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Pulmonalvenenisolation mit dem Kryoballon der zweiten Generation: klinischer Erfolg bei paroxysmalem und persistierendem Vorhofflimmern

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Dr. Stefan Hartl, München

 Hintergrund: Vorhofflimmern (VHF) ist die häufigste Herzrhythmusstörung und geht neben einer Ein-schränkung der Lebensqualität mit einer gesteigerten Morbidität und Mortalität einher. Die Pulmonalvenenisolation (PVI) ist die Basis der Katheterablation des Vorhofflimmerns. Die Radio-frequenz- (RF) und Kryoballontechnik sind dabei Standardverfahren, die RF-Ablation ist als früher etabliertes Verfahren die aktuell am häufigsten angewandte Methode für die Ablation des Vorhofflimmerns. Die neuere Kryoablationstechnik scheint Vorteile bezüglich der Reproduzierbarkeit und des Risikoprofils zu haben.Für die erste Generation des Kryoballons (CBG1) wurden zu RF bereits vergleichbare Resultate bezüglich klinischem Outcome und Sicherheit publiziert. Den Nutzen des CBG1 bei persistierendem VHF haben wir in einem Pilotprojekt unter Anwendung der Doppelballon-Strategie nachgewiesen. Der 2012 eingeführte Kryoballon der zweiten Generation (CBG2, Arctic Front Advance; Medtronic Inc, Minneapolis, MN), wurde optimiert: Die Kühlzone wurde über die distale Hälfte des Ballons verbreitert, die Flussrate des 28mm Kryoballons um 16% erhöht. Die Verteilung des Kühlmittels ist homogener. Mit dem CBG2 haben mehrere Autoren anhand kleiner Fallzahlen signifikant bessere Ergebnisse als mit dem CBG1 bei Patienten mit paroxysmalem VHF aufzeigen können. Interessant ist, dass alle Gruppen ähnlich hohe Erfolgsraten von etwa 80% Freiheit von Vorhofflimmern nach einem Jahr beobachtet haben.

Bisher gibt es nur wenige Erkenntnisse über den Effekt des CBG2 bei Patienten mit persistierendem VHF. In der vorliegenden prospektiven observatorischen Studie wurde der Erfolg (Freiheit von Vorhofflimmern/-flattern) bei Patienten mit paroxysmalem und persistierendem VHF nach erster PVI mit dem CBG2 untersucht. Ziel der Studie ist es zu evaluieren, ob die PVI mit dem CBG2 als Ablationsstrategie bei Erstablation nicht nur bei paroxysmalem sondern auch bei persistierendem VHF geeignet ist und damit eine Alternative zur RF-Ablation darstellen kann.

Methoden: Patientencharakteristika und Prozedurdaten wurden prospektiv monozentrisch erhoben. Routine Follow Up-Untersuchungen (FU) wurden nach 1, 3, 6, 12, 18 Monaten sowie konti-nuierlich mindestens einmal jährlich (Holter, EKG, Symptomatik) durchgeführt. Der primäre Endpunkt wurde als Freiheit von dokumentiertem Vorhofflimmern (VHF), atrialer Tachykardie (AT) oder VHF-assozierten Symptomen nach Verstreichen einer dreimonatigen blanking period definiert. Die Patientencharakteristika als auch der Therapieerfolg wurden mit Microsoft Excel 2010 und SPSS 20.0 (IBM) ausgewertet. Kontinuierlich gesammelte Daten sind als mittlere Standardabweichung angegeben, kategorische Daten als Anzahl in Prozent. Kontinuierliche Daten wurden mit dem student’s t-test bzw. dem Mann-Whitney-Wilcoxon Test verglichen, kategorische Daten mit dem chi-square test. Die Erfolgsrate wurde für die Gesamtheit der Patienten sowie für paroxysmales und persistierendes VHF separat ausgewertet und mittels log rank test verglichen. Der sekundäre Endpunkt bezog sich auf die Sicherheit des Eingriffes. Leichte und schwere Komplikationen wurden getrennt erhoben. 

