Sechsfach höhere Fallzahlen von Myokarditis im Jahr 2016 durch systematisches MRI Screening von Patienten mit Angina Pectoris Symptomatik, positivem Troponin und blanden Koronarien
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Dimitri Patriki, Zürich
Thoraxschmerzen gehören zu den am häufigsten geäusserten Symptomen im notfallmedizinischen Setting. Während die koronare Herzkrankheit laut den neuesten Daten der World Health Organization die häufigste Todesursache weltweit darstellt, zeigt sich ein nicht vernachlässigbarer Anteil aller Patienten, mit Angina Pectoris Beschwerden und positivem Troponin, blande Koronargefässe. Eine wichtige Differentialdiagnose bei dieser Patientengruppe ist die Myokarditis, welche am häufigsten durch Viren ausgelöst wird, aber viele mögliche Ätiologien hat (z.B. Autoimmunreaktionen, Hypersensibilität auf Medikamente, toxische Substanzen). Die tatsächlichen epidemiologischen Auswirkungen sind bislang jedoch nicht vollends geklärt. In Autopsiestudien, welche Fälle mit plötzlichem Herztod untersucht haben, hat man bis zu 25% Myokarditisfälle diagnostiziert. Dies ist eine beachtliche Zahl, wenn man bedenkt, dass Myokarditis immer noch von vielen als „seltene Erkrankung“ bezeichnet wird. Man fragt sich, ob plötzlicher Herztod in diesen Patienten mit Myokarditis hätte verhindert werden können, wenn unsere Diagnostik für Myokarditis verlässlicher und standardisiert wäre. Während man nicht für jede Form von Myokarditis eine spezifische Therapie hat, kann zum Beispiel Sport in der Akutphase der Myokarditis zu schwerwiegenden Rhythmusstörungen führen. Umso wichtiger ist es Fälle von Myokarditis zu erkennen und die Betroffenen diesbezüglich aufzuklären.
Eine mögliche Methodik zur weiteren Diagnostik bei Patienten mit Angina Pectoris Beschwerden, positivem Troponin, und blanden Koronargefässen ist das Magnet Resonance Imaging (MRI), mit dessen Hilfe eine grosse Bandbreite an Ursachen der Kardiomyopathie abgeklärt werden kann. Wir postulierten eine hohe Anzahl an nicht diagnostizierten Fällen von Myokarditis und untersuchten explizit die Patientengruppe mit positivem Troponin, Angina Pectoris Beschwerden und blanden Koronarien. Im Jahr 2015 erfolgte bei uns eine Abklärung via MRI nur bei hochgradigem Verdacht auf eine bestehende Myokarditis. Die Entscheidung für die MRI Untersuchung basierte folglich auf klinischen Kriterien wie dem Alter des Patienten oder vorherig durchgemachten viralen Infekten. Ab 2016 entschlossen wir uns für ein aggressiveres Screening und führten systematisch ein Herz-MRI bei Patienten mit Angina Pectoris, positivem Troponin und blanden Koronarien zur weiteren Ursachenklärung durch.
In unserer retrospektiven Studie schlossen wir insgesamt 2889 Patienten (77% männlich, 65±15 Jahre) mit thorakalen Schmerzen und positivem Troponin im Jahr 2015 (n=1001) bis 2016 (n=1888) ein, welche sich zur weiteren Abklärung bei uns vorstellten. Insgesamt führten wir 314 MRIs bei Patienten mit blanden Koronarien in den Jahren 2015 und 2016 durch. In 65% der Fälle konnte das MRI zur Diagnosestellung beitragen. Folglich zeigte das MRI in 35% der Fälle einen Normalbefund. Die häufigsten Diagnosen welche durch MRI in dieser Patientengruppe gestellt wurden, waren Myokarditis (8%) und die hypertrophe Kardiomyopathie (4%). Nach Vergleich der beiden Jahre zeigten sich gravierende Unterschiede im Bereich der diagnostizierten Fälle von Myokarditis. So verdoppelte sich die Anzahl der durchgeführten MRIs von 99 in 2015 auf 215 in 2016, mit 6-fachem Anstieg der diagnostizierten Fälle von Myokarditis (4 Fälle im Jahr 2015, 24 Fälle im Jahr 2016, P Wert: 0.04).
Unabhängig von dem Ergebnis bzgl. Myokarditis, konnten wir ausserdem die bedeutende Rolle des MRI in unserer Population aufzeigen und hiermit andere publizierte Studien bestätigen. Als Konsequenz empfehlen wir eine konsequentes Screening auf Myokarditis mittels MRI bei Patienten mit Angina pectoris Beschwerden, positivem Troponin nach Ausschluss einer koronaren Herzkrankheit.30
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 10.000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org