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Inzidenz adäquater ICD-Schocks nach Aggregatwechsel ohne vorherigen Schock: Notwendigkeit der Fortsetzung der ICD Therapie

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Dr. Joachim Seegers, et al., Göttingen

Der implantierbare Kardioverter-Defibrillator (ICD) wird erfolgreich zur Prävention des plötzlichen Herztodes eingesetzt. Dieses betrifft Patienten, die einen plötzlichen Herztod oder eine potentiell lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung der Hauptkammer überlebt haben (Sekundärprophylaxe) oder bei denen bestimmte klinische Kriterien ein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Herztod nahelegen (Primärprophylaxe). Wurde einmal die Indikation zur Implantation gestellt, wird diese Therapie im Allgemeinen lebenslang, also auch über die Batterielaufzeit des Gerätes hinaus, fortgeführt. Allerdings kommt es bei einer beträchtlichen Zahl der mit einem ICD behandelten Patienten während der Gerätelaufzeit von etwa fünf bis sieben Jahren nicht zu einer adäquaten, potentiell lebensrettenden ICD Therapie, das ist eine Hochvolttherapie (Schockabgabe), die aufgrund potentiell lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen, also einer schnellen ventrikulären Tachykardie oder Kammerflimmern, ausgelöst wird. Das bedeutet, dass diese Patienten die gesamte Laufzeit des ICDs auch ohne das Gerät überlebt hätten. Es wird daher kontrovers diskutiert, ob nach Batterieerschöpfung des ICD eine Aggregatwechsel-Operation und damit die Fortsetzung der Therapie mit ihren potentiell auch ernsten Nebenwirkungen und Kosten wirklich notwendig sind.

An der Universitätsmedizin Göttingen werden seit über 20 Jahren Patienten mit einem ICD behandelt und in einer ganztags besetzt ICD-Ambulanz mit regelmäßigen Gerätenachsorgen betreut. In einer retrospektiven Analyse wurden Daten dieser Patienten ausgewertet. Dabei wurde untersucht, wie viele Patienten adäquate ICD Schocks nach einem Aggregatwechsel erhielten, wenn das oder die vorher bei diesem Patienten implantierte(n) Gerät(e) keinen ICD-Schock abgegeben hatte(n). Dazu wurden alle Patienten, denen zwischen 1987 und 2010 ein Gerät mit ICD-Schockfunktion (also 1-, 2- und 3-Kammer-ICD) implantiert wurde, erfasst und Basisdaten wie der Grund der ICD-Therapie, das Alter, die myokardiale Pumpfunktion usw. erhoben, insgesamt umfasst die ICD Ambulanz eine Kartei von 1535 ICD Patienten. Nach der Implantation des ersten ICD trat bei 411 Patienten, also knapp einem Drittel, eine potentiell lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung auf, die vom ICD mit einem Elektroschock behandelt wurde. Nach durchschnittlich knapp 5 Jahren war die Batterie bei 402 der verbleibenden 1124 Patienten, die bisher keinen ICD Schock erlebt hatten, erschöpft und das Aggregat wurde ausgetauscht. Von diesen 402 Patienten erlitt nur noch etwa jeder Achte (insgesamt 52 Patienten) eine potentiell lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung, die mit einem ICD Schock behandelt wurde. Von den verbleibenden 350 Patienten, die bisher keinen ICD Schock erlebt hatten, war bei 91 nach durchschnittlich 4 Jahren ein zweiter Aggregatwechsel notwendig: Mit dem dritten ICD erhielt wiederum jeder achte Patient (insgesamt 13 Patienten) einen adäquaten Schock. Es fand sich dabei ein Trend, dass bei diesen 13 Patienten der Anteil primärprophylaktischer ICD geringer war also bei den übrigen 78, statistische Signifikanz wurde aber nicht erreicht (8 % vs. 32 %, P=0,10). Nach weiteren 4 Jahren war bei 19 dieser 78 Patienten ein dritter Aggregatwechsel notwendig, nach nunmehr also durchschnittlich etwa 13 Jahren Therapie mit einem ICD ohne eine einzige adäquate Schockabgabe trat diese noch bei einem Patienten (5%) auf.

Fazit: Aus der Tatsache, dass bis zum Zeitpunkt der Batterieschöpfung eines ICD keine adäquaten ICD Schocks abgegeben wurden, kann nicht geschlossen werden, dass auch in der Zukunft bei diesem Patienten keine lebensrettenden Therapien durch den ICD zu erwarten sind, selbst wenn der Patient schon mehr als einen ICD erhalten hat. Das gilt auch für Patienten mit primärprophylaktischer ICD Indikation.

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