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Aktuelle Daten zeigen, dass TAVI bei hohem Risiko sicherer als der chirurgische Klappenersatz ist

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Statement Prof. Dr. Christian W. Hamm, Gießen,

Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie 

Die Aortenstenose (AS) ist eine progrediente und lebensbedrohliche Erkrankung, die unbehandelt bei etwa der Hälfte der Patienten innerhalb von zwei Jahren zum Tod führt. Therapie der Wahl bei der höhergradigen symptomatischen AS ist der Ersatz der Aortenklappe, wofür drei Methoden zur Verfügung stehen:

  • offener chirurgischer Aortenklappen-Ersatz,
  • transfemorale kathetergestützte Aortenklappen-Implantation (TAVI) und
  • transapikale TAVI.

Der offene chirurgische Klappenersatz stellt nach wie vor den Goldstandard in der Behandlung der AS dar. Häufig leiden die Patienten jedoch an Komorbiditäten oder sind in einem schlechten Allgemeinzustand, so dass sie den Belastungen eines chirurgischen Eingriffs nicht gewachsen sind. Für diese Patienten stellt die TAVI, insbesondere der transfemorale Zugang, eine gute Option dar, die AS zu behandeln und damit sowohl die Überlebenszeit zu verlängern als auch die Lebensqualität zu verbessern.

Unterschiedliche Patientenkollektive

Im Zuge der gesetzlich vorgeschriebenen externen Qualitätssicherung erhebt das AQUA-Institut (Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen) Daten zu allen isolierten Aortenklappen-Operationen in Deutschland, wodurch die aktuelle Versorgungssituation für diese Eingriffsart vollständig widergespiegelt wird.

Im Jahr 2013 wurden insgesamt 20.262 isolierte Aortenklappen-Operationen durchgeführt, davon entfielen auf den offenen chirurgischen Ansatz 9.853, auf die transfemorale TAVI 7.602 und auf die transapikale TAVI 2.807 Eingriffe. Da die Patientenkollektive für die drei Operationsmethoden sehr unterschiedlich sind, lassen sich bezüglich der Behandlungsergebnisse nur eingeschränkt direkte Vergleiche anstellen. So waren die Patienten, die einem chirurgischen Klappenersatz unterzogen worden waren, im Durchschnitt jünger und gesünder als Patienten, die eine TAVI erhalten hatten (68 Jahre vs. 80 bzw. 81 Jahre). Darüber hinaus wiesen die TAVI-Patienten ein deutlich höheres Risiko gemessen am international anerkannten logistischen Euroscore I auf. Neben diesen Unterschieden ergaben sich im Detail auch bei den Komorbiditäten der drei Patientensegmente erhebliche Unterschiede. Wie daraus erwartet werden kann, ergeben sich auch für die patientenrelevanten Ergebnisse deutliche Unterschiede. Die nicht risikoadjustierte Krankenhaussterblichkeit beträgt für die offene Chirurgie 2,8 Prozent, die transfemorale TAVI 4,7 Prozent und die transapikale TAVI 8,4 Prozent.

Länger leben durch TAVI

Aufgrund des sehr unterschiedlichen Risikoprofils der Patientensegmente hat das AQUA-Institut ein Modell für die Risikoadjustierung bei isolierter Aortenklappen-Operation entwickelt, so dass für jeden Patienten unter Berücksichtigung seines persönlichen Risikoprofils die individuelle Wahrscheinlichkeit für die Krankenhaus-Sterblichkeit ermittelt werden kann. Demnach beträgt die risikoadjustierte Krankenhaus-Sterblichkeit für den chirurgischen Klappenersatz 3,2 Prozent, für die transfemorale TAVI 6,1 Prozent und für die transapikale TAVI 6,8 Prozent.

Es zeigte sich allerdings, dass die tatsächliche Mortalität von der prognostizierten abweicht. So entsprechen prognostizierte und tastsächliche Sterblichkeitsraten bei offen chirurgischem Klappenersatz einander relativ genau (2,8 vs. 3,2 Prozent), bei der transfemoralen TAVI liegt die tatsächliche Mortalitätsrate jedoch deutlich unter der prognostizierten (4,7 vs. 6,1 Prozent), während sich bei transapikalen Vorgehen die Situation umkehrt (8,4 vs. 6,8 Prozent).

Diese Analyse macht deutlich, dass die bisher geübte Praxis, die beiden kathetergestützten Verfahren gemeinsam zu betrachten, aufgegeben werden muss. Es bleibt festzuhalten, dass in der derzeitigen Versorgungsrealität Deutschlands die transfemorale kathetergestützte Aortenklappenimlantation sehr gute Ergebnisse erzielt, wenn das individuelle Risiko des Patienten berücksichtigt wird.

Gute Haltbarkeit

Dass die TAVI für inoperable Patienten mit Aortenstenose einen Gewinn an Lebenszeit bringt, zeigen die 5-Jahresdaten der PARTNER-Studie.1 In dieser Studie wurde die TAVI bei Patienten, die so krank waren, dass ein chirurgischer Eingriff mit einem zu hohen Risiko verbunden gewesen wäre, mit konservativem Vorgehen vergleichen. Die Patienten waren zu Studienbeginn im Mittel 83 Jahre alt.

Angesichts des Alters und Schwere der Erkrankung überrascht es nicht, dass die meisten Studienteilnehmer fünf Jahre nach Studienbeginn bereits verstorben sind. Trotzdem lässt sich ein signifikanter Überlebensvorteil für die TAVI-Patienten nachweisen. So leben von den 179 Patienten, die mit der TAVI behandelt worden waren, nach fünf Jahren noch 51 (28,2 Prozent), während bei konservativer Therapie nur noch 6 von 179 (6,4 Prozent) Patienten am Leben sind.

Da zunehmend auch bei Patienten mit Aortenstenose und mittlerem Operationsrisiko eine neue Aortenklappe per Katheter implantiert wird, sind weitere PARTNER-Langzeitdaten interessant, die für eine gute Haltbarkeit der implantierten Aortenklappen sprechen: Weder wurde in fünf Jahren eine relevante Zunahme des transvalvulären Druckgradienten noch eine Schrumpfung der Klappenfläche beobachtet.

Wichtige Einsichten liefern auch Daten aus der CoreValve-Studie2: Diese zeigte, dass auch bei Patienten mit mittlerem Risiko, gemessen anhand des EuroScores bzw. des STS-Scores, hinsichtlich der Mortalität ein hoch signifikanter Vorteil für die TAVI besteht.

1 Samir R. Kapadia: PARTNER I: Five-Years Results from a Prospective Randomized Trial of Transcatheter Aortic Valve Replacement with a Ballon-Expanding Device versus Conservative Care in Extremely High-Risk Patients with Aortic Stenosis. TCT 2014 Plenary Session V: Late-Breaking Clinical Trials 1

2 Adams DH et al.: N Engl J Med. 2014;370:1790-8