Einführung eines Herzinsuffizienz-Managements bei präoperativen Patient:innen – Machbarkeit und erste Ergebnisse einer Pilotstudie
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Dr. Ester Herrmann und Dr. Birgit Aßmus, Gießen
Hintergrund
Ältere Menschen benötigen etwa viermal häufiger eine geplante nicht-herzchirurgische Operation, wie zum Beispiel eine Knie-, Hüft- oder Prostataoperation, als jüngere Menschen1,2. Näherungsweise wird sich jeder Vierte bis 2030 einer elektiven nicht-herzchirurgischen Operation unterziehen. Durch das zunehmende Alter unserer Bevölkerung steigt aber die Anzahl an Komorbiditäten wie Herz- und Nierenerkrankungen, und mit der Zunahme an Begleiterkrankungen steigt auch das Risiko für Komplikationen während und nach einer Operation für Patient:Innen. Im Mittel liegt das Komplikationsrisiko bei 7-11 %3. Die häufigsten Komplikationen, die während einer nicht-herzchirurgischen Operation auftreten können, sind kardiovaskuläre und kardiale Komplikationen. Das Risiko bei einer nicht-herzchirurgischen Operation zu versterben beträgt 0,8 – 1,5 %3. Fast die Hälfte der Todesfälle (42 %) beruht auf kardiale Komplikationen4, und insbesondere Patient:innen mit einer vorhandenen Herzinsuffizienz weisen ein stark erhöhtes Risiko für Komplikationen während und nach einer Operation auf5.
Ziel
Das Ziel dieser Studie war zu untersuchen, ob ein zusätzliches Herzinsuffizienz-Management im Vergleich zur Standardtherapie Herzinsuffizienz-assoziierte Komplikationen von Patient:innen mit bekannter Herzinsuffizienz reduzieren kann, welche sich einer elektiven stationären nicht-herzchirurgischen Operation unterziehen.
Methoden
Patient:innen mit V.a. Herzinsuffizienz oder bekannter Herzinsuffizienz ab funktionellem NYHA Stadium II und geplanter stationärer nicht-herzchirurgischer Operation wurden durch die chirurgischen oder anästhesiologischen Kollegen in unsere kardiologische Ambulanz zur weiteren Abklärung überwiesen. Lag eine Herzinsuffizienz vor (LVEF ≤ 40 % oder > 40 % und ab NYHA Klasse II oder erhöhter NT-proBNP-Spiegel), so wurden Patient:innen nach schriftlichem Einverständnis direkt vor der Operation entweder zur Standardtherapie oder zum Herzinsuffizienz-Management randomisiert.
In der Standardtherapiegruppe wurde nach der Operation die stationäre Behandlung wie üblich durch die behandelnden Chirurg:innen geführt, wobei Kardiolog:innen jederzeit konsiliarisch hinzugezogen werden konnten. In der Herzinsuffizienz-Management-Gruppe wurden nach der Operation durch eine spezialisierte Herzinsuffizienz-Pflegefachkraft an Werktagen zusätzliche Visiten durchgeführt, wenn notwendig auch begleitet durch Kardiolog:innen mit Herzinsuffizienz-Schwerpunkt.
Der primäre Endpunkt war ein kombinierter Endpunkt, bestehend aus den Ereignissen Wiederaufnahme auf der Intensivstation, Notwendigkeit einer inotropen Therapie, Pleuraerguss mit Notwendigkeit der Pleurapunktion, ein röntgenologisch bestätigtes Lungenödem, Einsatz von Antibiotika bei Pneumonie und Notwendigkeit einer Beatmung. Zusätzlich wurde die Lebensqualität mittels SF-12 Fragebogen erfasst. Die Endpunkte wurden nach 30 Tagen vor Ort oder telefonisch oder über Postversand erhoben.
