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Biomarker Troponin: Rasche und sichere Herzinfarkt-Diagnose – Neue Möglichkeiten der Risikoabschätzung und Therapiekontrolle bei anderen Herzerkrankungen

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Zu den wichtigen Innovationen der Herz-Kreislaufmedizin gehören Biomarker – ein Gebiet, das sich besonders dynamisch entwickelt. Sie können die zuverlässige Diagnose beim Herzinfarkt noch rascher und sicherer machen, und zu einer zielgenaueren Therapie beitragen. Fortschritte bringt hochsensitives Troponin auch für die Entdeckung von Herzmuskelschädigungen, die nicht auf einen Infarkt zurückgehen. Neueste Daten zeigen, dass das diagnostische Potenzial von Troponin noch nicht ausgeschöpft ist.

Düsseldorf/Berlin, 5. Oktober 2016 – „Es liegen immer mehr Daten vor, die zeigen, welchen Wert Biomarker für die kardiologische Praxis entfalten können, wenn sie mit höchster Spezifität und Sensitivität eine Schädigung des Herzmuskels anzeigen“, betonte Prof. Dr. Hugo Katus, Universitätsklinikum Heidelberg, heute bei einer Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). „Der Biomarker Troponin, der als eine Methode zur Verbesserung der Herzinfarktdiagnostik startete, hat zu einem regelrechten Paradigmenwechsel in der Herzmedizin geführt. Neue Daten zeigen, dass sein diagnostisches Potential noch nicht ausgeschöpft ist“, so der zukünftige Präsident der DGK. 

Troponin veränderte die Praxis der Herzmedizin 

Biomarker sind körpereigene Moleküle, zum Beispiel Proteine, Peptide, Metabolite oder Chemokine, die im Rahmen eines Krankheitsprozesses vermehrt gebildet werden oder neu entstehen. In anderen Fällen, zum Beispiel bei Infarktmarkern, werden sie durch Schädigung der Zellmembran aus Zellen freigesetzt. „Biomarker können also, sofern sie spezifisch einen Krankheitsprozess anzeigen und Testsysteme mit ausreichender analytischer Qualität verfügbar sind, für die Diagnostik und Prognose von Erkrankungen angewendet werden“, so Prof. Katus.

Der Biomarker Troponin (T und I) hat weltweit die Praxis der Herzmedizin verändert, ist heute fester Bestandteil der Leitlinien und gilt als Paradebeispiel dafür, was Biomarker leisten können. Seit Prof. Katus und Mitarbeiter 1987 den Troponin T Assay erfunden und entwickelt haben, wurden die Testsysteme kontinuierlich verbessert. Prof. Katus: „Durch neueste Entwicklungen und weiter optimierte Testsysteme können die Troponine nun mit sehr hoher Empfindlichkeit im Blut nachgewiesen werden. Diese hochsensitiven Tests eröffnen eine neue Dimension in der Erkennung von Krankheits- und Umbauprozessen des Herzens und verändern nachhaltig die Diagnostik des Herzinfarkts und der Herzmuskelschädigungen.“

Noch schnellerer Ausschluss eines Herzinfarkts

Mit den hochsensitiven Assays können nun auch Blutwerte von Troponin T und I unterhalb der bisher genutzten Grenzwerte gemessen werden. „Überzeugende Daten aus mehreren neueren Studien belegen, dass die Beurteilung von Troponinwerten, die sich noch im Normalbereich bewegen, die Triage von Patienten mit Herzinfarktverdacht erheblich beschleunigt“, so Prof. Katus. Werden bei Patienten mit Herzinfarktverdacht bei der Aufnahmetestung und der Kontrolle nach einer Stunde Werte von Troponin im unteren Normbereich gefunden (für Troponin T <5ng/L), kann bereits nach dieser kurzen Beobachtungszeit ein akuter Herzinfarkt mit hoher Sicherheit ausgeschlossen werden. „Durch diesen diagnostischen Ein-Stunden-Algorithmus können 25 bis 40 Prozent aller Patienten mit akutem Brustschmerz innerhalb einer Stunde mit der Diagnose Infarktausschluss von der Notaufnahme entlassen werden“, so Prof. Katus. „Diese Patienten mit Thoraxschmerz, aber Werten von Troponin T oder I im unteren Normbereich, haben auch kurz- und mittelfristig ein sehr niedriges kardiales Risiko: Ihre Mortalität liegt in den nächsten 30 Tagen, sechs Monaten und zwei Jahren bei 0,1, 0,8 und 1,2 Prozent.“

Diese neuen Befunde haben zu einer Änderung der Leilinien geführt, die nunmehr die Verwendung des Ein-Stunden-Algorithmus – statt einer neuerlichen Tropinin-Messung drei Stunden nach der Aufnahme – zum Infarktausschluss. Allerdings gilt diese Empfehlung nur für hochsensitive Troponin-Assays.

