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Die pulmonale Ballonangioplastie bei inoperablen Patienten mit chronisch thromboembolischer pulmonaler Hypertonie – eine 2-jährige Zentrumsbericht aus Deutschland  

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Dr. Christoph Liebetrau, Bad Nauheim 

Die chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH) kann kurativ mittels pulmonaler Endartektomie behandelt werden. Allerdings sind bis zu 1/3 der Patienten inoperabel. Seit mehr als 10 Jahren werden in wenigen Zentren weltweit inoperable CTEPH-Patienten mit einer pulmonalen Ballonangioplastie (balloon pulmonary angioplasty, BPA) behandelt. Hierbei haben vor allem Arbeitsgruppen aus Japan Erfahrungen mit größeren Patientengruppen gesammelt. Mit Hilfe der BPA können weit peripher gelegene Veränderungen der Pulmonalarterien dilatiert werden. Das Ziel der BPA ist eine Verbesserung der Perfusion mit Verminderung der pulmonalvaskulären Widerstandes und Senkung des pulmonalarteriellen Druckes. Jedoch ist wenig über einen anhaltenden Behandlungserfolg nach BPA insbesondere bei europäischen Patienten bekannt, so dass in der vorliegenden Beobachtungsstudie der Behandlungserfolg nach abgeschlossener BPA evaluiert wurde.

Zwischen März 2014 und Oktober 2016 wurden in der Kerckhoff-Klinik, Bad Nauheim, 553 konsekutive CTEPH-Patienten bezüglich möglicher Therapieoptionen (Operation, BPA, konservativ-medikamentös) durch ein interdisziplinäres Behandlungsteam (Thoraxchirurgen, interventionelle Kardiologen und Radiologen) beurteilt. Bei allen Patienten wurden Links- und Rechtsherzkatheter, Pulmonalis-angiographie, 6-Minuten-Gehtest, Echokardiographie, Spiroergometrie und Computertomographie durchgeführt. Von insgesamt 153 (27,7%) inoperabel klassifizierten Patienten wurden 102 Patienten für eine BPA geplant. Die BPA wurde am wachen Patienten in mehreren Sitzungen als sog. „staged procedure“ durchgeführt. Hierbei wird über einen Führungskatheter ein Führungsdraht vorgeschoben. Entsprechend der festgelegten Zielgebiete werden die Segmentarterien mit dem Draht sondiert und die Veränderungen mit einem Ballon dilatiert. In Abhängigkeit der pulmonalen Hämodynamik wurden nur wenige Läsionen auf einmal behandelt, um das Risiko eines Reperfusionsödems so gering wie möglich zu halten. Alle BPA-Prozeduren (n=365) wurden über einen Femoralzugang durchgeführt. NT-proBNP wurde bei allen Patienten vor jeder BPA und bei der 6 monatigen Nachbeobachtungsvisite gemessen. Alle Patienten (mittleres Alter 64,7 ± 13,5 Jahre) waren in einer WHO-Funktionsklasse III oder IV mit erhöhten rechtsventrikulären systolischen Druckwerten (68,2 ± 14,7 mmHg) vor der BPA. Bei ca. der Hälfte (46,2%) der Patienten wurde die pulmonale Hypertonie zuvor medikamentös behandelt. Nach Beendigung der BPA-Behandlung (71 Patienten, mittlere Prozeduranzahl 5,1 ± 1,5) war der mediane pulmonalarterielle Druck signifikant gesunken (37,0 [IQR 25,5-44,0] mmHg vs. 30,0 [IQR 19,5-35,5] P<0.0001). Korrespondierende zeigte sich ein NT-proBNP Abfall (1120.0 ng/L [IQR 215.2-1969.0] vs. 352. [IQR 115.4-1074.0]; P<0.0001). Bei 80% der Patienten zeigte sich eine Verbesserung der WHO-Funktionsklasse (P<0,05) und eine verlängerte 6 Minuten Gehstrecke (P<0,05).  Während der BPA Prozeduren (n=365) kam es in 32 (11,4%) Prozeduren zu Dissektionen und/oder Perforationen von Segmentarterien, welche konservativ behandelt wurden. Zehn (3,6%) Patienten entwickelten ein Reperfusionsödem mit Notwendigkeit zur nicht-invasiven Beatmung und bei 17 Prozeduren entwickelten die Patienten Hämoptysen. Ein Patient verstarb 2 Wochen nach Krankenhausentlassung an einem Hämatothorax.

Patienten (n=52) mit komplettiertem 6 monatigen Follow-up nach abgeschlossener BPA-Behandlung zeigten einen anhaltenden reduzierten pulmonalarteriellen Mitteldruck im Vergleich zur Ausgangssituation (36.5 [25.0-44.5] mmHg vs. 30.5 [25.0-39.8] mmHg; P=0.001). Nach 6 monatiger Nachbeobachtung fielen die NT-proBNP Konzentrationen weiter (450 ng/L [IQR 182-1327] vs. 175 ng/L [IQR 104-539]; P=0.003), welches ein weiteres rechtsventrikuläres Reverseremodelling anzeigt.

Zusammenfassend ist die BPA eine wertige Behandlungsoption mit niedrigem peri-prozduralem Risiko für inoperable CTEPH-Patienten. Behandelte Patienten zeigen einen anhaltenden Behandlungserfolg während der mittelfristigen Nachbeobachtung von 6 Monaten (Überlebensrate 98%). Die Messung von natriuretischen Peptiden kann hilfreich in der Abschätzung des Behandlungserfolges sein.

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