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Risikostratifizierung bei ambulanten Patient*innen mit einer chronischen Herzinsuffizienz: Die Rolle von systemischer Inflammation und rechtsventrikulärer Dysfunktion

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Dr. Charlotte Hartmann, Prof. Dr. P. Christian Schulze, et al. Jena

Wissenschaftlicher Rahmen und Hintergrund

Die Funktion des rechten Ventrikels ist als eigenständiger Risikofaktor für eine frühzeitige Mortalität bei Patient*innen mit einer akuten oder chronischen Herzinsuffizienz bekannt. Weiterhin ist die chronische Herzinsuffizienz mit zirkulierenden inflammatorischen Zytokinen assoziiert. Untersuchungen, die systemische Inflammation bei Patient*innen mit akuter und chronischer Herzinsuffizienz analysierten, brachten bisher unspezifische Resultate. Zugrundeliegende Mechanismen sind, zum jetzigen Zeitpunkt, weitestgehend unbekannt.

Fragestellung und Ziele

In einer monozentrischen retrospektiven Kohortenanalyse untersuchten wir den Zusammenhang zwischen der Mortalität und der Funktion des rechten Ventrikels sowie einer systemischen Inflammation bei Patient*innen mit einer chronischen Herzinsuffizienz (HFrEF, HFmrEF, HFpEF) unabhängig von nominellen LV-Funktion.

Methodik der Studie

Insgesamt wurden 612 Patient*innen in einer monozentrischen retrospektiven Kohortenanalyse, die sich mit einer Herzinsuffizienz im Zeitraum zwischen Januar 2015 und Juni 2017 vorstellten, untersucht. Alle Patient*innen stellten sich in unserer ambulanten spezialisierten Herzinsuffizienzsprechstunde vor. Das Ausmaß der Herzinsuffizienz dieser Patient*innen umfasste ein breites Spektrum der linksventrikulären Ejektionsfraktion.

Alle Patient*innen erhielten eine Transthorakale Echokardiographie (TTE), eine kardiologische Leistungsdiagnostik in Form einer aufrecht sitzenden Fahrrad-Ergometrie (Spiroergomietrie; CPET) und eine Labormedizinische Untersuchung. Die Gruppierung der Patient*innen erfolgte anhand der rechtsventrikulären Funktion und des CRP-Wertes. Die rechtsventrikuläre Dysfunktion wurde festgestellt, wenn die größte in der Systole zurückgelegte Strecke des Trikuspidalklappenrings (TAPSE = Tricuspid annular plain systolic excursion) kleiner als 16 mm vermessen wurde, der rechtsventrikuläre enddiastolische Durchmesser (RVEDD) über 41 mm oder der Durchmesser des rechtsventrikuläre Ausflusstrakt größer als 30 mm war. Der Cut-Off Wert für das C-reaktive Protein wurde auf
> 5 mg/l festgelegt.

Alle Patient*innen sind direkt telefonisch, über die Hausärzt*innen oder über Patientendaten des Universitätsklinikums Jena nachverfolgt worden. Eine Einwilligungserklärung wurde von allen Patient*innen unterzeichnet. Der primäre Endpunkt der Analyse ist der Tod der Patient*innen, unabhängig von der Ursache.

Die Gruppen wurden anhand der Ergebnisse der Ergometrie, Echokardiographie und Laboruntersuchungen verglichen. Für diesen Vergleich der Gruppen nutzten wir den Mann-Whitney-U Test für nicht-parametrische, unabhängige Stichproben.

Das Überleben der Patient*innen mit linksventrikulärer Dysfunktion und rechtsventrikulärer Dysfunktion und/oder CRP-Erhöhung wurde mit dem Kaplan-Meier-Schätzer und dem log-rank-Test verglichen. Ein P-Wert von < 0.05 zeigte statistische Signifikanz an. Die Kaplan-Meier Graphik zeigt das 100 Tage-, 1- und 4- Jahresüberleben

Wir haben die Cox-Regression univariate Analyse durchgeführt, um die Zeit bis zum primären Endpunkt vorherzusagen. Parameter, die in der univariablen Cox-Analyse Signifikanz zeigten, gingen in die multivariable Cox-Regression ein, um potenzielle zusätzliche und unabhängige Faktoren aufzudecken.

Ergebnisse der Studie

Insgesamt wurden 612 Patient*innen in die Analyse eingeschlossen (Mittelwert Alter: 59.87 ± 13.831 Jahre, 71.09 % männlichen Geschlechts). Von diesen Patient*innen zeigten 248 (oder 40.52 %) eine normale LVEF (HFpEF), 82 (oder 13.07 %) eine mittelgradige Einschränkung der linksventrikulären Pumpfunktion (HFmrEF). 282 Patient*innen (oder 46.08 %) stellten sich mit einer reduzierten Ejektionsfraktion (HFrEF) vor. Der mittlere BNP-Wert liegt bei 514.19 ± 827.178 pg/ml. Die Ätiologie der Herzinsuffizienz war zu 27 % ischämisch.

Die Patient*innen wurden über einen Zeitraum von 1165.95 ± 618.931 Tagen (IQR: 20 – 2009 Tage) zurückverfolgt. In diesem Zeitraum ereignete sich der primäre Endpunkt (Tod jeglicher Ursache) bei 109 (oder 17.65 %) der Patient*innen. Patient*innen mit einem erhöhtem CRP und rechtsventrikulärer Dysfunktion zeigten nach dem Kaplan-Meier-Schätzer ein schlechteres Überleben mit einem signifikanten Unterschied. (Log Rank: Chi²: 20.015, p < 0,000).

In der Cox-Regression univariate Analyse zeigte sich, dass die rechtsventrikuläre Dysfunktion als kategorische Variable prädiktiv für den primären Endpunkt ist. (HR 2,09; CI: 1,409-3,099; p < 0,00). Das C-reaktives Protein zeigte ebenfalls ein signifikantes Ergebnis als kategorische Variable (HR 1,742; CI: 1,180-2,572, p < 0,001). 

Schlussfolgerung

Eine kombinierte Evaluation von systematischer Inflammation und rechtsventrikulärer Dysfunktion ist sinnvoll, um das langfristige Überleben von Patient*innen mit einer chronischen Herzinsuffizienz vorherzusagen. Patient*innen mit beiden Risikofaktoren hatten ein signifikant schlechteres Überleben als Patient*innen ohne Zeichen einer Inflammation oder rechtsventrikulärer Dysfunktion. Um den dahinterstehenden Mechanismus zu identifizieren, sind weitere grundlegende und klinische Untersuchungen angezeigt, um potenzielle therapeutische Angriffspunkte und Möglichkeiten zur Verhinderung einer frühzeitigen Mortalität für die Patient*innen mit einem oder mit kombinierten Risikofaktoren zu finden.

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie –Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit fast 11.000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter-und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org

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