Klarer Überlebensvorteil für interventionelle Behandlung der Mitralklappen-Insuffizienz mit Clip-Verfahren
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Derzeit leiden in Deutschland 800.000 bis eine Million Menschen an einer bedeutsamen Schlussunfähigkeit der Mitralklappe (Mitralklappen-Insuffizienz). Viele dieser Patienten wurden jahrelang nur medikamentös behandelt, eine chirurgische Korrektur der Klappenundichtigkeit bei Patienten mit Herzschwäche wurde aufgrund des Alters oder der schweren Einschränkung der Herzfunktion häufig nicht durchgeführt. In den vergangenen Jahren wurde die minimal-invasive Technik des Clip-Verfahrens eingeführt. Nach den enttäuschenden Ergebnissen der Mitra.fr-Studie zeigt die topaktuelle COAPT-Studie nun doch einen klaren Vorteil für diese interventionelle Behandlung: Sechs Patienten müssen behandelt werden, um ein Leben zu retten.
Statement Prof. Dr. Holger Nef, Sprecher der Arbeitsgruppe Interventionelle Kardiologie (AGIK)der DGK (Gießen)
Erkrankungen der Mitralklappe stellen neben jenen der Aortenklappe die häufigsten Herzklappenfehler in Deutschland dar. Die Prävalenz ist altersabhängig, und aufgrund der demographischen Entwicklung der Bevölkerung ist von einer zunehmenden Häufigkeit der Mitralklappeninsuffizienz auszugehen. Die Häufigkeit dieser Klappenerkrankung wird in der Gesamtbevölkerung auf 1 bis 2 Prozent geschätzt und steigt altersabhängig bis auf bis zu 10 Prozent bei Menschen über 75 Jahre. Die Mitralklappen-Insuffizienz (auch: Mitralinsuffizienz) ist eine Schlussunfähigkeit der Mitralklappe aufgrund von Veränderungen des Klappenapparates.
Die Abdichtung der sogenannten Mitralsegel, die wie eine Bischofsmütze geformt sind, ist von enormer Wichtigkeit. Schließen sie nicht vollständig, fließt Blut in die Vorkammer und Lunge zurück. Das kann zu einer Wasseransammlung in der Lunge führen, was nachfolgend mit einer schweren Luftnot einhergeht. Der häufigste Grund für einen ungenügenden Klappenschluss ist eine Vergrößerung des Herzmuskels, bedingt durch eine Herzschwäche. Die undichte Herzklappe verschlechtert dabei die Situation des Herzens und sorgt für eine zunehmende Belastung, welche die Überlebensaussichten der Betroffenen deutlich einschränkt. Das voll ausgeprägte Krankheitsbild der Herzinsuffizienz führt zudem häufiger zu Krankenhauseinweisungen.
Vieler dieser Patienten sind bis heute nur medikamentös behandelt, da bislang alternative Behandlungsstrategien fehlten. Eine chirurgische Korrektur der Klappenundichtigkeit bei Patienten mit Herzschwäche wurde aufgrund des Alters oder der schweren Einschränkung der Herzfunktion nicht durchgeführt, weshalb nach Zahlen eines europäischen Registers die Hälfte der Patienten unbehandelt blieb.
In den letzten Jahren erfolgte die Einführung einer minimal-invasiven Technik, des Clip-Verfahrens. Dabei handelt es sich um einen Katheter, der über das venöse System vorgebracht wird, über eine Metallklammer werden die undichten Segel teilweise zusammengeheftet. Erste Vergleiche dieser Prozedur mit der herkömmlichen chirurgischen Option zeigten bereits akzeptable Ergebnisse, die sich über einen Zeitraum von fünf Jahren bestätigen ließen.
In der ersten publizierten randomisierten Studie waren die Erfolge der Behandlung mittels Clip-Verfahren jedoch eher ernüchternd. Die Mitra.fr-Studie(1) sollte erstmals den Vorteil des Clip-Verfahrens im Vergleich zu einer optimalen medikamentösen Therapie beweisen. Doch nach einem Jahr war die Häufigkeit des primären Endpunktes (Rehospitalisation und Tod) mit 54,6 Prozent in der Interventionsgruppe gegenüber 51,3 Prozent in der medikamentös-behandelten Gruppe statistisch nicht signifikant unterschiedlich (Odds Ratio 1,16; 95% CI 0,73-1,84, p=0,53).
Vor kurzem wurde nun eine weitere Studie, die COAPT-Studie(2) vorgestellt. Auch hier wurde eine optimale medikamentöse Behandlung mit der interventionellen Therapie der Mitralinsuffizienz mittels Clip-Verfahren verglichen. Insgesamt wurden 610 Patienten mit schwerer Mitralinsuffizienz und Herzinsuffizienz untersucht. Der primäre Endpunkt war nun hochsignifikant zugunsten der Behandlung mit Clip-Verfahren unterschiedlich. 35,8 Prozent der Patienten wurden nach der Intervention pro Jahr erneut stationär eingewiesen, gegenüber 67,9 Prozent in der Gruppe mit initial medikamentöser Therapie. (p<0,001).
Ein hochsignifikanter Unterschied (29,1 vs. 46,1%) zeigte sich auch hinsichtlich des sekundären Endpunktes Mortalität. Das bedeutet für den klinischen Alltag, dass nur drei respektive fünf Patienten behandelt werden müssen, um eine Rehospitalisation bzw. einen Todesfall zu verhindern. Durch diese Studienergebnisse ist die Behandlung der funktionellen Mitralinsuffizienz mit Herzinsuffizienz als hochwirksam und effektiv einzustufen.
Warum ergaben sich diese Unterschiede? Dies lag zum einen an der Tatsache, dass die Schwere der Mitralinsuffizienz in der COAPT Studie deutlich ausgeprägter als in der Mitra.fr Studie war. Dennoch waren die behandelten Herzen in der Mitra.fr-Studie stärker vorgeschädigt, was sich durch ein erhöhtes Volumen der Herzen zeigte. Zudem war die Anzahl der Patienten mit erneuter oder verbliebener schwerer Mitralinsuffizienz nach 12 Monaten in der Mitra.fr Studie dreifach so hoch wie in der COAPT Studie.
Zusammengefasst zeigt sich nun doch ein klarer Vorteil für die interventionelle Behandlung der sekundären Mitralinsuffizienz bei Patienten mit Herzschwäche unter optimaler medikamentöser Therapie. Die COAPT Studie konnte zum ersten Mal für eine interventionelle Therapie einen klaren Überlebensvorteil zeigen, was bislang keiner chirurgischen Therapie bei dieser Erkrankung gelungen ist. Allerdings zeigt sich einmal mehr, dass nur eine gute Patientenselektion (schwere Mitralinsuffizienz bei noch erhaltener Ventrikelgeometrie) die entscheidenden Vorteile des Clip-Verfahrens gegenüber der optimalen medikamentösen Therapie zum Tragen bringt. Und diese sind eindrucksvoll bewiesen: nur 6 Patienten müssen behandelt werden, um ein Leben zu retten.
Quellen:
(1) Obadia J-F, Messika-Zeitoun D, Leurent G, et al. Percutaneous repair or medical treatment for secondary mitral regurgitation. N Engl J Med 2018; Epub ahead of print.
(2) Stone GW et al.; Transcatheter Mitral-Valve Repair in Patients with Heart Failure. N Engl J Med 2018;Epub ahead of print. September 23, 2018; DOI: 10.1056/NEJMoa1806640
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