Auch ohne Infarkt: Verringerte Lebenserwartung bei erhöhtem Troponin 

Die Daten aus diesen Studien belegen allerdings auch, dass bei Patienten mit Infarktverdacht nicht nur ein eindeutig erhöhter Troponinwert über dem empfohlenen oberen Normwert (für Troponin T >14ng/L), sondern auch schon messbare Troponinwerte im oberen Normbereich (für Troponin T 6 bis 12ng/L), unabhängig von der Entlassungsdiagnose, mit einem deutlich erhöhten kardialen Risiko assoziiert sind. „Die Mortalität nach zwei Jahren beträgt bei ihnen 15 Prozent gegenüber 1,2 Prozent bei niedrigen Troponinwerten“, so Prof. Katus. „Dies bestätigt Befunde aus früheren Untersuchungen. Demnach ist jede Freisetzung von Troponin bei Patienten mit Thoraxschmerz, unabhängig vom Vorliegen von EKG-Veränderungen, ein schlechtes Zeichen, betroffene Patienten haben eine eindeutig verringerte Lebenserwartung.“

Wichtige Hinweise liefern die Troponin-Werte auch für die Wahl der Therapie, so Prof. Katus: „Patienten mit einem Troponinwert über 14ng/L weisen eine hohe Herzinfarktrate und schlechte Prognose auf, mit einer Mortalität von 2,7 Prozent nach 30 Tagen und 13 Prozent nach zwei Jahren. Diese troponinpositiven NSTEMI-Patienten profitieren von einer Koronarintervention, die Risikoreduktion für Tod und Myokardinfarkt durch die Behandlung nach einem Jahr beträgt 39 Prozent. Patienten mit instabiler Angina, also nicht erhöhten Troponinwerten, erleiden hingegen durch die Koronarintervention sogar mehr Infarkte.“

Mehr Herzinfarkt-Diagnosen – auch bei Patienten ohne kritische Verengung an den Herzkranzgefäßen

Durch die hochsensitiven Troponin-Tests werden Herzinfarkte nicht nur rascher, sondern auch öfter diagnostiziert: Bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom werden um 20 Prozent mehr Fälle von Herzinfarkt und entsprechend weniger Fälle von instabiler Angina festgestellt als mit den normalen Troponin-Tests. Prof. Katus: „Die so entdeckten Mikroinfarkte sind riskant und müssen entsprechend behandelt werden. Wie in verschiedenen Studien gezeigt wurde, profitieren Patienten auch bei sehr geringer Myokardschädigung von einer aggressiveren Plättchenhemmung und einer Koronarintervention.“

Allerdings können die hochsensitiven Tests auch zur Verwirrung beitragen, gibt Prof. Katus zu bedenken: „Bei 20 bis 30 Prozent der Herzinfarktpatienten, die durch die gängigen Infarktkriterien diagnostiziert werden, finden sich überraschenderweise in der akut durchgeführten Herzkatheter-Untersuchung an den Herzkranzgefäßen weder kritische Stenosen noch Verschlüsse.“

Wird kein okkludierender Thrombus als Infarktursache gefunden, so wird dies als Typ 2-Myokardinfarkt klassifiziert. Typ 2-Myokardinfarkte finden sich sehr häufig bei kritisch kranken Patienten auf der Intensivstation. Die Prognose dieser Patienten ist deutlich schlechter als die der Patienten mit einem typischen, durch okkludierenden Thrombus verursachten, Typ 1-Infarkt. „Leider gibt es bis heute noch keine standardisierten Therapieempfehlungen für die Typ 2-Herzinfarkte, die mit den neuen Troponin-Tests sehr häufig diagnostiziert werden“, so Prof. Katus. 

Erhöhte Tropinin-Werte ohne Herzinfarkt: Gefährliche Herzmuskelschädigungen 

Da Troponin durch jede Form der Herzmuskelschädigung freigesetzt werden kann, gibt es auch Troponin-Erhöhungen, die nicht durch einen Herzinfarkt entstehen. „Häufig findet sich in diesen Fällen keine eindeutige zeitabhängige Konzentrationsveränderung von Troponin im Blut, sondern eine nahezu konstante Erhöhung des Troponin über lange Zeiträume“, erklärt Prof. Katus. „Die Diagnose Myokardschaden ist sehr wichtig, da sie mit einem hohen kardialen Risiko vergesellschaftet ist.“

