Vorhofflimmern: Wann die Katheter-Ablation helfen kann
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Zwei aktuelle Studien untersuchten einen möglichen Benefit der Katheterablation im Vergleich zur medikamentösen Therapie: CASTLE-AF untersuchte die Ablationstherapie bei Vorhofflimmer-Patienten mit hochgradig eingeschränkter Pumpfunktion. Es konnte erstmals gezeigt werden, dass das Überleben dieser Patienten durch eine Rhythmisierung mittels Ablation positiv beeinflusst werden kann. Die CABANA-Studie sollte den Nachweis bringen, dass die Katheterablation bei Vorhofflimmern außer Symptomen auch klinische Ereignisse wie Schlaganfälle und Todesfälle reduziert. Sie zeigte sich in Bezug auf Rhythmusstabilität als der medikamentösen Therapie überlegen und außerdem als sichere Methode, konnte jedoch in Summe bei den untersuchten Patienten keinen Überlebensvorteil gegenüber der medikamentösen Therapie zeigen.
Statement Prof. Dr. Philipp Sommer, Stv. Sprecher der Arbeitsgruppe Rhythmologie der DGK (Leipzig)
Rund 1,8 Millionen Menschen, das sind ca. 2,2 Prozent der Bevölkerung Deutschlands, leiden unter einer Herzschwäche und ebenso viele auch an Vorhofflimmern. Beides sind Erkrankungen, deren Häufigkeit in einer älter werdenden Bevölkerung zunimmt, sie verstärken sich anscheinend in ihrer lebensverkürzenden Wirkung wechselseitig.
Vorhofflimmern kann den Herzmuskel langfristig schädigen und somit indirekt zum Herztod führen. Zudem können sich in einem flimmernden Vorhof Blutgerinnsel bilden, die dann in die Zirkulation gespült werden und zu Schlaganfällen führen können. Daher werden Vorhofflimmer-Patienten mit gerinnungshemmenden Medikamenten behandelt. Zudem sollte das Vorhofflimmern beendet werden. Dazu stehen zwei Strategien zur Verfügung: Die medikamentöse Therapie und die Katheterablation („Verödungstherapie“), bei der die Überleitung jener elektrischen Impulse verhindert bzw. durch Vernarbung unmöglich gemacht werden soll, die den Herzrhythmus stören.
Die Katheterablation ist inzwischen eine etablierte Therapie des Vorhofflimmerns für symptomatische Patienten. Es konnte in mehreren Studien gezeigt werden, dass die Ablation sowohl hinsichtlich der Symptomatik als auch der Rezidivfreiheit der medikamentösen Therapie klar überlegen ist. Daher bestehen in den Leitlinien auch entsprechende Empfehlungen. Weniger klar konnte bisher die Frage beantwortet werden, ob die Ablation auch einen Nutzen über die Besserung der Symptomatik hinaus bringt.
Die CASTLE-AF Studie
Antworten dazu liefert die Anfang 2018 publizierte, randomisierte Studie CASTLE-AF1. Es wurden 397 Patienten mit Vorhofflimmern und Herzschwäche (linksventrikuläre Auswurfleistung <35%) entweder mit Medikamenten oder mit Ablation behandelt. Alle Patienten trugen einen implantierbaren Defibrillator, der sie nicht nur vor dem plötzlichen Herztod schützte, sondern auch ein kontinuierliches Monitoring des Vorhofflimmerns ermöglichte. Der kombinierte, harte Endpunkt setzte sich aus Gesamtsterblichkeit sowie Krankenhausaufenthalten aufgrund einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz zusammen.
Die Ergebnisse waren beeindruckend: In CASTLE-AF führte die Katheterablation dazu, dass die Zahl der Patienten, die innerhalb von etwas mehr als drei Jahren (medianes Follow-Up: 37,8 Monate) starben oder wegen Herzinsuffizienz stationär behandelt werden mussten, im Vergleich zur konservativ medikamentös behandelten Kontrollgruppe von 82 (44,5%) auf 51 (28,5%) abnahm (relative Risikoreduktion: 38%).
Auch bei alleiniger Betrachtung der Gesamtmortalität ergab sich eine Abnahme der Zahl der Todesfälle von 47 (25,0%) auf 24 (13,4%). Das entspricht einer signifikant relativen Risikoreduktion um 48 Prozent (p=0,007) und einer beeindruckenden absoluten Reduktion um 11,6 Prozent. Ausschlaggebend dafür war eine Verringerung der Zahl kardiovaskulär bedingter Todesfälle von 41 (22,3%) auf 20 (11,2%).
Die Gesamtmortalität in dieser speziellen Patientenpopulation wurde also durch die Ablation nahezu halbiert. Dabei war das Verfahren mit keinem nennenswerten oder erhöhten Risiko assoziiert. Bemerkenswert ist auch, dass der günstige Effekt auf die Mortalität erst nach rund drei Jahren manifest wurde – hier hat sich der Vorteil der Rhythmusstabilisierung herauskristallisiert.
Limitierend für die Studie ist, dass hochselektierte Patienten eingeschlossen wurden, die zwar alle eine schlechte Pumpfunktion hatten, viele aber „nur“ paroxysmales Vorhofflimmern (anfallartiges, also kein anhaltendes Vorhofflimmern). Außerdem war das Patientenklientel mit 180 pro Gruppe relativ klein – dennoch hatte die Studie genügend statistische Power.
