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Prävention: Schon sieben Minuten Bewegung pro Tag senken das Risiko für Herzleiden und Diabetes bei Übergewichtigen deutlich

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Statement Prof. Dr. Martin Halle (München), Mitglied der Projektgruppe Prävention der DGK

Wie Professor Marx gerade ausgeführt hat, ist Dicksein immer ein Risiko.

Allerdings darf das nicht zum Umkehrschluss führen, dass, wenn jemand schon Übergewicht hat, ohnehin alles verloren sei und sportliche Betätigung daher ohnehin keinen Sinn mehr hätte. Das wäre fatal. Denn wie wir aus zahlreichen Studien wissen, kann bereits ein Mindestmaß an körperlicher Aktivität die schlimmsten Folgewirkungen der Adipositas mildern und im günstigsten Fall sogar verhindern.

Dass Übergewicht im wahrsten Sinn des Wortes lebensgefährlich sein kann, hängt mit dem Energiekreislauf und dem Zusammenspiel von Muskulatur, Leber und Fettzellen in unserem Körper zusammen. Das Grundprinzip ist so banal wie bekannt: Führen wir dem Organismus mehr Energie zu als wir verbrauchen, sammeln sich die überschüssigen Kalorien im Fettgewebe und überschüssiger Zucker und Fette in der Leber. Schon damit ist ein gewisses Risiko verbunden: Das Zuviel an Körperfülle belastet die Gelenke ebenso wie das Herz-Kreislaufsystem und die überlastete Leber wird in der Folge mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Diabetes begünstigen.

Übergewicht schädigt die Gefäße 

Zudem wird aber noch ein weiterer Schlüsselfaktor für unsere Gesundheit angegriffen: Die Gefäße sind für die gute oder schlechte Versorgung aller Funktionen und Organe im Körper zentral verantwortlich. Wird das Fettgewebe überstrapaziert, entstehen dort Entzündungsstoffe, die zu Gefäßveränderungen führen und das Risiko für kardiovaskuläre Krankheiten weiter erhöhen. Die Folge reichen von einer reduzierten Belastbarkeit über erektile Dysfunktionen bis hin zu einer Versteifung des Herzmuskels, was im schlimmsten Fall zu einer Herzinsuffizienz führen kann.

Dieses Risiko wächst exponentiell weiter, wenn die Betroffenen nicht spätestens jetzt Gegenmaßnahmen ergreifen. Die wirkungsvollste davon ist – neben dem Abnehmen selbstverständlich – körperliche Bewegung. Die Belastung der Muskeln hilft nicht nur, überschüssige Kalorien leichter zu verbrennen, sondern setzt auch eine Reihe von hormonellen Vorgängen im Muskel in Gang, die der Produktion dieser schädlichen Entzündungsfaktoren im Fettgewebe entgegenwirken.

Bewegung schützt vor den Folgen von Übergewicht 

Mein dringender Appell an alle Betroffenen kann daher nur lauten, zumindest ein Mindestmaß an körperlicher Aktivität zu entwickeln. Ich weiß: Generell gesehen ist diese Botschaft nicht neu. Aber ich habe die Betonung ganz bewusst auf das Wort „Mindestmaß“ gelegt. Ich bin ganz allgemein davon überzeugt, dass die meisten Ratschläge und Regeln für eine gesunde Lebensführung an den Lebensrealitäten unserer Patienten vorbeigehen. Der Effekt ist bekannt: Weil dreimal in der Woche je 30 Minuten zu joggen, für die meisten Menschen nicht praktikabel ist, lassen es die meisten letztlich ganz sein.

Weniger hilft oft mehr 

Für Menschen mit Übergewicht gilt das in besonderem Maße. Daher muss sich ein Präventionsprogramm selbstverständlich an den körperlichen Möglichkeiten und Grenzen dieser besonderen Zielgruppe orientieren. Für jemanden mit einem BMI von 30 oder gar mehr kann ein 30minütiger Spaziergang bereits eine schwere Überforderung darstellen.

Dass Bewegungseinheiten mindestens 30 Minuten dauern müssen, gilt in den meisten Fitnessprogrammen und Präventionsanleitungen als eiserne Regel. Darunter, so heißt es, würde körperliche Bewegung keine gesundheitsfördernden Effekte erzielen. Es ist aber höchste Zeit mit diesem weit verbreiteten Irrtum aufzuräumen. Wir arbeiten derzeit an gleich zwei großen Studien, die unter anderem zeigen werden, dass sich schon mit wesentlich kürzeren Einheiten maßgebliche Verbesserungen der Herz- und Gefäßgesundheit erzielen lassen.

Schon sieben Minuten täglich senken Risiko um 20 Prozent 

Wer täglich sieben bis acht Minuten zügig spazieren geht, reduziert sein Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und Diabetes bereits um 20 Prozent. Wichtig sind dabei zwei Dinge: Zum einen sollte dieses Minimalprogramm wirklich zügig – also mit einer deutlichen Zusatzbelastung für das Herz – durchgeführt werden, weil nur so die Ausschüttung von risikominimierenden Hormonen in den Muskeln aktiviert wird. Zum anderen sollte dieses Programm tatsächlich täglich absolviert werden – schließlich essen wir ja auch täglich.

Wer das schafft, darf schon nach 6 bis 8 Wochen mit einem deutlich verbesserten Muskelstoffwechsel, einer erhöhten Elastizität der Gefäße und einer wieder gesteigerten diastolischen Herzfunktion rechnen. In Summe sind die Effekte mit jenen vergleichbar, die sich mit einer über zwei Jahre kontinuierlich verteilten Gewichtsabnahme von 20 Kilo erzielen lassen.