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Erstbeschreibung der prognostischen Relevanz des Eisenmangels im Akuten Koronarsyndrom: Ergebnisse der AtheroGene Studie

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 Dr. Sarina Schäfer

Der Eisenmetabolismus ist essentiell für den Energiehaushalt und die Funktion der Mitochondrien.

Die europäische Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt in ihren aktuellen Leitlinien zur chronischen Herzinsuffizienz die routinemäßige Erhebung des Eisenstatus und bei Vorliegen eines Eisenmangels die intravenöse Therapie mittels Eisencarboxymaltose. Dieser Empfehlung liegt zugrunde, dass der Eisenmangel eine häufige Komorbidität bei Herzinsuffizienz darstellt. Großen klinischen Registern nach betrifft der Eisenmangel bis zu 50% der Herzinsuffizienz-Patienten. Aktuelle klinische Studien belegen, dass eine effektive Korrektur des Eisenmangels bei diesen Patienten zu einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität und der klinischen Symptomatik führt. Inwieweit die intravenöse Eisensubstitution bei betroffenen Patienten die kardiovaskuläre Hospitalisierungsrate und die Mortalität senkt, ist gegenwärtig Gegenstand der von unserer Arbeitsgruppe unter Leitung von Herrn Privatdozent Dr. Mahir Karakas und in Kooperation mit der Charité Berlin (Prof. Dr. Stefan Anker) durchgeführten eigeninitiierten internationalen klinischen Studie FAIR-HF 2.

Das Ziel der vorliegenden Studie war es, die Relevanz des Eisenmangels im akuten Koronarsyndrom zu untersuchen. Hierfür wurden im Rahmen der prospektiven AtheroGene-Studie  895 Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom untersucht, welche unmittelbar einer Koronarangiographie unterzogen wurden. Zu Beginn der Herzkatheteruntersuchung erfolgte eine Blutabnahme, bei welcher auch der Eisenstatus (Ferritin und Transferrinsättigung (TSAT)) mittels eines automatisierten Immunoassays bestimmt. wurde. Im Anschluss hieran wurden die Patienten im Median für 4 Jahre nachverfolgt. Analog zur Herzinsuffizienz wurde der Eisenmangel bei Vorliegen eines Ferritinwertes von < 100 µg/L, oder bei einem Serum-Ferritinwert von 100–300 µg/L und gleichzeitig erniedrigter Transferrinsättigung  (<20%) diagnostiziert. Der primäre Endpunkt beinhaltete den kardiovaskulären Tod sowie das Auftreten von nicht-tödlichen Herzinfarkten.

Es zeigte sich eine hohe Prävalenz von Eisenmangel (29.1 %) in der  Studienpopulation (Abbildung 1). Obwohl die Prävalenz des Eisenmangels bei Patienten mit Anämie deutlich höher war, zeigte sich lediglich eine schwache Korrelation zwischen Hämoglobin und den Eisenparametern.

Während des Follow-Ups erlitten 111 Patienten (13.3 %) einen neuerlichen Myokardinfarkt oder einen kardiovaskulären Tod. Die Kaplan-Meier-Analyse ergab eine deutiche prognostische Relevanz des Eisenmangels (HR 1.50 [95%CI 1.02-2.20]) (Abbildung 2). Dies bestätigte sich in der Cox-Regressionsanalyse. Selbst nach multivariater Adjustierung für die konventionellen Risikofaktoren (Geschlecht, Alter, BMI, Nikotinanamnese, Hypertonus, Diabetes und Dyslipidämie) und die Surrogatmarker NT-proBNP (assoziiert mit der Herzfunktion und Ausmaß der Herzinsuffizienz), Troponin T (assoziiert mit der Größe des nekrotischen Myokards) und Hämoglobin (Anämie) war ein Eisenmangel mit einem deutlich verschlechterten Outcome vergesellschaftet (HR 1.73 [95%CI 1.07 – 2.81; p=0.026]).

Unsere Studie zeigt, dass Eisenmangel ein starker und unabhängiger negativer Prognosefaktor für Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom ist. Innerhalb unserer Studie ging der Eisenmangel mit einem um 70% erhöhten Risiko während der ersten 4 Jahre der Nachverfolgung einher.

Basierend auf den Ergebnissen unserer Studie, haben wir nunmehr die multizentrische, placebokontrollierte, randomisierte Multicenter-Studie CAYAN [Comprehensive mAnagement of iron deficiency in mYocardiAl infarctioN] initiiert [European Clinical Trials Database number: 2015-005744-34]. Innerhalb der Studie werden Patienten mit klinisch signifikantem Myokardinfarkt zur intravenösen Eisensupplementation mittels Eisencarboxymaltose oder Placebo randomisiert. Das Ergebnis der Studie wird für 2018 erwartet (Abbildung 3).

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