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Ein neuer Score zur Risikoprädiktion von paroxysmalen Vorhofflimmerepisoden – Modellbasierte Risikoprädiktion von Vorhofflimmern –

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Dr. Constanze Schmidt, Heidelberg

Vorhofflimmern ist nicht nur die häufigste Herzrhythmusstörung mit einer steigenden Prävalenz und Inzidenz, sondern auch die häufigste Ursache von kryptogenen zerebralen thrombembolischen Ereignissen. Es besteht daher die klinische Notwendigkeit für eine frühzeitige Risikoprädiktion mit geeigneter diskriminativer Diagnostik zur Erkennung von Vorhofflimmern. In Anbetracht der Krankheitsprävalenz erscheint eine Diagnostik, die sich auf nichtinvasive Parameter stützt, für eine klinische Implementierung in die präventive Routinediagnostik besonders geeignet. Die derzeit zur Verfügung stehenden diagnostischen Tools zur Detektion von bisher nicht bekannten paroxysmalen Vorhofflimmerepisoden sind aufgrund eines zu kleinen diagnostischen Zeitfensters oftmals unzureichend.

Zur Verbesserung einer frühzeitigen Erkennung des Vorhofflimmerns wurde in der Abteilung für Kardiologie der Universitätsklinik Heidelberg (Leiter Prof. Dr. med. H. A. Katus) von Frau Dr. med. Constanze Schmidt auf der Basis von echokardiographischen, klinischen und demographischen Daten von insgesamt 2360 Patienten mit Sinusrhythmus, paroxysmalem oder chronischem Vorhofflimmern ein mathematisches Modell zur Vorhersage des Risikos für das Vorhandensein von paroxysmalen Vorhofflimmerepisoden entwickelt. Um die Parameter mit dem größten diskriminativen Wert zu identifizieren, wurde das Verfahren der sequenziellen Parameterselektion angewandt. Aus dem Modell wurde dann ein Risiko-Score mit dem Ziel einer einfachen klinischen Implementierbarkeit abgeleitet. Der entwickelte Score wurde an einer unabhängigen Kohorte von 1000 Patienten validiert.

Für die Klassifikation von Sinusrhythmuspatienten im Vergleich zu Patienten mit paroxysmalem und chronischem Vorhofflimmern waren die Merkmale Alter, Durchmesser des linken Vorhofes, Einnahme von Betablockern sowie der Flussgeschwindigkeit während der Vorhofkontraktion im Gewebe-Doppler (TDI A‘) signifikant. In der Diskrimination von chronischen Vorhofflimmerpatienten im Vergleich zu Patienten mit Sinusrhythmus waren zudem die linksventrikuläre Ejektionsfraktion und die Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern sowie ein bestehender Hypertonus und die QT-Zeit vorhersagerelevant. Für die Klassifikation zwischen paroxysmalem Vorhofflimmern und Sinusrhythmus dienten die Parameter Aortenwurzeldurchmesser, linksventrikulärer endsystolischer Durchmesser, Schlafapnoe, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus Typ II, Nikotinkonsum, die Herzfrequenz des Patienten sowie eine stattgehabte elektrophysiologische Untersuchung in der Patientenhistorie (s. Abbildung 1).

Zur einfacheren klinischen Implementierung wurde von einem logistischen Modell ein Risikoscore zur Prädiktion von paroxysmalem Vorhofflimmern anhand der vier stärksten prädiktiven klinischen Parameter abgeleitet: Alter, linksatrialer Diameter, Flussgeschwindigkeit in der Gewebe-Doppler-Bildgebung während der Vorhofkontraktion (TDI A‘), und Aortenwurzeldurchmesser. Dieses Modell zeigte unter n = 2000 Patienten eine hohe Diskriminationsstärke in der Unterscheidung zwischen Patienten mit Sinusrhythmus und paroxysmalem (AUC = 0,80 unter der ROC-Kurve) bzw. chronischem Vorhofflimmern (AUC = 0,93).

Für eine weitere Score-Validierung wurde für Patienten, bei denen die Diagnose Vorhofflimmern zwischen 2009 und heute gestellt wurde, der Risiko-Score im retrospektiven Zeitverlauf auf Basis von dokumentierten klinischen Parametern erhoben. Die Patienten waren dabei durch regelmäßige kardiologische Nachsorgeuntersuchungen an unser Zentrum angebunden. Hierbei zeigte sich in der Mehrzahl der Fälle, dass es mittels des Scores zu einem früheren Zeitpunkt als die klinische Dokumentation von Vorhofflimmerepisoden gelang, paroxysmales Vorhofflimmern vorherzusagen (s. Abbildung 2).

Durch Verwendung dieser Risiko-Scores, die von einem reduzierten Modell mit vier Vorhersageparametern oder dem optionalen Modell bestehend aus 12 Parametern abgeleitet wurden, könnte die Identifikation von paroxysmalem Vorhofflimmern in der Zukunft deutlich verbessert werden. Das erstellte Modell zur Vorhersage eines Risikos für paroxysmales Vorhofflimmern ist zudem einfach in die kardiale Routinediagnostik implementierbar und kann beispielsweise nach unklarem Schlaganfall als diagnostische und therapeutische Entscheidungshilfe dienen.

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 9500 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org