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Pressemitteilung DGK

Intrakoronare Stammzellgabe nach Myokardinfarkt – Langzeitresultate einer randomisierten, Placebo-kontrollierten Doppelblindstudie

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Prof. Dr. Jochen Wöhrle, Ulm

Die Applikation von Stammzellen über das Herzkranzgefäß nach akutem Myokardinfarkt ist ein interessanter Therapieansatz, um die Pumpfunktion und das Remodeling des linken Ventrikels zu verbessern und hierdurch den Patienten langfristig einen klinischen Benefit zu bieten. Ein Effekt könnte sich hierbei bereits in den ersten Monaten nach Gabe der Stammzellen oder aber auch erst im späteren Verlauf zeigen. Bisherige Studien mit Stammzellen nach Myokardinfarkt haben kontroverse Resultate in Bezug auf eine Verbesserung der linksventrikulären Pumpfunktion ergeben. Zudem sind Langzeitbeobachtungen mittels der kardialen Magnetresonanztomografie später als zwölf Monate nach Stammzellgabe eine Rarität. Hierbei ist die kardiale Magnetresonanztomografie (MRT) eine optimale Methode zur Beurteilung von Pumpfunktion, Volumina und Narbengröße, um innovative Therapieformen zu beurteilen.

In einer randomisierten, Placebo-kontrollierten Doppelblindstudie haben wir den Effekt einer intrakoronaren Stammzellgabe (Ficoll-Präparation) nach akutem Myokardinfarkt mittels seriellen MRT-Studien (1,5 Tesla) untersucht. Ein MRT wurde hierbei vor der Behandlung, als auch nach einem, drei, sechs, zwölf, 24 und 36 Monaten durchgeführt. Am Universitätsklinikum Ulm wurden hierzu 42 Patienten mit großen Myokardinfarkten und einer erfolgreichen Revaskularisation mit Stentimplantation später als sechs Stunden nach Schmerzbeginn eingeschlossen. Da nach sechs Monaten kein Vorteil der Stammzelltherapie in Bezug auf eine Verbesserung der Pumpfunktion gezeigt werden konnte, durften entsprechend dem Ethikvotum keine weiteren Patienten inkludiert werden. Die 42 eingeschlossenen Patienten wurden über 36 Monate doppelblind weiter nachverfolgt. Die Randomisierung erfolgte im Verhältnis 2:1 zu Gunsten der Stammzelltherapie versus Placebogabe. Das Placebopräparat war hierbei optisch nicht von dem Stammzellpräparat zu unterscheiden. Die Entnahme (Aspiration aus dem Knochenmark) und Gabe der Stammzellen war für den Tag 5 bis 7 nach Myokardinfarkt geplant, zum bislang als optimal erachteten Zeitpunkt. Es wurde eine hohe mononukleäre Zellzahl mit 381*106 im Mittel 6,7 Tage nach Myokardinfarkt in das Herzkranzgefäß mittels Stop-Flow-Technik appliziert. Die Patienten wurden über die nachfolgenden 36 Monate medikamentös optimal therapiert mit dualer Plättchenhemmung für zwölf Monate und über den Nachbeobachtungszeitraum optimierter Dosisanpassung für die Therapie mit einem Beta-Blocker, ACE-Hemmer oder A2-Rezeptorantagonist plus Statin.

 Für alle sieben MRT-Untersuchungen zeigten sich keine Unterschiede zwischen der Verumgruppe und der Placebogruppe in Bezug auf die linksventrikuläre Pumpfunktion (Ejektionsfraktion), das enddiastolische Volumen, das endsystolische Volumen und die Infarktgröße in Relation zur linksventrikulären Muskelmasse. Vom Basis-MRT bis zum MRT nach 36 Monaten veränderte sich die Pumpfunktion in der Placebogruppe von 55,7±9,4% auf 59,4±9,6% und in der Stammzellgruppe von 53,5±9,3% auf 54,0±9,9%. Darüber hinaus zeigte sich auch kein Unterschied in der Differenz der Ejektionsfraktion, des enddiastolischen und endsystolischen Volumens zwischen den sechs Follow-up-MRTs und dem Basis-MRT vor der Studientherapie. Der enddiastolische Volumenindex des linken Ventrikels reduzierte sich innerhalb von 36 Monaten in der Placebogruppe um im Mittel 3,5ml/m² und in der Stammzellgruppe um 1,8ml/m². Interessanterweise zeigte sich in beiden Gruppen ein kontinuierlicher signifikanter Rückgang der Infarktgröße. Die Infarktgröße in Relation zur Muskelmasse des linken Ventrikels war vor der Studientherapie nicht verschieden mit im Mittel 28,0% für die Placebogruppe und 27,7% in der Stammzellgruppe, welche nach 36 Monaten mit 13,3% versus 12,7% jeweils signifikant geringer waren.

 In dieser randomisierten Doppelblindstudie konnten wir weder früh noch spät bis 36 Monate nach Studientherapie einen positiven Effekt für die Stammzelltherapie mit mononukleären Zellen aus dem Knochenmark aufzeigen. Die Änderungen der linksventrikulären Pumpfunktion und Volumina waren statistisch gesehen vergleichbar. Es zeigte sich über den Nachbeobachtungszeitraum hinweg ein kontinuierlicher Rückgang der Infarktgröße in Relation zur linksventrikulären Muskelmasse.