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Stress-Kardiomyopathie: „Broken Heart Syndrome“ könnte genetische Ursachen haben

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Eine aktuelle Studie legt den Verdacht nahe, dass es genetische Ursachen für das Auftreten einer Stress-Kardiomyopathie geben könnte. Das würde eine vorbeugende Behandlung von Risikopatienten für diese lebensbedrohliche Funktionsstörung des Herzmuskels ermöglichen, berichten Experten auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim. 

Mannheim/Lübeck, 20. April 2017 – Bei der Suche nach den Ursachen einer Stress-Kardiomyopathie sind deutsche Herzmediziner einen wichtigen Schritt vorangekommen. Schon seit Längerem wurde vermutet, dass diese spezielle Störung des Herzmuskels, die zu Herzinfarkt-ähnlichen Symptomen führt und häufig unmittelbar nach großen emotionalen oder körperlichen Belastungen auftritt, auch genetische Ursachen haben könnte.

Nun hat ein Wissenschafterteam unter Leitung des Kardiologen Priv.-Doz. Dr. Ingo Eitel von der Medizinischen Klinik II am Universitären Herzzentrum Lübeck das Genom solcher Patienten analysiert und auf übereinstimmende Auffälligkeiten untersucht. Das Resultat dieser weltweit erstmals durchgeführten Studie wurde nun auf der 83. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim präsentiert.

Tatsächlich fanden sich Hinweise, die auf eine genetische Beteiligung bei dieser lebensbedrohlichen Erkrankung schließen lassen. „Bisher sind die genauen Ursachen des Broken Heart Syndroms trotz intensiver Forschung weiter unklar“, so Dr. Eitel. „Mit dieser Arbeit haben wir einen neuen und wichtigen Baustein geliefert, dass auch genetische Ursachen mitverantwortlich sein könnten.“

Erstmals als eigenständige Krankheit beschrieben wurde die Stress-Kardiomyopathie – auch als  Broken Heart Syndrom oder Tako-Tsubo-Syndrom bekannt – erst 1991. Auffällig ist, dass die Erkrankung in etwa 90 Prozent der Fälle bei älteren Frauen jenseits der Menopause häufig nach einem stressigen Ereignis auftritt, zum Beispiel dem Tod eines Angehörigen. „Wir wissen, dass alle Frauen in diesem Alter stressige Erlebnisse haben“, erklärt Dr. Eitel. „Dass aber nur wenige darauf mit einem Broken Heart Syndrom reagieren, legte den Verdacht nahe, dass genetische Ursachen daran beteiligt sein könnten, die dann für eine erhöhte Vulnerabilität für das Auftreten der Erkrankung verantwortlich sein könnten“.

Zudem wurden weltweit einige Fälle beschrieben, in denen gleich mehrere Familienmitglieder, meist Geschwister oder Zwillingsgeschwister, eine Stress-Kardiomyopathie erlitten hatten. Bei fünf bis zehn Prozent der Patienten treten solche Anfälle zudem wiederholt auf, was ebenfalls auf eine genetische Mitbeteiligung schließen lässt.

Mögliche Zusammenhänge mit Bluthochdruck und Krebs

Tatsächlich fanden sich bei der Analyse des Erbguts von 96 Broken Heart-Patienten 68 genetische Auffälligkeiten. Bei 18 davon waren die Abweichungen im Vergleich zu einer 475-köpfigen gesunden Kontrollgruppe besonders groß. Die meisten betrafen Gene, die unter anderem für Übergewicht, Krebs oder psychische Störungen verantwortlich gemacht werden. Die zwei signifikantesten Anomalien lagen aber an Genen, die für Blutdruck und die Schilddrüsenfunktion verantwortlich sind. „Das sind vielversprechende Ergebnisse“, fasst Dr. Eitel zusammen. „Tatsächlich leiden viele Patientinnen an Bluthochdruck und frühere Studien haben auch eine Korrelation mit Krebserkrankungen gezeigt. Um endgültige Klarheit zu gewinnen, brauchen wir aber noch deutlich größere, multizentrische Studien mit 500 bis 1.000 Patienten.“

Wenn es tatsächlich gelingt, solche genetischen Ursachen für das Broken Heart Syndrom zu identifizieren, ließen sich damit auch erstmals Risikopatienten definieren. „Dann wäre es möglich, diese vorbeugend – etwa mit Betablockern – zu behandeln und vielen ein lebensbedrohliches Risiko zu ersparen“, so Dr. Eitel.

Stress-Kardiomyopathie häufiger als angenommen 

Wie wichtig ein solcher Durchbruch wäre, zeigen andere aktuelle Forschungsergebnisse: So hat sich herausgestellt, dass Stress-Kardiomyopathien bei weitem nicht so selten auftreten wie bisher angenommen. „Heute gehen wir davon aus, dass drei bis fünf Prozent aller vermeintlichen Herzinfarkt-Patienten gar keinen Infarkt sondern eine Stress-Kardiomyopathie erlitten haben“, so Dr. Eitel, der auch mit einer weiteren Fehleinschätzung aufräumt. „Bisher dachten wir, dass Patienten, die das Akutgeschehen überstanden haben, eine gute Prognose hätten. Eine Studie, die wir im Vorjahr publiziert haben, zeigt aber, dass die Mortalität deutlich höher ist als bisher angenommen“.

Bei den 286 untersuchten Patienten lag die Sterberate ein Jahr nach dem Ereignis bei zehn und vier Jahre danach bei 25 Prozent. Dr. Eitel: „Diese Daten zeigen, dass die Stress-Kardiomyopathie genauso lebensbedrohlich ist wie der klassische Herzinfarkt und es daher wichtig ist die genauen Ursachen zu kennen und optimiert zu therapieren“.

Ein Videointerview mit Priv.-Doz. Eitel zu diesem Thema steht ab 25. April unter www.kardiologie.org zur Verfügung.

Quellen: Eitel, et al. Genome-wide association study in takotsubo syndrome – preliminary results and future directions, Int J Cardiol (2017); DGK 2017 Abstract Eitel et al. Genome-wide association study in takotsubo syndrome – preliminary results and future directions. Clin Res Cardiol 106, Suppl. 1, April 2017 

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