Herzinsuffizienz – Was kann ich selbst tun?
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Statement Prof. Rainer Hambrecht, Klinik für Kardiologie und Angiologie am Herzzentrum Bremen, Klinikum Links der Weser
Herzinsuffizienz-Patienten können selbst zur Verbesserung ihres Gesundheitszustandes beitragen, indem sie geeignetes körperliches Training machen. Die Bewegungstherapie ist bei Herzinsuffizienz sehr wirksam, um zusätzlich zur medikamentösen Therapie eine sogenannte Nachlastreduktion und damit auch eine Entlastung des Herzens zu erreichen. Bewegung reduziert auch die durch Herzinsuffizienz bedingten Krankenhausaufenthalte.
Vor Beginn des individuellen Trainingsprogrammes ist bei Herzinsuffizienz-Patienten eine ärztliche Untersuchung mit Belastungstest und Echokardiographie erforderlich. Anhand dieser Basisdaten legt dann der Arzt die initiale Trainingssteuerung fest. Die Frage, welche Trainingsmodalität – Ausdauertraining oder hochintensives Intervalltraining – dabei besser geeignet ist, wurde in der SMARTEX-Studie (Circulation 2017) untersucht: Die beiden Trainingsformen zeigten keinen Unterschied in den Ergebnissen. Da aber das Hochdosis-Intervalltrainig schwieriger durchzuführen ist, favorisieren wir das Ausdauertraining, weil es praktikabler ist. Dabei wird vier bis fünf Mal pro Woche trainiert. Zunächst absolvieren die Patienten Einheiten von fünf bis zehn Minuten. Diese initiale Trainingsphase wird dann schrittweise gesteigert und die Intensität auf optimal 60 Prozent der maximalen Sauerstoffaufnahme angepasst.
Durchgeführt wird das ärztlich überwachte Training idealerweise in sogenannten Herzsportgruppen oder in zertifizierten Sportstudios, die speziell ausgebildetes Personal für die Betreuung von Patienten mit eingeschränkter Herzfunktion haben. Das Ausdauertraining kann auch mit Krafttrainingseinheiten kombiniert werden, bei denen mit kleinen Gewichten zwei Mal pro Woche einzelne Extremitäten trainiert werden. Die Patienten sollten sich auch täglich wiegen und ein Gewichtsprotokoll führen, damit sie sehen, ob ihr Körper und das Herz das Training gut verträgt.
Gesunde Ernährung
Die „Mittelmeer“-Küche mit viel Obst und Gemüse ist für Herzpatienten optimal. Studien zeigen auch, dass Menschen, die täglich entweder einen Esslöffel Olivenöl oder Walnüsse zu sich nehmen, seltener von Herzerkrankungen betroffen sind. Die Patienten sollten pro Tag maximal sechs Gramm Salz zu sich nehmen und in Absprache mit dem Arzt ihre Trinkmenge kontrollieren. Alkohol sollte nicht oder nur in sehr geringen Mengen getrunken werden.
Motivation zur langfristigen Umstellung des Lebensstils
In der IPP Studie (Intensives Präventions-Programm nach akutem Myokardinfarkt in Nordwest-Deutschland) haben wir untersucht, wie die Effekte einer kardiologischen Rehabilitation langfristig gehalten oder sogar verbessert werden können. Dabei wurden über 300 Patienten randomisiert aufgeteilt in eine Gruppe mit Standardversorgung und in eine mit intensivem Präventionsprogramm. Das Präventionsprogramm umfasste telemedizinische Komponenten sowie Fortbildungsmodule, in denen die Patienten und ihre Partner geschult wurden, wie sie Risikofaktoren vermeiden und ungesunde Lebensgewohnheiten ablegen können. Zudem wurden die Patienten alle drei Wochen kontaktiert, nach ihrem Befinden befragt und danach, ob sie die Medikamente gut vertragen.
Nach der gemeinsamen dreiwöchigen Reha nach dem Herzinfarkt zeigten die beiden Gruppen noch die gleichen Verbesserungen bezüglich der Einstellung der Risikofaktoren. Nach der randomisierten Gruppeneinteilung stieg allerdings die Verbesserung bei der Präventionsprogramm-Gruppe deutlich an. Bei der Standardgruppe fiel die Verbesserungskurve signifikant ab, obwohl diese Gruppe auch an einem Disease-Management-Programm der niedergelassenen Hausärzte mitgemacht hatte.
Die Studie zeigte, dass ein hocheffektives Präventionsprogramm nicht von Ärzten geleitet werden muss, denn das Programm wurde von speziell geschulten Präventionsassistenten geführt. Diese konnten zwar Ärzte zurate ziehen, waren aber ansonsten autonom und betreuten die Patienten über ein Jahr lang engmaschig.
Das Präventionsprogramm erreichte zudem Patienten unterschiedlichster Bildungsgrade, insbesondere auch Menschen mit geringerem sozioökonomischem Status, von denen man angenommen hatte, sie ließen sich nur schwer schulen. Die Patienten mit Haupt- oder Realschulabschluss in der Studie profitierten besonders von den Präventionsmaßnahmen über das Jahr, da sie im Vergleich zu Abiturienten zu Beginn viele Risikofaktoren hatten, die dann durch das Präventionsprogramm eindrucksvoll reduziert werden konnten. Die Präventionsmaßnahmen erreichen also alle Menschen gut, wenn man sie in ihre Lebenswelten hineinträgt.
Quellen:
Øyvind Ellingsen, Martin Halle, Viviane M. Conraads, Rainer Hambrecht et al
SMARTEX Heart Failure Study Group: High Intensity Interval Training in Heart Failure Patients with Reduced Ejection Fraction. https://doi.org/10.1161/CIRCULATIONAHA.116.022924
Circulation. 2017; CIRCULATIONAHA.116.022924, Originally published January 12, 2017
Harm Wienbergen, Sven Meyer, Tina Backhaus et al. Intensive Long-Term Prevention Program vs. Usual Care After Myocardial Infarction – The IPP Study. Congress of the European Society of Cardiology 2017 – late breaking science, P1315, V3951
Tina Backhaus, Andreas Fach, Sven Meyer et al. Welche Rolle spielt der Schulabschluss bei der Effektivität von Präventionsmaßnahmen nach einem Herzinfarkt? Jahrestagung der DGK 2018, V888