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Optimierter Grenzwert des hochsensitiven kardialen Troponins T zur Frühdiagnose des akuten Myokardinfarktes bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion

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Dr. Raphael Twerenbold, Prof. Dr. Christian Müller, Basel

Das kardiale Troponin spielt bei der Diagnose des akuten Myokardinfarktes eine zentrale Rolle. In den letzten Jahren erfolgte an zahlreichen Kliniken in Europa und weltweit die Einführung von hochsensitiven kardialen Troponintests. Diese verbessern, durch ihre erhöhte Sensitivität, die Frühdiagnose des akuten Myokardinfarktes. Unklar ist, inwiefern Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion und oftmalig begleitender Troponinerhöhung von diesen neuen Tests profitieren und ob bei diesen die gleichen Grenzwerte wie bei der Durchschnittsbevölkerung angewendet werden sollen. Patienten mit einer eingeschränkter Nierenfunktion und klinischem Verdacht auf einen akuten Myokardinfarkt benötigen aus verschiedenen Gründen besondere Aufmerksamkeit durch den Kliniker: Patienten mit eingeschränkter Nieren-funktion weisen durch eine erhöhte Inzidenz an kardiovaskulären Erkrankungen im Vergleich mit der Durchschnittsbevölkerung per se eine erhöhte Vortestwahrscheinlichkeit für einen Myokardinfarkt auf. Stumme Ischämien oder atypische Symptome kommen gehäuft vor und erschweren so die klinische Beurteilung zusätzlich. EKG-Veränderungen als Folge einer ebenfalls gehäuft vorliegenden linksventrikulären Hypertrophie können einen akuten Myokardinfarkt auch elektrokardiographisch vortäuschen oder verbergen. Nicht zuletzt sind diese Patienten einem erhöhten Risiko von unerwünschten Nebenwirkungen im Rahmen der invasiven oder medikamentösen Therapie (z.B. Kontrastmittelgabe, duale Plättchenhemmung etc.) ausgesetzt. Aus all diesen Gründen ist eine rasche und zuverlässige Diagnose des akuten Myokardinfarktes in diesem klinisch besonders bedeutsamen Patientenkollektiv dringend notwendig.

Bedeutung hochsensitiver Troponintests 

Zahlreiche Studien haben ergeben, dass in der Gesamtbevölkerung der Einsatz von sensitiveren, so genannten hoch-sensitiven Troponintests im Vergleich mit konventionellen Troponintests die Frühdiagnose des akuten Myokardinfarktes substantiell verbessert werden konnte. Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion weisen auch in Abwesenheit eines akuten Myokardinfarktes im Mittel erhöhte Kreatininwerte auf, was die Interpretation des Troponinwertes erschweren kann. Unklar ist, ob Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion überhaupt von diesen neuen, hochsensitiven Troponintests profitieren und falls ja, ob die gleichen Grenzwerte wie bei der Normalbevölkerung angewendet werden sollten. Zur Klärung dieser Fragen analysierten wir die diagnostische Genauigkeit von hochsensitivem Troponin T (Roche high-sensitivity cardiac Troponin T assay) und konventionellem Troponin T (Roche Troponin T fourth Generation) zur Früh-diagnose des akuten Myokardinfarktes im Rahmen einer prospektiven internationalen Multizenter-Studie mit insgesamt 2813 Patienten (APACE-Trial, ESC-Abstract Nummer: 82676). Eingeschlossen wurden Patienten mit klinischem Verdacht auf einen akuten Myokardinfarkt, deren Symptombeginn oder Symptommaximum maximal 12 Stunden vor Studieneinschluss liegen durfte. Patienten mit Hämodialyse wurden ausgeschlossen. Die Goldstandarddiagnose wurde durch zwei unabhängige Ärzte basierend auf allen vorliegenden Unter-lagen (inkl. hoch-sensitivem Troponin T, Koronarangiographie, Belastungstests etc.) ein Monat nach Studieneinschluss gestellt.

Hochsensitiver Troponin T Test überlegen auch bei Niereninsuffizienz 

Insgesamt fand sich bei 447 Patienten (16%) aller 2813 in die APACE-Studie eingeschlossener Patienten eine eingeschränkte Nierenfunktion, definiert als glomeruläre Filtrationsrate < 60ml/Min/1.73m2 (geschätzt gemäß MDRD-Formel). Davon wiesen bei Studieneinschluss 36% einen akuten Myokardinfarkt im Vergleich zu 18% in der Vergleichsgruppe auf (p<0.001). Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion lagen die hoch-sensitiven Troponin T-Werte auch in Abwesenheit eines akuten Myokardinfarktes in 68% über der offiziell geltenden 99. Perzentile von 14 ng/l und waren somit erhöht. In der ROC-Analyse zeigte sich, dass die diagnostische Genauigkeit des hoch-sensitivem Troponins T (Fläche unter der Kurve 0.87) dem konventionellen Troponin T (Fläche unter der Kurve 0.82) auch bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion signifikant überlegen ist (p=0.001).

Optimaler Grenzwert bei Niereninsuffizienz doppelt so hoch wie in Normalbevölkerung 

Basierend auf dieser ROC-Analyse erfolgte die Berechnung des optimalen Grenzwertes für die Diagnose des akuten Myokardinfarktes bei Niereninsuffizienz. Der beste errechnete Grenzwert lag bei 29.5 ng/l bei eingeschränkter Nierenfunktion im Vergleich mit 16ng/l bei Patienten mit normaler Nierenfunktion. Während unser optimal berechneter Grenzwert für Patienten ohne Nierenfunktionseinschränkung praktisch mit dem offiziell geltenden Grenzwert von 14ng/l über-einstimmt, liegt unser errechneter optimaler Grenzwert bei eingeschränkter Nierenfunktion doppelt so hoch.

Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass die Genauigkeit des hochsensitiven Troponins T für die Diagnose des akuten Myokardinfarktes auch bei eingeschränkter Niereninsuffizienz sehr gut und derjenigen des konventionellen Tests überlegen ist. Jedoch braucht es für dieses klinisch relevante Patientenkollektiv test-spezifisch angepasste Grenzwerte, welche deutlich von den offiziell geltenden Grenzwerten abweichen können.

 

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