Vorhofflimmern ist unabhängiger Prädiktor für eine erhöhte Langzeit-Sterblichkeit nach MitraClip Implantation
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Dr. Mirjam Keßler, Ulm
Hintergrund: Vorhofflimmern hat mit 32-68 %1,2 eine hohe Prävalenz bei Patienten mit hochgradiger Mitralklappeninsuffizienz. Darüber hinaus kann sich die Prognose von Patienten mit Herzklappenerkrankungen verschlechtern, wenn gleichzeitig Vorhofflimmern vorliegt3-5. Der Einfluss von Vorhofflimmern auf Patienten nach MitraClip Implantation ist bisher noch nicht untersucht worden. Wir evaluierten daher die Auswirkung von Vorhofflimmern auf die klinische Langzeit-Prognose bei Patienten nach perkutaner Mitralklappenreparatur durch MitraClip Implantation.
Methoden und Ergebnisse: Wir untersuchten 355 konsekutive Patienten, welche sich einer perkutanen Mitralklappenreparatur mittels MitraClip Implantation bei hochgradiger, symptomatischer Mitralklappeninsuffizienz zwischen 2010 und 2016 unterzogen. 239 Patienten (67.3%) wiesen Vorhofflimmern in ihrer medizinischen Vorgeschichte (Afib-Gruppe) auf, wohingegen bei 116 Patienten Vorhofflimmern nicht bekannt war (no Afib-Gruppe). Unter den Patienten mit Vorhofflimmern, hatten 92 Patienten (38.5%) paroxysmales, 62 Patienten (25.9%) persistierendes und 85 Patienten (35.6%) permanentes Vorhofflimmern.
Bezüglich der Vorerkrankungen und der kardialen Vorgeschichte zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Patienten mit und ohne Vorhofflimmern. Patienten mit Vorhofflimmern waren jedoch im Durchschnitt älter (77.6±7.6 vs. 75.5±9.8 Jahre, p=0.024) und wiesen höhere NT-proBNP-Spiegel auf (6517.5±7308.0 pg/ml in der Afib-Gruppe im Vergleich zu 4153.8±4682.5pg/ml in der no Afib-Gruppe; p=0.010). Das präoperativ abgeschätzte Risiko mittels EuroSCORE und STS-Score war vergleichbar (p=0.8 bzw. p=0.4). In der Echokardiographie vor MitraClip-Implantation zeigten sich bei Patienten mit Vorhofflimmern größere Diameter des linken Vorhofs (56.9±10.1mm vs. 51.6±7.0mm, p<0.001). Außerdem war der Anteil an Patienten mit hochgradiger Trikuspidalklappeninsuffizienz höher (56.2% vs. 33.0%, p<0.001). Die Ätiologie der Mitralklappeninsuffizienz war zu 65.0% bzw. 65.8% (p=0.5) funktionell.
Die MitraClip-Prozedur wurde in 98.7% bzw. 96.6% der Patienten in der Afib– und no Afib-Gruppe erfolgreich abgeschlossen.
In der post-prozeduralen Phase zeigten sich vergleichbare echokardiographische Ergebnisse in beiden Gruppen. So verblieb eine hochgradige Mitralklappeninsuffizienz in 1.4% vs. 4.9% (p=0.1) nach der MitraClip-Implantation. Der transvalvuläre Gradient lag bei 4.0±2.7mmHg vs. 4.2±2.2mmHg (p=0.7). Während des Krankenhausaufenthalts traten Komplikationen in beiden Gruppen selten auf. Es ergaben sich keine signifikanten Unterschiede bezüglich Sterblichkeit während des Krankenhausaufenthaltes, post-prozeduralem Myokardinfarkt, relevanten Blutungskomplikationen, kardiogenem Schock und Schlaganfall.
Im Langzeit-Follow-Up zeigte sich jedoch eine erhöhte Gesamt- (50.3% vs. 32.2%, p=0.032) und kardiovaskuläre Mortalität (35.1% vs. 24.2%, p=0.1) über 3 Jahre in der Afib-Gruppe im Vergleich zur no Afib-Gruppe. Außerdem traten innerhalb von 3 Jahren nach MitraClip Implantation schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (MACCE) signifikant häufiger in der Afib-Gruppe auf (66.7% vs. 46.7%, p=0.003). Die Schlaganfall-Raten waren allerdings vergleichbar (6.4% vs. 4.9% über 3 Jahre, p=0.7). Die erhöhten Ergebnisraten bezüglich Mortalität und MACCE traten unabhängig von der Art des Vorhofflimmerns (paroxysmal und persistierend vs. permanent) auf (p=0.5 für Gesamtsterblichkeit, p=0.9 für kardiovaskuläre Mortalität und p=0.5 für MACCE).
Mittels Cox proportional-hazards Regressionsanalyse wurden die wahrscheinlichen Risikofaktoren Alter, NT-proBNP vor MitraClip, die Präexistenz einer höhergradigen Trikuspidalklappeninsuffizienz und Vorhofflimmern auf ihren Einfluss auf die Mortalität getestet. In der multivariaten Cox proportional-hazards Regressionsanalyse zeigte sich lediglich Vorhofflimmern als unabhängiger Prädiktor für das Auftreten von Mortalität nach MitraClip Implantation mit einer Risikoerhöhung von 2.4 (Hazard Ratio, p=0.036, Konfidenzintervall 1.1-5.4) für den Beobachtungszeitraum von drei Jahren.
Schlussfolgerung: Vorhofflimmern tritt häufig (67.3%) auf bei Patienten mit hochgradiger Mitralklappeninsuffizienz, die eine perkutane Mitralklappenreparatur mittels MitraClip Implantation erhalten.
Durch unsere Analyse identifizierten wir Vorhofflimmern als unabhängigen Prädiktor für Mortalität nach MitraClip Implantation, welcher mit einer 2.4-fachen Risikoerhöhung für die Gesamtmortalität innerhalb von 3 Jahren einhergeht.
Referenzen:
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- Nickenig G, Estevez-Loureiro R, Franzen O, et al. Percutaneous mitral valve edge-to-edge repair: in-hospital results and 1-year follow-up of 628 patients of the 2011-2012 Pilot European Sentinel Registry. Journal of the American College of Cardiology. 2014;64:875-84.
- Barbash IM, Minha S, Ben-Dor I, et al. Predictors and clinical implications of atrial fibrillation in patients with severe aortic stenosis undergoing transcatheter aortic valve implantation. Catheterization and cardiovascular interventions : official journal of the Society for Cardiac Angiography & Interventions. 2015;85:468-77.
- Maan A, Heist EK, Passeri J, et al. Impact of atrial fibrillation on outcomes in patients who underwent transcatheter aortic valve replacement. The American journal of cardiology. 2015;115:220-6.
- Eguchi K, Ohtaki E, Matsumura T, et al. Pre-operative atrial fibrillation as the key determinant of outcome of mitral valve repair for degenerative mitral regurgitation. European heart journal. 2005;26:1866-72.
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