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MRT-basierte Strain-Analyse mittels Feature Tracking bei Takotsubo Syndrom

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Dr. Thomas Stiermaier, PD Dr. Ingo Eitel, Lübeck 

Die kardiale Magnetresonanztomographie ermöglicht mit Hilfe innovativer Strain-Analysen (Feature Tracking) eine umfassende, untersucherunabhängige Darstellung der multidirektionalen Funktionsstörungen im Rahmen eines akuten Takotsubo Syndroms mit einem potentiellen diagnostischen und prognostischen Nutzen.

 Das Takotsubo Syndrom (TTS) ist durch eine akut einsetzende, vorübergehende linksventrikuläre Dysfunktion gekennzeichnet und stellt eine wichtige Differentialdiagnose bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom dar. Zahlreiche Studien belegen, dass die Prognose nach TTS trotz vollständiger Reversibilität der Kinetikstörungen eingeschränkt ist. Die beobachteten Mortalitätsraten waren vergleichbar mit jenen nach akutem Myokardinfarkt [1-3]. Das Ausmaß der systolischen Funktionsstörung im Rahmen eines akuten TTS scheint dabei eine entscheidende prognostische Rolle zu spielen. Eine höhergradige Einschränkung der linksventrikulären Ejektionsfraktion wurde mit einem schlechteren Outcome assoziiert [4]. Zudem konnte gezeigt werden, dass die typische Variante des TTS mit einer ausgeprägten apikalen und mittventrikulären Akinesie (sog. „apical ballooning“) ein Prädiktor für erhöhte Mortalität ist [5]. Bedingt durch eine Hyperkontraktilität im Bereich der nicht betroffenen Myokardabschnitte ist die Ejektionsfraktion bei TTS Patienten jedoch oftmals nur gering eingeschränkt und stellt somit möglicherweise ein unzureichendes Maß zur optimalen Prognoseabschätzung dar. Feature Tracking Analysen ermöglichen anhand konventioneller cine-SSFP MRT Sequenzen eine optimierte, multidirektionale Quantifizierung der linksventrikulären Dysfunktion [6]. Ziel unserer Studie war es, dieses Verfahren erstmalig in einem großen, multizentrischen Kollektiv von TTS Patienten (n=141) anzuwenden und die diagnostische und prognostische Wertigkeit zu beurteilen.

Mit Hilfe der Feature Tracking Technik wurden der longitudinale, zirkumferentielle und radiale Strain auf globaler und regionaler Ebene ermittelt. Als Vergleichsgruppen dienten Alters- und Geschlechts-gematchte Patienten mit akutem Vorderwand-Myokardinfarkt (mit und ohne ST-Hebungen) sowie gesunde Kontrollen (jeweils n=20). Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere der zirkumferentielle und der longitudinale Strain eine zuverlässige Unterscheidung zwischen den TTS-Typen ermöglichen und dass Patienten mit typischem apikalem Ballooning im Vergleich zu Patienten mit atypischem Ballooning eine ausgeprägtere Kinetikstörung aufweisen. Auf globaler Ebene wurden bei TTS Patienten ein signifikant schlechterer Strain als bei gesunden Kontrollen und auch Patienten mit Nicht-ST-Hebungsinfarkt festgestellt. Die Werte waren vergleichbar mit jenen bei Patienten mit Vorderwand ST-Hebungsinfarkt. Hinsichtlich der prognostischen Relevanz konnte die Studie zeigen, dass eine stärkere Beeinträchtigung des longitudinalen Strains bei einem optimalen Grenzwert von -14,75% mit einer signifikant höheren Langzeit-Mortalität vergesellschaftet ist (17.9% versus 2.5%; p=0.02). Der zirkumferentielle und der radiale Strain waren nicht mit einer erhöhten Ereignisrate assoziiert.

Fazit: Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass eine multidirektionale, MRT-gestützte Strain-Analyse mittels Feature Tracking eine umfassende Quantifizierung der regionalen und globalen kontraktilen Funktionseinschränkungen bei Patienten mit TTS ermöglicht. Dies eröffnet diagnostische Möglichkeiten beispielsweise als zusätzlichen Marker zur nicht-invasiven Abgrenzung eines TTS von Myokarditiden oder Infarkten mit Spontanlyse. Zudem verdeutlicht unsere Studie das prognostische Potential als zusätzlichen Parameter zur optimierten Risikostratifizierung. Ob Feature Tracking jedoch im klinischen Alltag tatsächlich relevante Vorteile bietet bleibt abzuwarten und muss durch weitere Studien geklärt werden.

Referenzen

  1. Templin C, Ghadri JR, Diekmann J et al. Clinical Features and Outcomes of Takotsubo (Stress) Cardiomyopathy. N Engl J Med 2015;373:929-38.
  2. Stiermaier T, Moeller C, Oehler K et al. Long-term excess mortality in takotsubo cardiomyopathy: predictors, causes and clinical consequences. Eur J Heart Fail 2016;18:650-6.
  3. Redfors B, Vedad R, Angeras O et al. Mortality in takotsubo syndrome is similar to mortality in myocardial infarction – A report from the SWEDEHEART registry. Int J Cardiol 2015;185:282-9.
  4. Ghadri JR, Cammann VL, Napp LC, et al. Differences in the Clinical Profile and Outcomes of Typical and Atypical Takotsubo Syndrome: Data From the International Takotsubo Registry. JAMA Cardiol 2016;1:335-40.
  5. Stiermaier T, Moller C, Graf T, et al. Prognostic Usefulness of the Ballooning Pattern in Patients With Takotsubo Cardiomyopathy. Am J Cardiol 2016;118:1737-42.
  6. Schuster A, Hor KN, Kowallick JT, Beerbaum P, Kutty S. Cardiovascular Magnetic Resonance Myocardial Feature Tracking: Concepts and Clinical Applications. Circ Cardiovasc Imaging 2016;9:e004077.

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