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3-Jahres-Ergebnisse einer single-center Erfahrung mit interventionellem Vorhofohrverschluss im Hinblick auf Blutung und Schlaganfall

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Michael Mehr, München

Die optimale therapeutische Strategie zur Schlaganfallprävention bei Patienten mit Vorhofflimmern und einem stark erhöhten Blutungsrisiko ist weiterhin nicht geklärt. Nach den aktuellen Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie [1] kann ein interventioneller Vorhofohr-(LAA)-Verschluss bei Patienten mit Vorhofflimmern und einer dauerhaften Kontraindikation zur oralen Antikoagulation erwogen werden. Publizierte Daten zum LAA-Verschluss sind jedoch weiterhin sehr limitiert und beschränken sich lediglich auf wenige randomisierte Studien[2] und Register [3] sowie Vergleiche mit Vitamin-K-Antagonisten-Therapie.

Insbesondere vor dem Hintergrund des niedrigeren Blutungsrisikos der neuen direkten Antikoagulantien bleibt die zukünftige Rolle des Vorhofohr-Verschlusses daher noch unklar. Darüber hinaus existieren für die verschiedene LAA-Verschluss-Devices unterschiedlich definierte antithrombotische Strategien, um einerseits eine Thrombose des Devices nach Implantation zu verhindern und andererseits das Blutungsrisiko maximal zu reduzieren. Ziel unserer Untersuchung war es die De-Eskalation der antithrombotischen Therapie und deren Einfluss auf die klinischen Endpunkte Schlaganfall und Blutung in einem real-life-Setting nach LAA-Occluder-Implantation zu evaluieren.

Wir analysierten 68 konsekutive Fälle mit LAA-Verschluss mit dem Watchman®-Device oder Amplatzer-Devices Amulet® bzw. Cardiac Plug® an unserem Klinikum seit 2012. Es erfolgte eine retrospektive Analyse aller Patienten bezogen auf die Akutintervention, die reguläre Verlaufskontrolle mittels transösophagialer Echokardiographie und vordefinierte Endpunkte.

Der primäre Endpunkt war ischämischer Schlaganfall oder systemische Embolie. Sekundäre Endpunkte waren der Implantations-Erfolg, periprozedurale Komplikationen, Blutungen definiert nach BARC ≥ 3a seit Implantation, Device-Embolisation, thrombotische Auflagerungen oder signifikanter Restfluss definiert als Restfluss >5mm neben dem Device. Verglichen wurden diese Ergebnisse mit den publizierten Daten der PROTECT-AF-Studie[4]

Seit 2012 wurden insgesamt 67/68 (98,5%) Devices erfolgreich implantiert (40/41 Watchman®, 27/27 Amplatzer® Devices). Die Patienten waren im Mittel 75±7 Jahre alt (PROTECT-AF 71±9 Jahre). In der Vorgeschichte hatten 87% eine Blutung unter OAK (50% GI-Blutungen, 27% intrakranielle Blutungen) und 41,8% einen Schlaganfall/TIA erlitten. 19,4% der Patienten hatten aufgrund einer Koronarintervention in Verbindung mit Vorhofflimmern prinzipiell die Indikation zur Triple-Therapie. Es handelt sich somit um ein den Leitlinienempfehlungen entsprechendes Hochrisikokollektiv. Der mittlere CHA2DS2-VASc-Score lag bei 4,6 (vgl. CHADS2-Score in PROTECT-AF 2,3) und der mittlere HAS-BLED-Score bei 3,6.

Periprozedural traten weder eine transfusionspflichtige Blutung (0%, vs. PROTECT-AF 3,5%), eine Device Embolisation (0%; vs. PROTECT-AF 0,6%) noch eine therapiebedürftige Perikardtamponade (0%; vs. PROTECT-AF 4,8%) auf.

Im geplanten Follow-Up nach 6, 12 und 26 Wochen zeigten 4 Patienten thrombotische Auflagerungen (8,1%; vs. PROTECT-AF 5,7%) und 3 Patienten einen signifikanten Restfluss > 5mm (6,1%; vs. PROTECT-AF 14%). Hinsichtlich des primären Endpunktes zeigte sich im mittleren Follow-Up von 362±348 Tagen kein ischämischer Schlaganfall oder systemische Embolie (0%; PROTECT-AF 2,3%).

Die antithrombotische und OAK Medikation konnte im Verlauf („vorher“ vs. „nach 6 Monate“) deutlich reduziert werden (siehe Abbildung 1).

Nichts desto trotz traten innerhalb des Follow-Ups, v. a. in der frühen Phase nach Implantation, n=6 relevante Blutungen (BARC ≥ 3a) unter der weiterhin bestehenden antithrombotischen Therapie auf (10%; vs. PROTECT-AF 4,8%; siehe Abbildung 2). Hierbei handelte es sich zumeist um spontane gastrointestinale Blutungen (n=4). Bei n=2 Patienten mit einem stattgehabten Blutungsereignis war zuvor bei thrombotischer Auflagerung auf dem Device eine orale Antikoagulation re-initiiert worden.
Abbildung 2: Relevante Blutungsereignisse (BARC ≥ 3) im Zeitverlauf nach LAA-Occluder Implantation unter Angabe der zum Blutungsereignis bestehenden antithrombotische Therapie und Art des implantierten Occluder-Device (DAPT = dual anti-platelet therapy; OAK = orale Antikogulation; A = Amplatzer® Device; W = Watchman® Device)

Basierend auf unserer Analyse kamen wir zum Schluss, dass die LAA-Occluder-Implantation eine valide Alternative bei Patienten mit hohem Schlaganfall- und Blutungsrisiko darstellt, welche in den meisten Fällen nach 6 Monaten auch eine deutliche Deeskalation der Blutverdünnung zulässt. Diese Therapie ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einem sofortigen Absetzen der antithrombotischen Therapie, welches sich auch an der relativ hohen Zahl an relevanten Blutungen innerhalb der ersten 3 Monate widerspiegelt.

Referenzen

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Holmes, D. R., Reddy, V. Y., Turi, Z. G., Doshi, S. K., Sievert, H., Buchbinder, M., Mullin, C. M., Sick, P. und Investigators, P. A. „Percutaneous closure of the left atrial appendage versus warfarin therapy for prevention of stroke in patients with atrial fibrillation: a randomised non-inferiority trial“ Lancet 374 (2009) 534-542

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