Gender disparities in management and treatment in acute myocardial infarction − a German nationwide real-life analysis
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Leonie Kühnemund, Dr. Eva Freisinger, Münster
Einführung
Herz- und Gefäßkrankheiten, darunter insbesondere der akute Myokardinfarkt, gehören sowohl bei Frauen als auch bei Männern zu den häufigsten Todesursachen in Industrienationen. In der letzten Zeit wurde vermehrt von geschlechtsabhängigen Besonderheiten beispielsweise in der Häufigkeit, in der Ausprägung und im Verlauf einer Krankheit sowie auch bei der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen berichtet. Diesen Aspekten wird in der Gesundheitsversorgung bisher jedoch noch wenig Beachtung geschenkt. In großen Studien sind oftmals weniger als ein Drittel der eingeschlossenen Teilnehmer Frauen.
Das Projekt GenderVasc
Das Projekt GenderVasc, welches vom Innovationsfond des gemeinsamen Bundesausschusses finanziell unterstützt wird, widmet sich der Versorgungssituation im Bereich der Herz- und Gefäßmedizin. Geschlechtsspezifische Unterschiede sollen sichtbar gemacht und die Versorgungsqualität für den Einzelnen verbessert werden.
Im vorliegenden Teilprojekt wurden Daten des Statistischen Bundesamtes ausgewertet mit dem Ziel, geschlechtsspezifische Risikofaktoren zu erfassen und die Unterschiede in der stationären Versorgung der Patienten mit akutem Myokardinfarkt näher zu untersuchen. Dafür wurden alle stationären Patienten mit der Hauptdiagnose ST-Hebungsinfarkt (STEMI) und Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) zwischen 1. Januar 2014 und 31. Dezember .2017 in Deutschland näher untersucht. Darüber hinaus wurden Daten zu Begleiterkrankungen, Risikokonstellationen und ausgewählten kardiovaskulären Prozeduren für die geschlechtsspezifische Analyse erfasst.
Ergebnisse
In dem Zeitraum von vier Jahren konnten insgesamt 280.515 STEMI und 559.220 NSTEMI Fälle identifiziert werden. Die Anzahl der Patienten mit STEMI nahm über die Jahre hinweg kontinuierlich ab von 72.894 Patienten im Jahr 2014, zu 70.230 im Jahr 2015, 69.178 im Jahr 2016 und 68.213 im Jahr 2017. Dabei betrug der Anteil der Männer mit STEMI 70 %. In den Analysen zeigte sich, dass das männliche Geschlecht mit einem jüngeren Alter (62 vs. 74 Jahre), einer niedrigeren Prävalenz kardiovaskulärer Risikofaktoren wie chronische Niereninsuffizienz (12.5 % vs. 19.2 %), Diabetes mellitus (21.7 % vs. 26.4 %), Linksherzinsuffizienz (32,1 % vs. 36 %) oder Vorhofflimmern (13 % vs. 17,6 %) assoziiert war. Dyslipidämie (49,3 % vs. 43,9 %) und Rauchen (12.21 vs. 7.4 %) trat bei männlichen Patienten mit STEMI jedoch häufiger auf als bei weiblichen Patientinnen
(alle p<0,05 %).
Insgesamt erhielten 81,3 % der männlichen und 74,3 % der weiblichen STEMI-Patienten eine perkutane Koronarintervention (PCI). Eine koronare Bypass-Operation wurde an 4,2 % der männlichen und nur an 2,7 % der weiblichen STEMI-Patienten in Deutschland durchgeführt. In dem untersuchten Zeitraum waren 2.015 männliche und 5.125 weibliche Patienten mindestens 90 Jahre oder älter. Hier zeigte sich in den Analysen eine deutlich seltenere Anwendung einer perkutanen Koronarintervention (bei 52,8 % der männlichen und 42,5 % der weiblichen Patienten). Eine Bypass-Operation wurde in dieser Alterskategorie nur bei 0,4 % der Männer und 0,1 % der Frauen durchgeführt.
Die In-Hospital Sterblichkeit war bei Frauen sowohl mit STEMI (Männer 9,6 % vs. Frauen 15 %) als auch bei NSTEMI (Männer 6,3 % vs. Frauen 8,4 %) deutlich höher.
Zusammenfassung
Zusammenfassend konnten wir in unserer bundesweiten Analyse der Routinedaten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass die Anzahl der Patienten mit STEMI sowohl bei Männern als auch bei Frauen rückläufig ist. Wie unsere Analysen zeigten, ist das weibliche Geschlecht noch immer mit einer geringeren Rate an Revaskularisierungsverfahren und einer höheren In-Hospital Sterblichkeit assoziiert als das männliche Geschlecht. In logistischen Regressionsanalysen im Rahmen dieser Studie konnte ebenfalls gezeigt werden, dass diese beobachtete erhöhte Mortalität bei Frauen größtenteils auf die ungünstigeren Komorbiditäten sowie das im Durchschnitt höhere Lebensalter bei Ereignis zurückzuführen sind.
Weitere Studien sind erforderlich, um noch weitere Ergebnisse zu sammeln und anschließend Projektergebnisse in Leitlinien und Empfehlungen zu überführen und in Informationsmaterialien für Ärzte und Patienten aufzuarbeiten. Langfristig kann das Projekt dazu beitragen, eine bedarfsgerichtete medizinische Versorgung kardiovaskulär erkrankter Patientinnen und Patienten sicherzustellen.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie –Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit fast 11.000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter-und Fortbil-dung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org