Zusammenfassend sind die Ergebnisse von CASTLE-AF als wegweisend zu betrachten, weil zum ersten Mal gezeigt werden konnte, dass das Überleben dieser schwer kranken Patienten mit hochgradig eingeschränkter Pumpfunktion durch eine Rhythmisierung mittels Ablation positiv beeinflusst werden kann. Symptomatische und prognostische Verbesserung hinsichtlich der Lebenserwartung durch Katheterablation sind ein erstaunliches Ergebnis. Damit wird die Indikationsstellung für diesen Eingriff erweitert.
Die CABANA-Studie
Aufsehen erregte auch die CABANA-Studie (Catheter Ablation vs. Anti-arrhythmic Drug Therapy for Atrial Fibrillation Trial)2. Sie sollte zeigen, dass die Katheterablation bei Vorhofflimmern außer Symptomen auch klinische Ereignisse wie Schlaganfälle und Todesfälle reduziert. Über die Ergebnisse und deren Interpretation wird heftig diskutiert.
CABANA ist die erste prospektive randomisierte Studie, in der die katheterbasierte Ablationstherapie bei Vorhofflimmern mit einer medikamentösen antiarrhythmischen Therapie unter den Aspekt eines möglichen prognostischen Nutzens verglichen worden ist. Vorläufige Ergebnisse der bis dato noch nicht publizierten multinationalen Studie sind erstmals im Mai 2018 beim Kongress der Heart Rhythm Society (HRS) in Boston vorgestellt worden.
Es waren insgesamt 2.204 Patienten mit Vorhofflimmern aufgenommen und per Randomisierung zwei Gruppen zugeteilt worden, in denen entweder eine Katheterablation vorgenommen oder eine medikamentöse Behandlung mit Antiarrhythmika zur Rhythmus- oder Frequenzkontrolle eingeleitet worden war. Die Dauer der Nachbeobachtung betrug fünf Jahre. Die Teilnehmer mussten mindestens 65 Jahre alt sein oder in der Vorgeschichte kardiovaskuläre Risikofaktoren und/oder einen Schlaganfall aufweisen. Den primären Endpunkt bildete eine Kombination der Ereignisse Tod, schwerer Schlaganfall, schwerwiegende Blutung und Herzstillstand. Im Vergleich zur CASTLE-AF-Studie waren die Patienten strukturell weitgehend herzgesund und hatten eine normale Pumpfunktion.
Zu den Ergebnissen: In der Intentions-to-Treat (ITT)-Analyse war die Rate für den primären Endpunkt im Zeitraum von fünf Jahren in der Gruppe mit Katheterablation nicht signifikant niedriger als in der Gruppe mit bestmöglicher medikamentöser Therapie. Auch Analysen der Endpunkte Mortalität und schwere Schlaganfälle offenbarten keinen signifikanten klinischen Vorteil der Ablationstherapie. Nur beim kombinierten Endpunkt aus Tod und kardiovaskulär bedingten Klinikaufnahmen ergab sich ein Unterschied zugunsten der Ablationstherapie in der „as-treated“ Analyse – also wenn man den faktisch erhaltenen Therapiepfad als Grundlage für die Analyse nimmt.
Die Studie hat allerdings einige Limitationen, zum Beispiel die hohe Cross-over-Rate von 27 Prozent von der medikamentösen Gruppe zur Ablationsgruppe. Berücksichtigt man diese Zahlen in der Statistik, wäre die Ablation de facto überlegen.
Die Studie hat aber auch gezeigt, dass die Ablation ein sicheres Verfahren ist: Es traten nur wenige Komplikationen auf (3,9% Leistenkomplikationen, einige wenige Tamponaden). Und dass die Ablation Rhythmusstörungen wesentlich besser beseitigen konnte als die medikamentöse Therapie. Im Nachverfolgungszeitraum von fünf Jahren waren die abladierten Patienten wesentlich langfristiger im Sinusrhythmus.
Auf dem ESC-Kongress 2018 wurden zwei Substudien von CABANA hinsichtlich Lebensqualität3 und Rhythmusereignissen4 vorgestellt. Es zeigte sich, dass die Lebensqualität bei den abladierten Patienten massiv gebessert worden war. Vor allem bei jenen Patienten, die durch die Ablation im Sinusrhythmus gehalten werden konnten. Und dass die Rhythmusstabilität durch das Verfahren nachhaltig gebessert wurde.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Ablation in der CABANA-Studie in Bezug auf Rhythmusstabilität ein der medikamentösen Therapie überlegenes Verfahren und außerdem eine sichere Methode ist. Die Ablation konnte aber in Summe bei den untersuchten Patienten keinen Überlebensvorteil gegenüber der medikamentösen Therapie zeigen.
Quellen:
1 Marrouche NF et al, Catheter Ablation for Atrial Fibrillation with Heart Failure, N Engl J Med. 2018; 378: 417-27
2 Packer D.L.: Catheter ablation vs antiarrhythmic drug therapy in atrial fibrillation: the results of the CABANA multicenter international randomized clinical trial. Vorgestellt am 10. Mai beim HRS-Kongress 2018 in Boston.
3 Cabana: Quality of Life Study NCT00911508
Daniel Mark. Präsentation beim Kongress der European Society of Cardiology, 25.-29. August 2018 in München
4 Jeanne. E. Poole: Recurrence of Atrial Arrhythmias in the Catheter Ablation vs Antiarrhythmic Drug Therapy in Atrial Fibrillation (CABANA) Trial. Präsentation beim Kongress der European Society of Cardiology, 25.-29. August 2018 in München