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Risiko für lebensbedrohliche ventrikuläre Arrhythmien bei Peripartumkardiomyopathie – Eine multizentrische Analyse von Patientinnen mit tragbarer Defibrillatorweste

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Dr. David Duncker, Hannover 

Die Peripartumkardiomyopathie (PPCM) ist eine seltene idiopathische Kardiomyopathie, die am Ende der Schwangerschaft bzw. in den ersten Monaten nach der Entbindung auftritt. Die Patientinnen bieten Symptome einer Herzinsuffizienz bis hin zum kardiogenen Schock und häufig eine schwer reduzierte linksventrikuläre (LV) Funktion. Der Ausschluss anderer Ursachen für die Herzinsuffizienz und eingeschränkte LV-Funktion ist essentiell für die Diagnose der PPCM.

Patienten mit schwer reduzierter LV-Funktion haben ein hohes Risiko für lebensbedrohliche ventrikuläre Arrhythmien und einen plötzlichen Herztod. Daher wird bei Patienten mit persistierend schwer eingeschränkter LV-Funktion und Herzinsuffizienz unter optimaler medikamentöser Therapie die Implantation eines implantierbaren Cardioverter/Defibrillators (ICD) empfohlen. Die tragbare Defibrillatorweste (WCD) stellt ein sicheres, effektives und nicht-invasives Hilfsmittel zur weiteren Risikostratifizierung und temporären Prävention vor dem plötzlichen Herztod bei Hochrisikopatienten mit verschiedenen kardialen Grunderkrankungen dar. Gerade Patientinnen mit PPCM und schwer eingeschränkter LV-Funktion erholen sich unter einer Herzinsuffizienztherapie häufig innerhalb weniger Monate. Patienten mit transientem oder noch unklarem erhöhten Risiko für den plötzlichen Herztod können von der Defibrillatorweste profitieren. Nach Erstdiagnose einer schweren linksventrikulären Dysfunktion bietet das Tragen der Defibrillatorweste während der Etablierung und Intensivierung der Herzinsuffizienztherapie  einen verlässlichen Schutz vor dem plötzlichen Herztod.

Die Art und Häufigkeit von Arrhythmien bei Patientinnen mit PPCM ist insgesamt wenig untersucht, das Risiko für den plötzlichen Herztod bei diesen Patientinnen letztlich noch unklar. Während die Ergebnisse eines WCD-Registers bei Patientinnen mit PPCM ein eher niedriges Risiko für den plötzlichen Herztod vermuten ließen, zeigten vorausgegangene Studien ein Risiko für einen plötzlichen Tod. Wir konnten kürzlich in einer ersten prospektiven monozentrischen Studie bei Patientinnen nach Erstdiagnose einer PPCM und schwer eingeschränkter LV-Funktion zeigen, dass durchaus ein relevantes Risiko für Kammerflimmern in der frühen Phase nach Diagnosestellung besteht (Duncker et al., Eur J Heart Fail 2014). Ziel der vorliegenden Untersuchung war, das Risiko für ventrikuläre Tachyarrhythmien in der Frühphase der PPCM zu untersuchen. Eingeschlossen wurden Patientinnen mit PPCM, die nach Diagnose eine hochgradig reduzierte LV-Funktion boten und mit einem WCD versorgt wurden.

In 9 deutschen Zentren wurden 22 Patientinnen (mittleres Alter 34±4 Jahre) mit PPCM und einer LVEF ≤35% identifiziert, die mit einem WCD versorgt wurden. Alle Patientinnen erhielten eine leitliniengerechte Herzinsuffizienztherapie inklusive Betablocker, ACE-Hemmer und Mineralokortikoidrezeptorantagonisten. Alle Patientinnen zeigten bei Diagnose eine fortgeschrittene Herzinsuffizienzsymptomatik (mittlere NYHA-Klasse 3,5±0,6) und eine schwer reduzierte LVEF (im Mittel 20±7%). Die mittlere Tragedauer des WCD betrug 101±81 Tage; die tägliche Tragezeit lag bei 22,1±2,0 Stunden.

Im Laufe eines Follow-Ups von 7±4 Monaten zeigten die Patientinnen eine signifikante Verbesserung der NYHA-Klasse (im Durchschnitt 1,8±0,6; p<0,001) und der LVEF (im Durchschnitt 46±10%, p<0,001). Bei 3 von 22 Patientinnen kam es im Verlauf zu insgesamt 4 Episoden von Kammerflimmern. Alle Kammerflimmerepisoden wurden adäquat mittels WCD-Schock im Durchschnitt nach 53,3 Sekunden terminiert. Die mittlere Zeit bis zum Ereignis lag bei 45±25 Tagen nach Beginn der WCD-Versorgung.

Zusammenfassend deuten unsere Daten auf ein relevant erhöhtes Risiko für lebensbedrohliche Arrhythmien in der Frühphase der PPCM mit schwer reduzierter LV-Funktion hin. Dieses passagere Risiko erfordert gerade bei den jungen Müttern einen temporären Schutz vor dem plötzlichen Herztod. Anhand der aktuellen Daten sollte die Versorgung mit einem WCD bei allen Patientinnen mit PPCM und schwer reduzierter LV-Funktion in den ersten 6 Monaten nach Initiierung der Herzinsuffizienztherapie erwogen werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 9000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen, die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org.