Grafenberger Allee 100
40237 Düsseldorf
Tel.: + 49 211 600692-0
Fax: + 49 211 600692-10
info@dgk.org

Dem plötzlichen Herztod vorbeugen: Defi-Technik entwickelt sich rasch weiter

Abdruck frei nur mit Quellenhinweis
Pressetext als PDF - gegebenenfalls mit Bildmaterial

Statement Prof. Dr. Lars Eckardt, Abteilung für Rhythmologie, Department für Kardiologie und Angiologie, Universitätsklinikum Münster; DGK-Pressekonferenz „Plötzlicher Herztod – Kardiogener Schock“, 31. März 2016, 14 Uhr 45

Für Menschen, die ein sehr hohes Risiko haben, an einem plötzlichen Herztod zu versterben, stellt die Implantation eines Defibrillators (ICD) eine lebensrettende Maßnahme dar. Neue Entwicklungen machen diese Technologie noch sicherer und flexibler. Tragbare Defis können bei zeitlich begrenztem Risiko eingesetzt werden, und subkutane Defibrillatoren helfen bei der Vermeidung von ICD-Komplikationen.

Jedes Jahr sterben in Deutschland zwischen 100.000 und 150.000 Menschen an einem plötzlichen Herztod. Zu den Risikofaktoren für einen plötzlichen Herztod zählen unter anderem ein vorangegangener Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, ein überlebter plötzlicher Herztod, genetische Faktoren sowie Herzrhythmusstörungen.

Bei Hochrisiko-Patienten kann ein plötzlicher Herztod durch die prophylaktische Implantation eines Defibrillators (ICD) verhindert werden, der das Herz im Bedarfsfall mittels Stromstoß wieder in den gesunden Sinus-Rhythmus bringt. Allerdings ist es ungeachtet aller Fortschritte nach wie vor schwierig, genau jene Personen mit einem besonders hohen Risiko zu identifizieren.

Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) spricht in ihren aktuellen Leitlinien starke Empfehlungen für den ICD-Einsatz bei Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz sowohl ischämischer als auch nicht-ischämischer Genese aus – also sowohl nach Herzinfarkt als auch infolge von Erkrankungen des Herzmuskels.

Dies bedeutet, dass relativ viele Menschen einen ICD bekommen sollten, was neben der erhöhten Sicherheit auch neue Probleme bringen kann: Dazu gehören etwa Komplikationen durch nicht notwendige Stromstöße oder Infektionen durch das implantierte Gerät. Doch die ICD-Technik wird laufend weiter entwickelt und wurde zuletzt durch zwei wesentliche Innovationen ergänzt.

Der tragbare Defibrillator („Defibrillator-Weste“) ist eine neue Option für Personen, von denen man annimmt, dass sie das lebensrettende Gerät nicht für den Rest ihres Lebens benötigen, weil das erhöhte Risiko für gefährliche Rhythmusstörungen nur für eine begrenzte Zeit besteht. Das sind beispielsweise Frauen, die nach einer Geburt eine vorübergehende Herzschwäche entwickeln, Patienten, die sich von einem Herzinfarkt erholen, oder Menschen mit einer Entzündung des Herzmuskels. Darüber hinaus gibt es Personen, bei denen ein ICD gerade nicht implantiert werden darf, weil sie beispielsweise gerade eine Herzkatheter-Intervention hinter sich haben.

Für diese Patienten gibt es seit kurzem statt des implantierbaren ICD den tragbaren Defibrillator, der rund um die Uhr getragen und nur zum Duschen oder Baden abgenommen wird. Die „Defi-Weste“ enthält vier nicht klebende Elektroden zur kontinuierlichen Ableitung eines EKG sowie Elektroden zur Abgabe eines Schocks. Akkus und Elektronik werden in einem separaten Kästchen getragen. Stellt das Gerät eine bedrohliche Arrhythmie fest, erfolgt die Intervention in mehreren Schritten. Dabei wird zunächst der Patient gewarnt, sodass er bei falschem Alarm den Schock verhindern kann. Tut er das nicht oder ist er bereits bewusstlos, folgt die akustische Warnung an umstehende Personen, den Patienten nicht zu berühren und schließlich der therapeutische Schock.

Dass das tragbare Gerät funktioniert und sicher ist, wurde kürzlich in der Studie WEARIT II gezeigt. Innerhalb der 90 Tage Tragedauer starben nur 0,2 Prozent der Patienten – kein einziger an einer Rhythmusstörung. Ein lebensrettender Stromstoß zur Beendigung einer Tachyarrhythmie wurde bei 1,1 Prozent der Patienten abgegeben. Lediglich bei 0,5 Prozent der Patienten erfolgte eine inadäquate Therapie, also ein überflüssiger Stromstoß. 41 Prozent der Träger erholten sich innerhalb der Tragezeit so weit, dass auf eine ICD-Implantation verzichtet werden konnte.

Eine weitere Innovation in der Behandlung gefährlicher Herzrhythmusstörungen stellen subkutane Defibrillatoren dar. Sie werden unter die Haut eingesetzt und haben keinen direkten Kontakt zum Herzen. Diese Geräte überwachen mit einer unter der Haut liegenden Elektrode den Herzrhythmus. Man erwartet sich von dieser neuen Technologie einige Vorteile, insbesondere weniger Komplikationen mit der Sonde, wie zum Beispiel Sondenbrüche. Außerdem benötigt man keinen Zugang zum Herzen über das Gefäßsystem, was das Risiko bei der Implantation minimiert. In der im vergangenen Herbst vorgestellten neuen Leitlinie der ESC wurden diese neuen Defibrillatoren erstmals erwähnt und erhielten einen hohen Empfehlungsgrad.

 

(1) Kutyifa V et al. Use of the wearable cardioverter defibrillator in high-risk cardiac patients: data from the Prospective Registry of Patients Using the Wearable Cardioverter Defibrillator (WEARIT-II Registry). Circulation. 2015 Oct 27;132(17):1613-9

(2) 2015 Priori et al. 2015 ESC Guidelines for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death. Eur Heart J 2015, Nov 1;36(41):2793-867