Ergebnisse
Insgesamt wurden von 346 gescreenten Patient:innen innerhalb von 1,5 Jahren 36 Patient:innen in die Studie eingeschlossen und zur Standardtherapiegruppe (n=18) oder zur Herzinsuffizienz-Management-Gruppe (n=16) randomisiert, wobei zwei Patient:innen das Einverständnis wiederriefen. Aus logistischen Gründen wurde die Studie vorzeitig abgebrochen. Die Patient:innen waren im Mittel 70,6 ± 7,1 Jahre alt und 73,5 % männlich. In der Herzinsuffizienz-Management-Gruppe wurden 88 Visiten durch eine Herzinsuffizienz-Pflegefachkraft durchgeführt. Insgesamt kam es bei 34 Patient:innen mit Herzinsuffizienz zu 10 postoperativen Endpunktereignissen. In der Standtherapiegruppe hatten nach 30 Tagen 6 Patient:innen und in der Herzinsuffizienzprogramm-Gruppe nur 4 Patient:innen eine Komplikation (n. s., Tabelle 1). Zudem war die Dauer auf der Intensivstation mit 3 ± 6,8 Tagen [0 Median [1.5 IQR]) in der Standardtherapiegruppe länger als in der Herzinsuffizienz-Management-Gruppe (0,9 ± 2,8 Tage, 0 Median [0 IQR])) (Abbildung 1). Die stationäre Behandlungsdauer im Krankenhaus lag in der Standardtherapiegruppe bei 13,7 ± 18,3 Tage (13.5 Median [11 IQR]) und in der Herzinsuffizienz-Management-Gruppe bei 18,4 ± 18,3 Tage (13.5 Median [19 IQR]). Tendenziell waren weniger Tage mit Beatmung oder Antibiotikagabe bei Pneumonie in der Herzinsuffizienz-Management-Gruppe notwendig, verglichen mit der Standardtherapiegruppe. Die Lebensqualität war in beiden Gruppen präoperativ deutlich reduziert und zeigte in beiden Gruppen eine leichte Verbesserung nach 30 Tagen (Abbildung 2).
Nach 30 Tagen | |||
Standard-therapie | Herzinsuffizienz-Management | ||
Primärer Endpunkt (kombinierter Endpunkt; n): | 6 | 4 | |
Individuelle Endpunktereignisse | |||
Wiederaufnahme auf der Intensivstation | 0 | 0 | |
inotrope Therapie | 0 | 0 | |
Pleuraerguss mit Notwendigkeit der Punktion | 3 | 2 | |
Röntgenologisch gesichertes Lungenödem | 0 | 0 | |
Antibiotikagabe bei Pneumonie | 1 | 0 | |
Wiederbeginn einer Invasiven/nicht-invasiven Beatmung | 2 | 2 |
Tab. 1: Primärer kombinierter Endpunkt nach 30 Tagen sowie individuelle Endpunktereignisse.
Zusammenfassung und Ausblick
Herzinsuffizienz kann vor einer geplanten nicht-herzchirurgischen Operation einfach diagnostiziert werden, und so Patient:innen mit einem hohen Risiko für Herzinsuffizienz-assoziierte Komplikationen nach einem operativen Eingriff identifizieren. Unsere Daten zeigen, dass grundsätzlich ein Management durch eine auf Herzinsuffizienz-spezialisierte Pflegefachkraft möglich ist. Inwiefern hierdurch Ereignisse reduziert werden können, kann unsere Studie aufgrund der geringen Patientenanzahl und durch den vorzeitigen Studienabbruch nicht beantworten.
Das Folgeprojekt PeriOP-CARE HF wird demnächst multizentrisch und randomisiert ein NT-proBNP-basiertes Screening mit interdisziplinärem und intersektoralem Management von älteren Patient:innen mit Herzinsuffizienz und elektiver nicht-herzchirurgischer Operation evaluieren (gefördert durch den GBA – Innovationsfonds).
Literatur
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- Mangano DT. Perioperative medicine: NHLBI working group deliberations and recommendations. J Cardiothorac Vasc Anesth 2004;18:1–6.
- Haynes AB, Weiser TG, Berry WR, Lipsitz SR, Breizat A-HS, Dellinger EP, Herbosa T, Joseph S, Kibatala PL, Lapitan MCM, Merry AF, Moorthy K, Reznick RK, Taylor B, Gawande AA. A surgical safety checklist to reduce morbidity and mortality in a global N Engl J Med 2009;360:491–499.
- Devereaux PJ, Chan MT V, Alonso-Coello P, Walsh M, Berwanger O, Villar JC, Wang CY, Garutti RI, Jacka MJ, Sigamani A, Srinathan S, Biccard BM, Chow CK, Abraham V, Tiboni M, Pettit S, Szczeklik W, Lurati Buse G, Botto F, Guyatt G, Heels-Ansdell D, Sessler DI, Thorlund K, Garg AX, Mrkobrada M, Thomas S, Rodseth RN, Pearse RM, Thabane L, McQueen MJ, VanHelder T, Bhandari M, Bosch J, Kurz A, Polanczyk C, Malaga G, Nagele P, Manach Y Le, Leuwer M, Yusuf S. Association between postoperative troponin levels and 30-day mortality among patients undergoing noncardiac surgery. JAMA 2012;307:2295–2304.
- Carroll K, Majeed A, Firth C, Gray J. Prevalence and management of coronary heart disease in primary care: population-based cross-sectional study using a disease register. J Public Health Med 2003;25:29–35.
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