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Praxis der kardialen Resynchronisationstherapie (CRT) in Deutschland (D) und Europa – Ergebnisse des CRT Survey II der HFA und EHRA

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Prof. Dr. Christoph Stellbrink, Bielefeld

Hintergrund:
Die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) hat sich in der Behandlung von Patienten mit Herzinsuffizienz, eingeschränkter LV-Funktion und intraventrikulären Leitungsstörungen als Ergänzung zur medikamentösen Therapie durchgesetzt; sowohl bei fortgeschrittener als auch bei milder Herzinsuffizienz konnte in den Studien ein Nutzen belegt werden [i],[ii],[iii],[iv],[v]. Eine Subanalyse der MADIT-CRT-Studie3 zeigte den vorrangigen Nutzen für Patienten mit Linksschenkelblock, die Echo-CRT-Studie [vi] einen fehlenden Nutzen bei Patienten mit QRS-Breite <130 ms trotz echokardiographischer Zeichen einer linksventrikulären Asynchronie. In einem ersten Survey der HFA und der EHRA in 2008/2009 war die Implantationspraxis in 13 europäischen Ländern an 2438 Patienten untersucht worden [vii]. Diese zeigte nicht unerhebliche Unterschiede der klinischen Praxis zu den damals gültigen Leitlinien-Empfehlungen. Da sich durch die geänderte Studienlage die Indikationen geändert haben [viii] und die CRT sich zunehmend in der Routine etabliert und in Europa ausgebreitet hat, wurde in einem zweiten Survey der aktuelle Stand der CRT in Europa evaluiert [ix].

Methodik:
Zwischen Oktober 2015 und Januar 2017 wurden in 42 Ländern in Europa 11.088 Patienten mit Erstimplantation oder Upgrade (von einem Schrittmacher oder Defibrillator) zu einem CRT-Schrittmacher (CRT-P) oder –Defibrillator (CRT-D) in 288 Zentren eingeschlossen, davon 677 in 17 deutschen Zentren. Wir verglichen die Daten aus den deutschen Zentren mit denen der anderen, teilnehmenden Länder. Der internet-basierte, prospektive Survey enthielt Abfragen zum Implantationszentrum und für konsekutiv implantierte Patienten zu präoperativem Zustand, Indikation, medikamentöser Begleittherapie, EKG-Daten, präoperativer Diagnostik, Implan-tationsdaten sowie peri- und postoperativen Komplikationen.

Ergebnisse:
Die in Deutschland mit einem CRT-System versorgten Patienten waren älter, schwerer herzinsuffizient und wiesen mehr Komorbiditäten (Vorhofflimmern, Diabetes, COPD, chronische Niereninsuffizienz) auf, allerdings wurden auch mehr Patienten mit gut erhaltener LV-Funktion implantiert (s. Tabelle 1). Die QRS-Breite im EKG war nicht unterschiedlich (154+26 vs. 157+27 ms), allerdings hatten etwas weniger Patienten einen Linksschenkelblock (71,3 vs. 75,5%) und mehr Patienten einen AV-Block II°-III° (24,8 vs. 18,6%) bzw. waren vor CRT-Implantation Schrittmacher-abhängig (20,0 vs. 13,7%). Bei den Indikationen zeigten sich Unterschiede zwischen D und Europa (s. Tabelle 2). Eine erfolglose Implantation war in D seltener (0,1 vs. 2,9%). Als Implantationsort der RV-Elektrode wurde häufiger der Ausflusstrakt gewählt (9,9 vs. 1,9%), die LV-Sonde wurde seltener anterior (0,5 vs. 4,6%) und apikal platziert (5,6 vs. 14,5%). Zur Optimierung der LV-Elektrodenposition wurde im Vergleich zu den übrigen Ländern häufiger der elektrische Delay zwischen rechts- und linksventrikulärer Elektrode gewählt, seltener die stimulierte QRS-Breite (s. Abbildung 1). Zur linksventrikulären Stimulation wurden in D weniger multipolare Elektroden gewählt (s. Abbildung 1).

