta-analysis of seven randomized trials with an individual patient data substudy. Lancet 2017 Jul 18 (E-pub ahead of print)
  7. Kereiakes DJ, et al., J Am Coll Cardiol. 2017  J Am Coll Cardiol. 2017 Dec 12;70(23):2852-2862
  8. Gori, T., et al., Characteristics, Predictors and Mechanisms of Thrombosis in Coronary Bioresorbable Scaffolds J Am Coll Cardiol. 2017;10;2363-71)

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