Bedeutung des postprozeduralen Linksschenkelblocks nach TAVI
Abdruck frei nur mit Quellenhinweis
Pressetext als PDF - gegebenenfalls mit Bildmaterial
Dr. Jury Schewel, Hamburg
Die kathetergestützte Aortenklappenimplantation (TAVI) hat seit der ersten Implantation 2002 von Cribier et al. eine rasante Entwicklung gezeigt und ist eine etablierte Therapie der Aortenklappenstenose (AS) bei Hochrisiko- und inoperablen Patienten1. 5-Jahresdaten zeigen mindestens eine Nichtunterlegenheit der TAVI gegenüber dem konventionellen Aortenklappenersatz2. Die CoreValve Pivotal Studie zeigte nach 2 Jahren sogar einen Überlebensvorteil der TAVI3. Dennoch gibt es weiterhin Komplikationen, die im Rahmen der TAVI auftreten können und näher untersucht werden müssen. Dazu gehören neu aufgetretene Reizleitungsstörungen wie der Linksschenkelblock (LSB). Unklar bleibt, ob der neu aufgetretene LSB zu einer Dyssynchronie führt, die Auswirkung auf die linksventrikuläre Pumpfunktion sowie Lebensqualität und Prognose haben kann. Ziel dieser Studie war es, die Bedeutung eines neu aufgetretenen LSB bei Patienten, die sich bei hochgradiger Aortenklappenstenose einer TAVI unterzogen haben, zu untersuchen.
Methoden
Insgesamt wurden zwischen Juli 2008 und März 2015 725 konsekutive Patienten mittels transfemoraler oder transaxillärer TAVI in der Asklepios Klinik St. Georg in Hamburg behandelt. Patienten mit bereits präprozedural vorhandenem Schrittmacher (SM) (n=97, 13,4%) und/oder LSB (n=75, 10,3%) sowie Patienten mit postprozeduralem neu aufgetretenem AV-Block III° (n=102, 14,1), die mittels SM versorgt wurden und Patienten, die bereits eine Bio-Prothese hatten und sich einer valve-in-valve Prozedur unterzogen (n=28, 3,9%), wurden von der Auswertung ausgeschlossen. Bei den verbleibenden 433 Patienten (81 ± 7 Jahre; 192 Männer [44%]; log. EuroSCORE 21,8 ± 16,2%) wurden die folgenden Prothesen eingesetzt: Medtronic Corevalve (n=204; 47,1%), Edwards SAPIEN XT (n=167; 38,6%), SAPIEN (n=19; 4,3%), SAPIEN 3 (n=18; 4,2%), sowie Direct Flow Medical (n=3; 0,7%), Edwards Centera (n=18; 4,2%) und St. Jude Portico (n=4; 0,9%). Der transfemorale Zugangsweg wurde bei 391 Patienten (90,3%) gewählt, der transaxilläre bei 42 (9,7%). Die Patienten wurden hinsichtlich der Inzidenz eines neuen LSB in die Gruppen A (kein neuer LSB) und B (neuer LSB) unterteilt und bezüglich der demographischen und echokardiographischen Daten sowie der 1-Jahres-Überlebensrate und postprozeduraler Komplikationen nach VARC-2-Kriterien verglichen.
Ergebnisse
Bei 169 (39%) der 433 Patienten wurde postprozedural ein neuer LSB nachgewiesen. Bis auf eine höhere Inzidenz an arterieller Hypertonie bei Patienten mit neuem LSB (A vs. B: 84,1% vs. 94,1%; p=0.002) wiesen die Basisdaten keine signifikanten Unterschiede auf (Tab. 1). Auch im 1-Jahres-Überleben nach Kaplan-Meier fand sich kein signifikanter Unterschied (kein neuer LSB vs. neuer LSB: 81,6% vs. 82,9%; p=0,669, Fig. 1). Des Weiteren zeigten sich weder signifikante Unterschiede in den peri-/postprozeduralen Komplikationsraten nach VARC-2 (acute device success 93,2% vs. 91,1%; p=0.461) noch im Verlauf der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF; vor TAVI: 51,9 ± 13,0% vs. 52,4 ± 13,4%; p=0.729; 1 Jahr nach TAVI: 56,8 ± 8,7% vs. 56,4 ± 8,6%; p=0.795) und der klinischen Symptomatik (NYHA III/IV vor TAVI: 88,7% vs. 91,2% p=0.737; 1 Jahr nach TAVI: 25,1% vs. 21,0%; p=0.539) bis zu einem Jahr nach TAVI.
