Unterschiede zwischen Frauen und Männern bei Mortalität und Therapie in der Klinik nach STEMI? – eine Risiko-adjustierte Analyse von Daten der externen deutschen Qualitätssicherung
Abdruck frei nur mit Quellenhinweis
Pressetext als PDF - gegebenenfalls mit Bildmaterial
Priv.-Doz. Dr. Kurt Bestehorn, Dresden
In einer Reihe von Studien wurde über eine höhere Mortalität von Frauen nach STEMI im Vergleich zu Männern berichtet. Und laut einer kürzlich publizierten Analyse zweier Kohortenstudien von Patienten, die ihren Myokardinfarkt mehr als 30 Tage überlebt hatten, wurde diese höhere Mortalität auch ein Jahr nach Infarkt beobachtet; dies konnte laut Aussage der Autoren nicht zurückgeführt werden auf Unterschiede bei Alter, kardiovaskulären und anderen Risikofatoren [1]. Es wurde spekuliert, dass Unterschiede bei der Akutbehandlung dabei eine Rolle gespielt haben könnten
Risiko-adjustierte Analyse
Daher wurden mittels Risiko-adjustierter Analyse des Datensatzes des Jahres 2013 der externen Qualitätssicherung des G-BA untersucht, ob statistisch signifikante Unterschiede zwischen Frauen und Männern bei der intrahospitalen Mortalität (IHM) bei STEMI mit PCI bestehen. Es wurden die beiden Basis-Kohorten (Frauen / Männer), bestehend aus allen Fällen mit STEMI des Erhebungsjahres aus kardiologischen Fachabteilungen, hinsichtlich aller im Datensatz verfügbaren relevanten Variablen ebenso wie die mittels OPS-Codes dokumentierten Prozeduren mittels deskriptiver Statistik verglichen. Anschließend wurden die durch exaktes 1:1-Matching ermittelten Kohorten analysiert.
Ergebnisse
Die Basis-Kohorten (8938 Frauen, mittleres Alter 69,7 Jahre; 23241 Männer, mittleres Alter 62,2 Jahre) unterschieden sich statistisch signifikant in zahlreichen Basisvariablen sowie in intra- und postprozeduraler Ereignisrate einschließlich der IHM (10,8 % bei Frauen, 7,1% bei Männern, p<0,001). Abb. 1 zeigt den im Vergleich zum Geschlecht deutlichen Einfluss des Alters auf die IHM. Der Unterschied im nicht-adjustierten IHM kann zu einem Großteil durch den Altersunterschied zwischen Frauen und Männern erklärt werden. Hinsichtlich der in den Kliniken durchgeführten Prozeduren, ermittelt an allen 266 dokumentierten OPS-Codes, ergaben sich keine Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern.
Das 1:1-Matching führte zu 4772 Paaren mit identischem Profil, wie aus Tabelle 1 hervorgeht.
Parameter | Männer
(n=4772) |
Frauen
(n=4772) |
p value | Stand.Diff. |
Alter (Jahre, SD) | 66.09 ± 12.26 | 66.09 ± 12.26 | 1 | 0 |
Diabetes mellitus (%) | 13.9 | 13.9 | 1 | 0 |
EF < 40% (%) | 5.6 | 5.6 | 1 | 0 |
frühere Bypass-OP (%) | 0.3 | 0.3 | 1 | 0 |
Nicht Dialyse-pflichtige Niereninsuffizienz (%) | 10.0 | 10.0 | 1 | 0 |
PCI an 2Gefässen (%) | 2.6 | 2.6 | 1 | 0 |
PCI am komplett verschlossenen Gefäß (%) | 56.1 | 56.1 | 1 | 0 |
Frühere diagnostische Koronarangiografie (%) | 10.8 | 10.8 | 1 | 0 |
Herzinsuffizienz (%) | 6.4 | 6.4 | 1 | 0 |
Kardiogener Schock bei Prozedurbeginn (%) | 1.8 | 1.8 | 1 | 0 |
Tabelle 1: Basisdaten der matched-pair-Kohorten (SD: Standard-Abweichung)
Intraprozedurale Ereignisse waren in beiden Kohorten mit jeweils insgesamt 0,3% gleich häufig, darunter Reanimation mit 0,1% und Tod im Katheterlabor mit 0,02% in jeder Kohorte. Auch bei den post-prozeduralen Ereignissen wie Myokardinfarkt (jeweils 0,1%), TIA / Schlaganfall (0,2% bei Frauen; 0,1% bei Männern), Reanimation (jeweils 0,6%) und insbesondere der IHM (4,1% bei Frauen; 3,6% bei Männern, p=0,2213) zeigten sich keine statistisch signifikanten Unterschiede.
Fazit
Nach Adjustierung für Alter und alle im Datensatz der externen Qualitätssicherung verfügbaren Risikofaktoren besteht zwischen Frauen und Männern kein statistisch signifikanter Unterschied in der Mortalität in der Klinik nach STEMI, und die Prozeduren bei der Akuttherapie sind bei beiden Geschlechtern gleich. Diese Ergebnisse, die auf einer umfangreichen Datenbasis, nämlich auf allen Fällen eines Jahres in Deutschland beruhen, stimmen mit dem Ergebnis einer kleineren Studie überein [2]. Valide Schlußfolgerungen hinsichtlich Unterschieden bei der Behandlung oder der IHM können nur aus der Analyse vergleichbarer Kohorten gezogen werden.
Literatur
[1] Ubrich R et al. (2017) Sex differences in long-term mortality among acute myocardial infarction patients. PLoS ONE 12(10):e0186783.
[2] Eitel I et al. (2012) Sex Differences in Myocardial Salvage and Clinical Outcome in Patients with Acute Reperfused ST-Elevation Myocardial Infarction. Circulation: Cardiovascular Imaging. 2012; 5:119-126
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 10.500 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org