Perioperative Komplikationen waren ähnlich häufig (6,1 vs. 5,5%), in D traten keine Todesfälle auf (1,4% in den anderen Ländern). Eine Optimierung von AV- oder VV-Zeit wurde in D seltener durchgeführt als in Europa (s. Abb. 2). Die medikamentöse Therapie bei Entlassung wies wenig Unterschiede auf; in D erhielten tendenziell etwas mehr Patienten Betablocker (91,2 vs. 88,8%) und signifikant mehr Kalziumantagonisten (14,8 vs. 8,6%), dafür weniger Ivabradin (3,2 vs. 5,8%) bzw. Amiodaron (13,1 vs. 17,6%). Etwa die Hälfte aller Patienten erhielt orale Antikoagulantien, der Anteil an Nicht-Vitamin K-Antikoagulantien (NOACs) war in D höher (40,8 vs. 28,9%). Die Nachsorge war in D zu einem höheren Prozentsatz beim niedergelassenen Facharzt geplant (23,7 vs. 4,0%) und signifikant seltener mittels Telemonitoring-Funktion der Geräte (5,1 vs. 31,5%), da weniger Zentren in D angaben, telemetrisches Device-Monitoring zu nutzen (29,4 vs. 60,5%).

Tabelle 1: Patientencharakteristika

Deutschland Andere Länder
Anzahl Patienten 675 10413
% weiblich 21,7 24,5
Alter (Median + 95% Perz.) 73 (52, 85) 70 (49, 84)
Alter > 75 J. (%) 42,2 31,4
% ischämisch Herzkrankheit 46,3 44,4
Vorhofflimmern (%) 48,4 40,3
Klappenerkrankung (%) 34,1 26,7
COPD 15,1 11,8
Diabetes 33,3 31,3
% Niereninsuff. (GFR<60) 49,1 29,9
Stadium der Herzinsuffizienz
NYHA I/II (%) 30,1 41,7
NYHA III/IV (%) 69,8 58,2
LVEF>45% (%) 7,2 4,0

Tabelle 2: Indikation zur CRT

Deutschland Andere Länder
Herzinsuff. mit breitem QRS (%) 51,9 60,5
Herzinsuff./LV-Dysfkt. Mit ICD-Indikation (%) 66,2 46,7
SM-Indikation mit erwarteter RV-Stim. (%) 34,0 22,1
Mechanische Dyssynchronie 13,3 11,4

Schlussfolgerungen:
Die im klinischen Alltag mit einem CRT-System versorgten Patienten sind etwas älter und weisen eine höhere Ko-Morbidität auf als in publizierten Studien. Die CRT-Implantation erfolgt überwiegend Leitlinien-getreu, wenngleich besonders in Deutschland überraschend viele Patienten mit erhaltener linksventrikulärer Funktion und auf Grund einer mechanischen Dyssynchronie implantiert werden. Der Implantationserfolg ist gut, die Implantationspraktik entspricht weitgehend den Empfehlungen, wobei hier die deutschen Zentren etwas besser abschneiden. Perioperative Komplikationen sind selten. Kritisch ist für die deutschen Zentren die seltener durchgeführte Optimierung der Systeme und die geringe Nutzung der telemedizinischen Nachsorge-Option nach Implantation im europäischen Vergleich zu sehen.

Limitationen:
In D haben nur 17 Zentren mit überwiegend hohem Implantationsvolumen am Survey teilgenommen und es ist nicht sicher, dass ähnliche Ergebnisse auch in kleineren Zentren erhoben worden wären. Es wurden bisher nur die Daten bis zur Entlassung analysiert und keine Langzeit-Nachbeobachtung. 

[i] Bristow MR, Saxon LA, et al., N Engl J Med. 2004;350(21):2140-50.

[ii] Cleland JG, Daubert JC, et al., N Engl J Med. 2005;352(15):1539-49.

[iii] Moss AJ, Hall WJ, et al., N Engl J Med. 2009;361(14):1329-38.

[iv] Daubert C, Gold MR, et al., J Am Coll Cardiol. 2009;54(20):1837-46.

[v] Tang AS, Wells GA, et al., N Engl J Med. 2010;363(25):2385-95.

[vi] Ruschitzka F, Abraham WT, et al., N Engl J Med 2013;369(15):1395-405.

[vii] Dickstein K, Bogale N, etal., Eur Heart J. 2009;30(20):2450-60.

[viii] Ponikowski P, Voors AA, et al., Eur Heart J 2016;37(27):2129-200.

[ix] Dickstein K, Normand C, et al., Europace 2015;17:137–141

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