Schlussfolgerung
Die Ergebnisse – in einem großen Patientenkollektiv – deuten daraufhin, dass ein neu aufgetretener persistierender Linksschenkelblock nach TAVI weder die Mortalitäts- noch die Komplikationsrate nach TAVI beeinflusst. Insbesondere zeigt unsere Analyse, dass der Linksschenkelblock keinen negativen Einfluss auf die linksventrikuläre Pumpfunktion hat, die möglicherweise durch die Dyssynchronie entstehen könnte.
Quellen:
- Authors/Task Force Members, Vahanian A, Alfieri O, Andreotti F, Antunes MJ, Baron-Esquivias G, Baumgartner H, Borger MA, Carrel TP, De Bonis M, Evangelista A, Falk V, Iung B, Lancellotti P, Pierard L, Price S, Schafers HJ, Schuler G, Stepinska J, Swedberg K, Takkenberg J, Oppell Von UO, Windecker S, Zamorano JL, Zembala M, ESC Committee for Practice Guidelines (CPG), Bax JJ, Ceconi C, Dean V, Deaton C, Fagard R, Funck-Brentano C, Hasdai D, Hoes A, Kirchhof P, Knuuti J, Kolh P, McDonagh T, Moulin C, Popescu BA, Reiner Z, Sechtem U, Sirnes PA, Tendera M, Torbicki A, Document Reviewers, Segesser Von L, Badano LP, Bunc M, Claeys MJ, Drinkovic N, Filippatos G, Habib G, Kappetein AP, Kassab R, Lip GYH, Moat N, Nickenig G, Otto CM, Pepper J, Piazza N, Pieper PG, Rosenhek R, Shuka N, Schwammenthal E, Schwitter J, Mas PT, Trindade PT, Walther T. Guidelines on the management of valvular heart disease (version 2012): The Joint Task Force on the Management of Valvular Heart Disease of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS). European Heart Journal. 2012;33:2451–2496.
- Mack MJ, Leon MB, Smith CR, (null), Moses JW, Tuzcu ME, Webb JG, Douglas PS, Anderson WN, Blackstone EH, Kodali SK, Makkar RR, Fontana GP, Kapadia S, Bavaria J, Hahn RT, Thourani VH, Babaliaros V, Pichard A, Herrmann HC, Brown DL, Williams M, Davidson MJ, Svensson LG, Akin J, investigators P1T. 5-year outcomes of transcatheter aortic valve replacement or surgical aortic valve replacement for high surgical risk patients with aortic stenosis (PARTNER 1): a randomised controlled trial. The Lancet. 2015;385:2477–2484.
- Yakubov SJ, Adams DH, Watson DR, Reardon MJ, Kleiman NS, Heimansohn D, Hermiller J, Hughes GC, Harrison JK, Coselli J, Diez J, Schreiber T, Gleason TG, Conte J, Deeb GM, Huang J, Oh J, Byrne T, Caskey M, Popma JJ, CoreValve United States Clinical Investigators. 2-Year Outcomes After Iliofemoral Self-Expanding Transcatheter Aortic Valve Replacement in Patients With Severe Aortic Stenosis Deemed Extreme Risk for Surgery. Journal of the American College of Cardiology. 2015;66:1327–1334.
Gruppe A [n=264] | Gruppe B [n=169] | p-Wert | |
Alter [Jahre] | 80,64 ± 7,11 | 80,14 ± 6,75 | 0,469 |
Geschlecht [männlich] | 127 [48,1%] | 65 [38,1%] | 0.059 |
BMI [kg/cm2] | 26,29 ± 4,85 | 26,50 ± 4,98 | 0.665 |
logEuroScore, [%] | 22,86 ± 17,65 | 20,74 ± 15,15 | 0.200 |
Arterieller Hypertonus, n [%] | 222 [84,1%] | 159 [94,1%] | 0.002 |
KHK, n[%] | 162 [61,4%] | 103 [60,9%] | 1.000 |
Vorhofflimmern, n[%] | 118 [44,7%] | 70 [41,4%] | 0.551 |
COPD, n [%] | 47 [17,8%] | 27 [16,0%] | 0.695 |
Niereninsuffizienz, n[%] | 103 [39,0%] | 60 [35,5%] | 0.478 |
LVEF [%] | 51,9 ± 13,0 | 52,4 ± 13,4 | 0.729 |
Tabelle 1 Demographische Daten der beiden Patientengruppen.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 9500 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org