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Die Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern nach koronarer Stentimplantation: Einjahresdaten der AFCAS-Studie (Atrial Fibrillation undergoing Coronary Artery Stenting)

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Prof. Dr. med. Axel Schlitt, et al., Halle-Wittenberg

Die Behandlung von Patienten mit Indikation zur oralen Antikoagulation, die nach einer perkutanen Koronarintervention mit Stentimplantation (PCI-S) eine zusätzliche Thrombozytenaggregationshemmung benötigen, stellt den Behandelnden vor das Problem, zwischen Blutungskomplikationen auf der einen Seite und der Gefahr von thromboembolischen Komplikationen auf der anderen Seite abzuwägen.

Obwohl die Evidenz hinsichtlich dieser Therapie schwach ist, empfehlen die geltenden Leitlinien in dieser Situation die sogenannte Triple-Therapie (TT), d.h. die Kombination von Vitamin K-Antagonisten (VKA), Aspirin und Clopidogrel, wenn das Thromboembolierisiko mäßig bis hoch ist (CHA2DS2VASC Score ≥ 2) und die duale Thrombozytenaggregationshemmung mit Aspirin und Clopidogrel (Duale Antiplättchentherapie = DAPT), wenn das thromboembolische Risiko gering ist (CHA2DS2VASC Score < 1). Für Patienten mit intermediärem Risiko (CHA2DS2VASC Score = 1) ist ein individualisiertes Vorgehen anzustreben und immer sollte das Blutungsrisiko anhand des HASBLED-Scores in die therapeutischen Überlegungen mit aufgenommen werden. Die einzige prospektive, randomisierte Studie zu diesem Thema, die bis dato nur als Kongresspräsentation auf dem Jahreskongress der European Society of Cardiology 2012 vorgestellt worden ist (WOEST Studie), stellt diese Empfehlungen in Frage, da eine vergleichbare Wirksamkeit und höhere Sicherheit bei der Kombination von VKA und Clopidogrel im Vergleich zur TT auch bei hohem thromboembolischen Risiko gezeigt werden konnte. Auf diesem Hintergrund sind die Einjahresdaten der AFCAS-Studie, die im Folgenden vorgestellt werden, von besonderem Interesse. AFCAS ist eine, multizentrische, prospektive Registerstudie, die Patienten mit AF, die sich einer PCI-S unterziehen mussten, rekrutierte (Clinicaltrials.gov identifier NCT00596570). Einschlusskriterien waren ein vorbekanntes oder erstmalig diagnostiziertes AF sowie die Durchführung einer PCI-S im aktuellen Krankenhausaufenthalt. Bei jedem teilnehmenden Zentrum wurden die Patienten nach schriftlichem Einverständnis zur Teilnahme an der Studie entsprechend den lokalen Standards behandelt und für zwölf Monate nachbeobachtet. Der primäre Endpunkt war ein kombinierter Endpunkt aus kardialen und zerebrovaskulären Ereignissen (MACCE) einschließlich Mortalität jedweder Ursache, Myokardinfarkt, erneute Koronarrevaskularisation, Stentthrombose, TIA, Schlaganfall, oder andere arterielle Embolien. Sekundärer Sicherheitsendpunkt waren Blutungskomplikationen entsprechend der BARC-Definition. Von den 1.001 konsekutiv rekrutierten Patienten, die zwischen Oktober 2008 und August 2010 in 17 Institutionen in 5 europäischen Ländern rekrutiert worden waren, waren Daten von insgesamt 975 Patienten auswertbar. Für die aktuelle Analyse waren 22 Patienten nicht einbezogen, da sie eine gerinnungshemmende Therapie mit nur einem Antikoagulans oder einem Thrombozytenaggregationshemmer bei Entlassung erhalten hatten. 16 Patienten (2%), die mit der Kombination aus Vitamin K-Antagonist (VKA) und ASS entlassen worden waren, sind ebenfalls aufgrund der kleinen Anzahl von Patienten in dieser Gruppe nicht in die Vergleichsanalysen eingeschlossen worden. Das mittlere Alter der verbleibenden 937 Patienten betrug 73 ± 8 Jahre, der Großteil der Patienten war männlich (70%). TT wurde 695 Patienten (73%), DAPT 166 (17%) und die Kombination aus VKA und Clopidogrel 76 (8%) der Fälle bei Entlassung empfohlen. Die kumulierten Kaplan-Meier-Analysen der Freiheit von MACCE im Vergleich der antithrombotischen Medikamentenregime bei Entlassung ist in Abbildung 1 dargestellt. Hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit der verschiedenen, bei Entlassung empfohlenen Therapieschemata zeigte sich im Verlauf von 12 Monaten kein signifikanter Unterschied hinsichtlich thromboembolischer Ereignisse (p = 0,271). Zu beachten ist jedoch, dass in der kleinen Gruppe der mit VKA und Clopidogrel entlassenen Patienten die Inzidenz von MACCE numerisch niedriger als in den anderen Gruppen war. Weiterhin waren schwere Blutungen in der Gruppe unter VKA und Clopidogrel nicht aufgetreten, während unter TT in 5,3% der Fälle und unter DAPT in 5,4% der Fälle schwere Blutungen auftraten (p = 0,12). Auffällig war weiterhin, dass 23 (62%) der 37 schweren Blutungen in der Gruppe der unter TT entlassenen Patienten eben unter dieser Therapie auftrat. In der Gruppe der unter DAPT entlassenen Patienten hatten sich alle neun der schwerwiegenden Blutungen unter DAPT ereignet (Tabelle 1). Schlussfolgerung

In dieser prospektiv und multizentrisch rekrutierten Population europäischer Patienten mit Vorhofflimmern nach perkutaner Koronarintervention mit Stentimplantation war das Auftreten von MACCE im Vergleich der gerinnungshemmenden Behandlungsschemata Triple-Therapie vs. DAPT vs. VKA und Clopidogrel nicht signifikant unterschiedlich. Auch wenn es numerisch zu weniger schwerwiegenden Ereignissen unter der Therapie mit VKA und

Clopidogrel kam, lässt die geringe Anzahl der Patienten (n = 78) in dieser Gruppe und das Studiendesign keine Schlussfolgerung hinsichtlich einer potentiellen Überlegenheit dieses Therapieregimes gegenüber TT oder DAPT zu, auch wenn dies in der bis dato nicht als Originalarbeit publizierten WOEST-Studie gezeigt worden ist.

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