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Anwendung der tragbaren Defibrillatorweste während der Therapieoptimierung von Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter Ejektionsfraktion

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Dr. Susanne Röger, Mannheim

Die Risikostratifizierung für den plötzlichen Herztod (PHT) beruht bei Herzinsuffizienzpatienten hauptsächlich auf der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF), die sich nach Diagnosestellung noch deutlich verbessern kann. In allen Empfehlungen zur primärprophylaktischen ICD-Implantation wird sowohl bei ischämischer (ICM) als auch bei nichtischämischer Kardiomyopathie (NICM) eine Wartezeit von mindestens 3 Monaten gefordert. Während der Wartezeit sind jedoch viele Patienten besonders anfällig für maligne Rhythmusstörungen. Die tragbare Defibrillatorweste (WCD) wurde 2015 als Therapieoption für Patienten mit transientem oder unklarem Risiko eines PHT in die Europäischen Leitlinien zur Prävention des PHT aufgenommen. Über den klinischen Verlauf der Patienten nach Ende der WCD-Therapie ist wenig bekannt. In der vorliegenden Studie wurde der Verlauf klinischer und echokardiographischer Parameter nicht nur während sondern auch nach Ende der WCD-Therapie untersucht- unabhängig davon ob ein ICD implantiert wurde oder nicht.

105 konsekutive Patienten (mittleres Alter 60 Jahre, 82 % männlich), die zwischen 4/2012 und 9/2016 an unserem Zentrum einen WCD bekamen, wurden in die Studie eingeschlossen. Die Patienten wurden regelmäßig in unserer Herzinsuffizienzambulanz nachbeobachtet und auf eine leitliniengerechte Herzinsuffizienzmedikation eingestellt, welche i.v.-Eisensubstitutionen sowie seit 01/2016 die Anwendung von Sacubitril/Valsartan einschloss.

Die häufigsten Indikationen für die WCD-Therapie waren neu diagnostizierte ICM oder NICM mit LVEF ≤ 35 %. Die WCD-Tragedauer aller Patienten betrug im Mittel 68,8 ± 50,4 Tage bei einer täglichen Tragezeit von 21,5 ± 3,5 h. 5 Patienten erhielten jeweils einen adäquaten erfolgreichen WCD-Schock. Bei einem Patienten wurde durch den WCD eine asymptomatische Asystolie von 10 sec detektiert.

Während der WCD-Therapie verbesserte sich bei den 43 Patienten mit neu diagnostizierter ICM die mittlere LVEF von 28,9 ± 6,0 % auf 36,3 ± 10,3 % (p < 0,001). Bei den 41 Patienten mit NICM verbesserte sich die mittlere LVEF von 23,3 ± 6,9 % auf 34,8 ± 11,1 % (p < 0,001). Der Anteil der Patienten mit primärprophylaktischer ICD-Indikation sank dadurch während der WCD-Therapie auf 54,8 % (ICM) bzw. auf 48,8 % (NICM) (Abbildung 1). Letztlich wurde bei 54 von 105 Patienten (51.4 %) ein ICD implantiert (24 transvenöse ICDs und 30 S-ICDs). Bei den Patienten mit ICM bzw. NICM erhielten 48,8 % bzw. 43,9 % einen ICD.

Nach Ende der WCD-Therapie wurden alle Patienten im Mittel für 18,6 ± 12,3 Monate weiter beobachtet. Während der Nachbeobachtungszeit veränderte sich bei den Patienten mit neu diagnostizierter ICM die LVEF nicht signifikant von 36,3 ± 10,3 % auf 39,3 ± 9,8 %. Bei den Patienten mit neu diagnostizierter NICM verbesserte sich die LVEF signifikant weiter von 34,8 ± 11,1 % auf 41,0 ± 10,2 % (p < 0.05). Am Ende der Nachbeobachtungszeit hatten nur noch 42,5 % (ICM) bzw. 25 % (NICM) der lebenden Patienten eine Indikation für einen ICD.

3 ICD-Patienten erhielten während der Nachbeobachtungszeit adäquate ICD-Therapien. Diese 3 hatten alle eine ICM ohne Verbesserung der LVEF während der WCD-Tragezeit. Keiner der Patienten mit S-ICD benötigte einen Wechsel auf ein transvenöses System. Keiner der Patienten ohne ICD hatte im Verlauf klinische Hinweise auf eine Tachyarrhythmie. Während der Studie verstarb kein einziger Patient an einem plötzlichen Herztod. 4 Patienten verstarben an einer Sepsis und 1 Patient an kardialem Pumpversagen.

Zusammenfassend zeigte sich, dass mit der Anwendung des WCD eine sichere Überbrückung der Patienten entweder bis zur Erholung der LVEF oder bis zur ICD-Implantation gelang. Nach Ende der WCD-Therapie konnte bei fast der Hälfte der Patienten die Implantation eines ICDs vermieden werden. Bei einzelnen Patienten könnte eine Verlängerung der WCD-Tragedauer über 3 Monate hinaus weitere unnötige ICD-Implantationen vermeiden. Mit seiner Monitoringfunktion für Bradykardien konnte der WCD zu einer Optimierung der Gerätewahl bei den Patienten beitragen, welche einen permanenten ICD benötigten.

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 10.500 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org