Eine solche Herzmuskelschädigung kann bei unterschiedlichen Patientengruppen diagnostiziert werden: etwa bei Personen mit akuten nicht-ischämischen kardialen Erkrankungen wie Herzmuskelentzündungen, oder bei Patienten mit vermeintlich stabiler chronischen kardialer Erkrankungen wie einer chronischen Herzinsuffizienz, stabilen koronaren Herzkrankheit, chronischem Vorhofflimmern oder kompensierten Herzklappenerkrankungen. „Erhöhte Troponin-Werte bei Patienten mit chronischen, vermeintlich stabilen, kardialen Erkrankungen sind mit einer hohen kardialen Ereignisrate assoziiert“, so Prof. Katus. „Diese Einsicht eröffnet völlig neue Möglichkeiten der Risikostratifizierung und Therapiekontrolle.“

Erhöhte Troponin-Werte können aber auch auf Myokardschädigungen bei Patienten mit akuten oder chronischen nicht-kardialen Erkrankungen hinweisen: etwa bei Pneumonie, COPD, Niereninsuffizienz, Lungenhochdruck, Chemotherapie oder Vasculitis-Syndromen. „Unabhängig von der Ursache der Herzmuskelschädigung ist bei diesen Erkrankungen eine Beteiligung des Herzens, erkennbar an den Troponin-Erhöhungen im Blut, regelhaft mit einer erhöhten Mortalität von bis zu 40 Prozent im ersten Jahr assoziiert.“

Troponin-Werte im Blut haben sich darüber hinaus auch als Prädiktoren für das kardiovaskuläre und Sterblichkeits-Risiko in Risikogruppen oder auch bei vermeintlich gesunden Probanden erwiesen, so Prof. Katus: „Die Wertigkeit von Troponin für die Abschätzung des Herzrisikos blieb auch nach Adjustierung für die klinisch etablierten Risikofaktoren bestehen.“

 

Quellen: Abu Sharar H et al. Coronary angiography-related myocardial injury as detected by high-sensitivity cardiac troponin T assay. EuroIntervention. 2016 Jun 20;12(3):337-44; Beatty AL et al. High-sensitivity cardiac troponin T levels and secondary events in outpatients with coronary heart disease from the Heart and Soul Study. JAMA Intern Med. 2013 May 13;173(9):763-9; Biener M et al. Prognostic value of elevated high-sensitivity cardiac troponin T levels in a low risk outpatient population with cardiovascular disease. Eur Heart J Acute Cardiovasc Care. 2015; Giannitsis E, Katus HA. Off limits: highly sensitive troponin in the general population. Eur Heart J. 2016 Aug 7;37(30):2438-40; Giannitsis E et al. Outcomes after planned invasive or conservative treatment strategy in patients with non-ST-elevation acute coronary syndrome and a normal value of high sensitivity troponin at randomisation: A Platelet Inhibition and Patient Outcomes (PLATO) trial biomarker substudy. Eur Heart J Acute Cardiovasc Care. 2016; Hijazi Z et al. High-sensitivity troponin I for risk assessment in patients with atrial fibrillation: insights from the Apixaban for Reduction in Stroke and other Thromboembolic Events in Atrial Fibrillation (ARISTOTLE) trial. Circulation. 2014 Feb 11;129(6):625-34; Mueller C et al. Multicenter Evaluation of a 0-Hour/1-Hour Algorithm in the Diagnosis of Myocardial Infarction With High-Sensitivity Cardiac Troponin T. Ann Emerg Med. 2016 Jul;68(1):76-87.e4; Neumann JT et al. Diagnosis of Myocardial Infarction Using a High-Sensitivity Troponin I 1-Hour Algorithm. JAMA Cardiol. 2016;1(4):397-404;  Omland T et al. Prognostic value of cardiac troponin I measured with a highly sensitive assay in patients with stable coronary artery disease. Am Coll Cardiol. 2013 Mar 26;61(12):1240-9; Paz-Ares LG et al. PARAMOUNT: Final overall survival results of the phase III study of maintenance pemetrexed versus placebo immediately after induction treatment with pemetrexed plus cisplatin for advanced nonsquamous non-small-cell lung cancer. J Clin Oncol. 2013; Reichlin T et al. Early release of high-sensitive cardiac troponin during complex catheter ablation for ventricular tachycardia and atrial fibrillation. Interv Card Electrophysiol. 2016 Mar 12. [Epub ahead of print]; Roffi M et al. 2015 ESC Guidelines for the management of acute coronary syndromes in patients presenting without persistent ST-segment elevation: Task Force for the Management of Acute Coronary Syndromes in Patients Presenting without Persistent ST-Segment Elevation of the European Society of Cardiology (ESC). Eur Heart J. 2015 Aug 29. doi: 10.1093/eurheartj/ehv320; Velders MA et al. Biomarkers for risk stratification of patients with ST-elevation myocardial infarction treated with primary percutaneous coronary intervention: Insights from the Platelet Inhibition and Patient Outcomes trial. PLATO Investigators. Am Heart J. 2015 Jun;169(6):879-889.

 

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