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1-Jahres-Prognose von Patienten mit Herzinsuffizienz und „mid-range“ Ejektionsfraktion nach TAVI

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Priv.-Doz. Dr. Ulrich Fischer-Rasokat, Bad Nauheim

Die neuesten Guidelines zur Diagnose einer Herzinsuffizienz (heart failure, HF) legen erstmals eine intermediäre Form fest, die neben weiteren Kriterien durch eine systolische Funktionseinschränkung des linken Ventrikels mit einer Ejektionsfraktion (EF) zwischen 40 – 49% definiert wird (’HF with mid-range EF’, HFmrEF). Diese Entscheidung wird unter anderem mit der Hoffnung begründet, durch diese klare Definition weitere Forschungsbemühungen für diejenigen Patienten zu initiieren, die nicht einer bereits sehr gut untersuchten „systolischen“ Herzinsuffizienz (‘HF with reduced EF’, HFrEF, EF < 40%) oder einer ebenso klar definierten “diastolischen” Herzinsuffizienz (‘HF with preserved EF’, HFpEF, EF ≥ 50%) zugeordnet werden können.

Patienten mit symptomatischer Aortenklappenstenose (AS) weisen nahezu identische klinische Symptome und Zeichen wie Patienten mit HF auf und haben – wie wir das aus vorigen Untersuchungen wissen – in der Regel NT-proBNP-Spiegel > 125 pg/ml. Es ist somit denkbar, dass bei Patienten mit AS außer dem Vitium eine Herzinsuffizienz vorliegt. Wir definierten daher bei Patienten mit symptomatischer AS (≥ NYHA II) das zusätzliche Vorliegen einer HF, wenn der linksventrikuläre Schlagvolumenindex (SVI) erniedrigt war (< 35 ml/m2). Diese Patienten wurden einer der drei HF-Formen zugeordnet und wir verglichen das 1-Jahres-Überleben der drei Patientengruppen nach Behandlung der AS mittels TAVI.

Zwischen 2011 und 2017 wurden in unserem Zentrum 2282 Patienten mit hochgradiger, symptomatischer AS mittels TAVI behandelt. Ausreichende Daten zur HF-Klassifikation und zum Überleben waren für folgende Patientenzahlen erhältlich: 557 HFpEF, 103 HFmrEF und 180 HFrEF. Die mittlere EF der Patienten in den Gruppen war (HFpEF vs. HFmrEF vs. HFrEF) 60 ± 6 vs. 43 ± 3 vs. 28 ± 6 % (p< 0.001). Die Gruppen unterschieden sich hinsichtlich mittlerem Alter der Patienten (83 ± 5 vs. 82 ± 6 vs. 80 ± 7 Jahre; p<0.001), Anteil von Frauen (62 vs. 34 vs. 33%; p< 0.001), Bestehen einer koronaren Herzerkrankung (59 vs. 81 vs. 74%; p< 0.001), vorangegangenem Myokardinfarkt (13 vs. 18 vs. 32%; p<0.001) oder schwere Niereninsuffizienz (1.8 vs. 1.9 vs. 6.1%; p=0.012). Diese Unterschiede spiegelten sich in deutlich höheren STS-scores von Patienten mit HFmrEF oder HFrEF im Vergleich zu Patienten mit HFpEF wider (6.2 ± 4.3 vs. 7.3 ± 5.9 vs. 7.9 ± 5.4%; p<0.001). Die transvalvulären Gradienten (42 ± 16 vs. 34 ± 16 vs. 28 ± 6 mmHg; p<0.001) und der SVI (28.6 ± 4.6 vs. 27.4 ± 4.7 vs 24.5 ± 5.4 ml/m2; p< 0.001) waren bei Patienten mit HFpEF am höchsten und bei Patienten mit HFrEF am geringsten. Der Anteil eines transfemoralen (gegenüber transapikalen) Zugangsweges für TAVI war in den Patientengruppen nicht unterschiedlich hoch (65 vs. 57 vs. 70%, p=0.096). Die In-Hospital-Sterblichkeit (4.7 vs. 8.7 vs. 7.8%, p=0.123) als auch die 30-Tage-Sterblichkeit (6.1 vs. 9.7 vs. 10.6%, p=0.095) lagen für Patienten mit HFmrEF und HFrEF tendenziell höher als für Patienten mit HFpEF. Die mediane Nachbeobachtungszeit während des ersten Jahres nach TAVI betrug für die einzelnen Gruppen 361 vs. 357 vs. 337 Tage (p=0.187). Die Kaplan-Meier-Überlebenskurven (Abb.1) waren identisch für Patienten mit HFmrEF and HFrEF und zeigten eine signifikant höher Sterblichkeit als für Patienten mit HFpEF (Ein-Jahres-Sterblichkeit 17.1 vs. 27.2 vs. 27.2%, p=0.004).

In unserem Studienmodell definierten wir bei Patienten mit symptomatischer AS das zusätzliche Vorkommen einer HF bei niedrigem SVI. Es zeigt sich, dass sich in unserem Kollektiv Patienten mit einer HFmrEF von Patienten mit HFpEF oder HFrEF bezüglich ihrer Basischarakteristika inklusive kardialer Begleiterkrankungen unterscheiden. Interessanterweise zeigte sich auch nach Behandlung des Klappenvitiums mittels TAVI bereits in dem ersten Jahr eine deutlich schlechtere Überlebensrate für Patienten mit EF < 50% im Vergleich zu Patienten mit einer EF ≥ 50%, wobei Patienten mit HFmrEF und Patienten mit HFrEF eine identische Sterblichkeit aufwiesen. In unserem Modell sollten Patienten die mit HFmrEF diagnostiziert wurden, als Hochrisiko-Kollektiv, vergleichbar mit Patienten mit HFrEF betrachtet werden.

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