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Risikostratifizierung bei stabiler koronarer Herzerkrankung mittels kardialer Magnetresonanztomographie – eine multizentrische Follow-up-Studie

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Dr. Dominik Buckert, Ulm

In den letzten Jahren hat sich die kardiale Magnetresonanztomographie (cMRT) in der Diagnostik und Risikostratifizierung der koronaren Herzerkrankung (KHK) einen festen Stellenwert erarbeitet. Vor allem der Nachweis myokardialer Narbe und Fibrose mittels late gadolinium enhancement (LGE) ist signifikant mit dem Auftreten klinischer Endpunkte und eingeschränkter Prognose assoziiert. Kürzlich erschienene Metaanalysen versuchen, die exakte Rolle dieses Parameters bezüglich Risikostratifizierung und Prognosevorhersage zu klären, allerdings besteht eine gewisse Inhomogenität zwischen den Studien, die die Grundlage für diese Analysen bilden. Aufgrund der unterschiedlichen Patientenkollektive und variierender Definitionen von Endpunkten ist die Vergleichbarkeit erschwert. Über die Detektion von LGE hinaus wird die cMRT als Goldstandard zur Bestimmung linksventrikulärer Funktionsparameter wie zum Beispiel der Ejektionsfraktion (LVEF) angesehen. Die LVEF wiederum ist einer der bedeutendsten kardialen Marker in Bezug auf Prognose und Outcome überhaupt. CMRT-Studien, die alters- und geschlechtsspezifische Normwerte untersuchen, geben einen unteren Grenzwert für eine normale LVEF von 49% bis 55% an, was einen relativ großen Graubereich bedeutet. Auch hier ist zu erwähnen, dass diese Grenzwerte zumeist aus Untersuchungen an Patientenkollektiven mit weniger als 100 Personen stammen und bislang nicht ausreichend in KHK-Kohorten validiert worden sind. 

Ziel der vorliegenden Studie war es, spezifische Grenzwerte für die LVEF in der Population von Patienten mit stabiler KHK zu definieren und darüber hinaus den potentiellen Mehrwert der Bestimmung von LVEF und LGE zu untersuchen, der durch die Kombination dieser Parameter mit etablierten kardiovaskulären Risikofaktoren entsteht. Zu diesem Zwecke wurden Patientendaten von drei universitären cMRT-Zentren zusammengetragen und analysiert.

Im Rahmen dieser Arbeit konnte eine Studienkohorte mit 2422 Patienten aufgebaut werden, die an einer stabilen koronaren Herzerkrankung litten. Das mediane Alter betrug 66 Jahre, 25,9% der Patienten waren Frauen. Innerhalb des Nachbeobachtungszeitraumes von im Median 2,86 Jahren traten 187 primäre Endpunkte auf, definiert als kardialer Tod jedweder Genese und nicht-tödlicher Myokardinfarkt. In der statistischen Auswertung konnte zunächst der prognostische Wert von LVEF und LGE bestätigt werden. Tatsächlich zeigten diese Parameter von allen untersuchten Variablen die stärkste Assoziation zum Outcome. Darüber hinaus wurde ein Multimodellansatz gewählt, um Grenzwerte zu erarbeiten und deren Nutzen bezüglich Risikostratifizierung in Zusammenschau mit allen erhobenen Parametern zu evaluieren. Es zeigte sich, dass ein krankheitsspezifischer unterer Grenzwert für eine normale LVEF bei ≥50% die beste Trennschärfe in Bezug auf die beobachteten jährlichen Ereignisraten der Patienten lieferte. Patienten mit einer LVEF oberhalb des Grenzwertes wiesen mit einer jährlichen Ereignisrate von 1,89% ein zur Allgemeinbevölkerung vergleichbares Risiko für die Entwicklung eines primären Endpunktes auf. Unterhalb des Grenzwertes konnte ein sukzessiver Anstieg des Risikos beobachtet werden. Jenseits einer LVEF von 35% konnte eine Hochrisikogruppe mit einer jährlichen Ereignisrate von 7,06% identifiziert werden, wobei sich mit noch niedrigerer LVEF kein zusätzlich erhöhtes Risiko mehr nachweisen ließ. Das auf diesen Grenzwerten basierende statistische Modell zeigte die besten Ergebnisse bezüglich Risikostratifizierung, insbesondere ließ sich eine Verbesserung gegenüber etablierten klassischen Vorhersagemodellen beweisen. Interessant ist, dass zur korrekten Risikozuordnung lediglich drei LVEF-Kategorien vonnöten sind (normale LVEF, moderat eingeschränkte LVEF, hochgradig eingeschränkte LVEF) und somit die aktuell gebräuchliche Einteilung in normale, leichtgradig reduzierte, mittelgradig reduzierte und hochgradig reduzierte LVEF vereinfacht werden könnte. Abbildung 1 zeigt das ereignisfreie Überleben in Abhängigkeit der LVEF-Kategorie und stellt verschiedene untersuchte Modelle gegenüber.

Durch den Nachweis von LGE konnte eine zusätzliche und unabhängige Verbesserung des Vorhersagewertes eines jeden Modells erreicht werden. Allerdings war mit der Quantifizierung des Ausmaßes von Narbe und Fibrose kein zusätzlicher Nutzen verbunden, sofern LVEF Teil des Vorhersagemodells war. Mutmaßlich ist diese Beobachtung durch die starke Kollinearität der beiden Parameter erklärt.

Insgesamt  konnte der prognostische Wert der cMRT bei Patienten mit stabiler koronarer Herzerkrankung erneut bestätigt und gestärkt werden. Die Verwendung Modalitäts- und krankheitsspezifischer Grenzwerte für den wichtigsten linksventrikulären Funktionsparameter, die LVEF, erlaubt in exzellenter Weise die Risikostratifizierung dieser Patienten. Die Detektion von LGE weist diesbezüglich einen zusätzlichen Nutzen auf, auch wenn dies für die Quantifizierung dieses wichtigen Parameters nicht nachgewiesen werden konnte. Die erarbeiteten Grenzwerte sind möglicherweise in der Lage, die Risikostratifizierung zu vereinfachen und zukünftig das Patientenmanagement zu verbessern.

 

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