Genderspezifische Ergebnisse der chirurgischen Vorhofflimmerablation: Einblicke in das Deutsche Case-AF Register (CArdioSurgEry-AF Register)
Abdruck frei nur mit Quellenhinweis
Pressetext als PDF - gegebenenfalls mit Bildmaterial
Monique Schermer, Asklepios Klinikum Hamburg-Harburg
Hintergrund
Gendermedizin gewinnt seit Ende der 1980er Jahre zunehmend Bedeutung in der Betrachtung wissenschaftlicher Ergebnisse in der Forschung. Bereits zum Zeitpunkt der Etablierung der geschlechtsspezifischen Medizin fielen im Bereich der kardiovaskulären Medizin Unterschiede in der Behandlung männlicher und weiblicher Patienten auf. Aufgrund der medizinischen Weiterentwicklung in diesem Bereich konnten zahlreiche neue Erkenntnisse gewonnen werden. Auch in der Herzchirurgie nimmt die Bedeutung der genderspezifischen Therapien und Behandlungserfolge zu.
Vorhofflimmern stellt die häufigste Herzrhythmusstörung des Menschen dar. Schätzungsweise 2% der Bevölkerung sind betroffen. Die Häufigkeit steigt exponentiell mit dem Lebensalter, sodass bei über 65-jährigen 5% und bei über 80-jährigen bis zu 20% betroffen sind. Die Behandlung des Vorhofflimmerns besteht aus verschiedenen Komponenten. Neben der Minimierung der Entstehungsfaktoren des Vorhofflimmerns („life-style“, kardiovaskuläre Risikofaktoren), erfolgt eine Behandlung durch medikamentöse, interventionelle oder kardiochirurgische Therapieformen.
Genderunterschiede auch bei kardiochirurgischer Behandlung von Vorhofflimmern?
Im Bereich der interventionellen Katheterbehandlung von Vorhofflimmern konnten bereits ausgewiesene Unterschiede hinsichtlich der Ergebnisse, sowie Risiken, zwischen Männern und Frauen aufgezeigt werden. Vorhofflimmern zeigt sich in der Symptomatik bei Frauen ausgeprägter und ist mit einer eingeschränkteren Prognose assoziiert. Trotz der Vielzahl an etablierten Behandlungsmethoden, erschienen Frauen bisher in großen multizentrischen Studien unterrepräsentiert. Ziel der vorgestellten Untersuchung ist es, mithilfe der Ergebnisse eines großen nationalen kardiochirurgischen Registers, dem CASE-AF (CArdio SurgEry- Atrial Fibrillation) Register, mögliche geschlechtsspezifische Unterschiede nach einer kardiochirurgischen Behandlung von Vorhofflimmern aufzuzeigen.
Das prospektive CASE-AF-Register
Das deutsche multizentrische CASE-AF-Register wurde 2017 unter dem Dach der Stiftung Institut für Herzinfarktforschung (IHF) zur Langzeitbeobachtung operativ herzchirurgisch vorhofflimmerabladierter Patienten etabliert. In ganz Deutschland sollen 1000 Patienten prospektiv in das Register eingeschlossen werden, zu dem 17 deutsche Zentren Daten beisteuern. Die Zusammenführung und Supervision der Daten erfolgt durch die Stiftung IHF (Direktor: Prof. Dr. Jochen M. Senges). In die vorgestellte Analyse wurden patientenbezogene Basischarakteristika sowie periprozedurale Parameter und der postoperative Verlauf bis zum Zeitpunkt der Krankenhausentlassung einbezogen. Zum momentanen Zeitpunkt wurden 762 Patienten des CASE-AF-Registers analysiert. Davon waren 233 weiblich und 529 männlich.
Männer (M) zeigten zum Zeitpunkt der Ablation eine höhere Prävalenz an koronarer Herzerkrankung, stattgehabtem Myokardinfarkt und obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom.
Ergebnisse der Analyse
Ein Altersunterschied bestand zum Zeitpunkt der Operation nicht wohingegen Frauen eine höhere Prävalenz an paroxysmalem, sogenanntem anfallsartigem Vorhofflimmern aufwiesen (F: 62%, M:50,4%, p <0,01). Die angewandten Linienkonzepte der Ablation zur Behandlung des Vorhofflimmerns unterschieden sich innerhalb der Gruppen nicht. Bei der gewählten Energiequelle zeigte sich hingegen ein signifikanter Unterschied. Bei Frauen wurde häufiger eine Ablation mittels Kälteenergie („Cryoablation“ (F. 49,5%, M: 39,9%, p<0,05) und bei Männern häufiger eine Radiofrequenzabaltion (F: 51%, M: 62,4%, p<0,01) durchgeführt. Grund hierfür ist, dass Frauen häufiger eine Ablation im Rahmen einer Klappenoperation erhielten, bei denen die Herzhöhlen eröffnet wurden und somit eine endokardiale Ablation erfolgen konnte.
Bei den postprozeduralen schweren Komplikationen zeigte sich kein genderspezifischer Unterschied (F:3,2%, M:1,8%, p=0,26). In Bezug auf die moderaten Komplikationen hingegen wiesen Frauen eine höhere Rate an drittgradigen AV- Blockierungen auf (F: 6,3%, M: 2,8%, p <0,05), ebenfalls hervorgerufen durch die hohe Anzahl an Klappenoperationen, bei denen bekanntermaßen eine erhöhte Rate an postoperativen Überleitungsstörungen zu verzeichnen ist. Dies hatte allerdings keinen Einfluss auf die Rate der postoperativ neuimplantierten Schrittmacher (F: 10,4%, M: 12,4%, p= 0,45). Die stationäre Behandlungsdauer zeigte sich in der weiblichen Kohorte mit einem Tag im Mittel erhöht (Median: F: 13d, M: 12d, p<0,05).
Hinsichtlich der gerinnungshemmenden Medikation zeigte sich zum Entlassungszeitpunkt eine häufigere Anwendung von Vitamin-K-Antagonisten bei Frauen (F: 56,9 %, M: 42,5 %, p<0,001), wohingegen Männer deutlich häufiger mit direkten oralen Antikoagulantien versorgt wurden (F: 32 %, M: 42,2 %, p<0,01). Auch dieses durch die höhere Rate an Klappenoperationen zu erklären. Sowohl hinsichtlich der Etablierung eines Sinusrhythmus zum Zeitpunkt der Entlassung (F:66,2 %, M:62 %, p=0,29), als auch hinsichtlich der Mortalität (F:1,8 %, M:1,8 %, p=0,98) konnte kein geschlechtsspezifischer Unterschied aufgezeigt werden.
Zusammenfassend konnte die vorliegende Registerstudie Unterschiede in den geschlechtsspezifischen Risikoprofilen und damit vergesellschaftet höheren moderaten Komplikationsraten für das weibliche Geschlecht aufzeigen. Lediglich ein Drittel der mit chirurgischer Vorhofflimmerablation behandelten Patienten waren Frauen.