Ergebnisse: Insgesamt wurde von Mai 2012 bis Juni 2014 bei 402 Patienten eine PVI mit dem CBG2 (Alter63±10 J., 32% weiblich) durchgeführt. Ein FU von ≥ 6 Monaten erreichten 342 Patienten, welche in die Analyse des primären Endpunktes eingeschlossen wurden. Davon lag bei 50,3% paroxysmales (n=172/342) und bei 49,7% persistierendes VHF (n=170/342, p=0.54) vor. Bei 27 Patienten (8%) ging eine Ablationsbehandlung mit dem CBG1 vor Ersteinsatz des neuen Kryoballons voraus. Das mittlere FU lag bei 9,4±5 Monaten (paroxysmales VHF) und 9.7±5 Monaten (persistierendes VHF, p=0,35).

In der Auswertung der Patientencharakteristika wiesen Patienten mit persistierendem VHF einen signifikant größeren LA-Diameter (46±7mm) auf als Patienten mit paroxysmalem VHF (42±5mm, p<0.01). Weiterhin zeigten Patienten mit persistierendem VHF im Vergleich signi-fikant häufiger eine Mitralklappeninsuffizienz ≥  °I (10% vs. 3%, p=0.01), einen höheren BMI (28±4 vs. 26±4, p=0.04) sowie tendenziell häufiger eine koronare Herzkrankheit (14% vs 9%, p=0.4).Keine signifikanten Unterschiede fanden sich für Alter, Geschlecht und arterielle Hypertonie. Die prozedurale PVI wurde bei 100% der Venen (LSPV und LIPV je 372/372, RSPV und RIPV je 389/389, RMPV 37/37, LCPV 22/22)erreicht. 23% der Patienten (n=79/342) wurden mit dem 23 und 28 mm Ballon in einer Sitzung behandelt.

Eine Freiheit von VHF, AT oder Symptomen wurde im Gesamtkollektiv bei 76% (n=261/342) erreicht. Bei Patienten mit paroxysmalem VHF lag der Erfolg mit 81% (n=140/172) signifikanthöher als bei Patienten mit persistierendem VHF (71%, n=121/170, p=0.04).Die Komplikationsrate lag bei 3,9% (n=16/402). Schwere Komplikationen traten bei 1,7% der gesamten Eingriffe auf (n=7/402). Diese unterteilten sich in 4 persistierende Phrenikusparesen (1%), ein Perikarderguss mit Drainageanlage, eine TIA, sowie eine passagere Amaurosis fugax (je 0,2%). Leichte Komplikationen traten bei 2,2% (n=9/402) der Eingriffe auf. Sechs Leistenkomplikationen (1,5%) wurden konservativ behandelt, zwei fieberhafte Infekte der Atemwege (0,5%) und eine Infektion der Harnwege (0,2%) wurden nach Ablation zusätzlich beobachtet

Zusammenfassung: Die Pulmonalvenenisolation mit der zweiten Kryoballon-Generation ist eine sichere und effektive Ablationstherapie für paroxysmales und persistierendes VHF. Die Erfolgsrate lag bei paroxysmalem VHF signifikant höher als bei persistierendem VHF, jedoch konnte auch für persistierendes VHF ein mittelfristig günstiges Ergebnis erzielt werden. Aus diesem Grund scheint die PVI mit dem Kryoballon der zweiten Generation auch bei persistierendem VHF eine geeig-nete Therapieoption zu sein und ist als primäre Ablationsstrategie geeignet. Insgesamt werden jedoch zusätzliche Langzeit-Ergebnisse und prospektive Vergleichsdaten von CB- und RF-Ablation benötigt, um die optimale Strategie (Kryo- oder Radiofrequenzenergie) für die Erstablation von paroxysmalem und persistierendem VHF zu bestimmen.

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