LAA Verschluss Langzeitdaten eines Real World Register aus fünf deutschen High Volume Zentren
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Dr. Sven Möbius-Winkler, Jena, Dr. Felix Meincke, Hamburg
Interventioneller Verschluss
Der interventionelle Verschluss des linken Vorhofohrs bei Patienten mit Vorhofflimmern und Indikation zur oralen Antikoagulation wird seit 2009 regulär in Deutschland durchgeführt. Hierdurch soll die Bildung von Blutgerinnseln im linken Vorhofohr, und damit eine Ursache eines durch Blutgerinnsel im Herzen ausgelösten Schlaganfalls, beseitigt werden. Die Therapie stellt eine Alternative zur Standardbehandlung mittels gerinnungshemmender Substanzen dar.
Die Protect AF und Prevail Studien
Die Zulassung der Verschlusssysteme im Jahr 2009 in Deutschland beruhte auf der Protect AF Studie, deren Daten 2009 erstmals vorgestellt worden sind. Hier wurden Patienten mit Vorhofflimmern und Indikation zur oralen Antikoagulation (OAK) randomisiert in eine OAK Gruppe und eine Interventions-Gruppe, welche ein Watchman® Device zum LAA Verschluss erhalten hatte, eingeteilt.
Die Studie konnte an 707 Patienten zeigen, dass der Vorhofohrverschluss mit dem Watchman System genauso effektiv in der Verhinderung von Schlaganfällen, Todesfällen oder systemischer Embolien war, wie die Standardtherapie mittels gerinnungshemmender Substanzen (Warfarin). Allerdings gab es in der Watchman Gruppe bei 7,4 % der Patienten behandlungsbedürftige, prozedurbedingte Komplikationen.
In der Langzeitauswertung der Protect AF Studie, zusammen mit einer zweiten (Prevail) Studie nach fünf Jahren, konnte gezeigt werden, dass auch im Langzeitverlauf das Watchman System gleichwertig in der Verhinderung des oben genannten kombinierten Endpunktes war, jedoch Patienten der Watchman Gruppe signifikant weniger Todesfälle, Hirnblutungen, schwere oder tödliche Schlaganfälle sowie Blutungsereignisse aufwiesen.
Im Unterschied zur aktuellen Leitlinienempfehlung und auch zur Praxis in Deutschland, waren die Patienten in der Protect AF Studie für eine OAK Langzeittherapie geeignet. Die aktuelle Leitlinienempfehlung sieht die Implantation eines Vorhofohrverschluss-Systems nur für Patienten mit Gegenanzeigen für eine Langzeittherapie mit gerinnungshemmenden Substanzen vor, daher ist auch die Implantation eines solchen Systems nur für diese Patientengruppe zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung möglich.
Langzeitdaten des LAA Verschlusses für Patienten mit Kontraindikationen bzw. einer Real- World Kohorte existieren bis dato nicht.
Auswertung der Patientenregister — Real World Kohorte
Daher haben sich fünf deutsche Kliniken (Universitätsklinikum Jena; Herzzentrum Leipzig- Universitätsklinik für Kardiologie; Asklepios Klinik Hamburg St. Georg; Cardiolgicum Hamburg, Regiomed-Klinikum Lichtenfels), welche eine große Anzahl an interventionellen LAA Verschlüssen in der Vergangenheit durchgeführt haben, dazu entschlossen Ihre Patientenregister zusammen auszuwerten.
Insgesamt konnten Datensätze von 1591 Patienten, welche sich in den fünf beteiligten Zentren zwischen 2009 und 2017 einem interventionellen Verschluss des linken Vorhofohrs unterzogen haben, ausgewertet werden. Das mittlere Patientenalter lag bei 73,8 Jahren, 53 % der Patienten waren über 75 Jahre; 38 % der Patienten waren weiblich. Der mittlere CHA2DS2VASC Score, der das Risiko für das Auftreten eines Schlaganfalls abschätzt, war 4,2 Punkte, was einem Hochrisiko-Kollektiv für Schlaganfallrisiko entspricht. Damit lag die erwartete Schlaganfallrate bei ca. 5,03 % pro Jahr für dieses Patientenkollektiv, wenn keine Therapie zur Verhinderung eines Schlaganfalls bestünde. In 80,9 % der Fälle wurde ein Watchman System implantiert, bei den restlichen Patienten wurden andere Systeme, wie Amulet, ACP, Coherex, Lambre oder Watchman FLX, implantiert. Die Komplikationsrate betrug insgesamt 3,01 %.
Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 907 Tage (321 bis 1640). In diesem Zeitraum verstarben 221 Patienten (13,9 %), 33 Patienten verstarben aufgrund kardiovaskulärer Ereignisse (2,1 %), es traten 88 Schlaganfälle oder TIA´s (5,5 %) sowie 8,7 % Blutungsereignisse auf. Die Anzahl der Todesfälle und Blutungsereignisse war auch zwischen den einzelnen Zentren unterschiedlich, die Rate der Schlaganfälle nach Implantation jedoch nicht. Die rechnerische Reduktion der aufgetretenen Schlaganfälle im Vergleich zur erwarteten Schlaganfälle nach dem CHADSVASC Score betrug 60.03 % (5,03 % erwartete Schlaganfälle vs. 2.01 % beobachtet Schlaganfälle pro Jahr).
Ergebnisse
Im Vergleich zu den oben genannten Studien Protect AF und Prevail konnten wir in unserer Real World Kohorte von Patienten, welche mit einem Vorhofohr Verschluss System an fünf deutschen „high-volume“ Zentren versorgt worden sind, eine höhere Mortalität, Schlaganfallrate und Blutungsrate dokumentieren. Grund dafür ist das differente Patientenkollektiv in den randomisierten Studien im Vergleich zur vorliegenden Untersuchung mit Hochrisikopatienten welche, im Gegensatz zu den randomisierten Patienten, überwiegend Kontraindikationen für eine OAK/ NOAK Therapie aufwiesen. Zum Zweiten handelt es sich um ein all- comers- Register, bei dem alle Patienten eingegangen sind, die in den Zentren implantiert wurden. Hier muss bei einer neu eingeführten Behandlungsmethode auch immer die sogenannte Lern- Kurve des Implanteurs mit beachtet werden, die hier in den Real World Daten mit eingegangen ist.
Dennoch kann die Effektivität der Methode mit einer Reduktion der Schlaganfälle zu den erwarteten Schlaganfällen (60 %) auch in diesem Patientenkollektiv nachgewiesen werden.
Ausblick
In der Zwischenzeit gab es auch Weiterentwicklungen der Verschlusssysteme, die weniger traumatisch sind und daher möglicherweise auch weniger Komplikationen bei der Implantation auftreten lassen. Zudem ist die Erfahrung der Implanteure, durch die weite Verbreitung der Methode, deutlich größer als in den Anfangstagen des interventionellen Vorhofohr Verschlusses.
Die Nachbehandlung der Patienten nach Implantation eines Vorhofohrverschluss-Systems, welche initial zwingend mit einem OAK zu erfolgen hatte und somit eine erhöhte Blutungsgefahr in der post- Implantationsphase bestand, hat sich ebenfalls abgeschwächt und kann nun mit der deutlich blutungsärmeren dualen Plättchenaggregationshemmung erfolgen. Auch dadurch ist die Methode theoretisch noch sicherer geworden, wobei hierzu noch keine neueren Daten vorliegen.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie –Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit fast 11.000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter-und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org