“Synkopen-Anamnese bei Herzinsuffizienz. Die Mortalität steigt – doch nicht bei allen.”
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Djawid Hashemi, Berlin
Synkopen sind häufig Manifestationen von Arrhythmien, vegetativer Dysregulation oder hämodynamischer Veränderungen und treten oft bei Patienten mit Herzinsuffizienz (HI) auf. Patienten mit HI zeigen Einschränkungen in genau diesen Eigenschaften, die zu Synkopen führen können, sodass die Relevanz einer Synkopen-Anamnese bei genau diesen Patienten seit langem diskutiert wird.
Dass Patientin mit schwerer Herzinsuffizienz und reduzierter Pumpfunktion ein erhöhtes Arrhythmie-Risiko aufweisen, ist bekannt. Weiche Zusammenhänge zwischen Synkopen und plötzlichem Herztod bei schwerer Herzinsuffizienz wurden in einigen Studien aufgezeigt. Diese Studien fokussierten sich primär auf Patienten mit Synkopen, welche auf eine kardiale Genese untersucht wurden – diese Patienten zeigten häufig eine eingeschränkte systolische linksventrikuläre (LV) Funktion auf.
Obwohl Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) die Hälfte der Patienten mit Herzinsuffizienz ausmacht, gibt es noch keine Untersuchung diesbezüglich. Auch im Übrigen blieb die Literatur eine systematische Untersuchung nach der Bedeutung einer Synkopen-Anamnese bei Herzinsuffizienten bisher schuldig. Dieser Frage und dem Unterschied zwischen den HI-Entitäten haben wir uns nähern wollen.
Wir analysierten hierfür Daten aus dem Kompetenznetz Herzinsuffizienz. In diesen Datenpool wurden Daten von 4659 Studienteilnehmern aus mehreren Studien des Kompetenznetzes (INH, Diast HF, Handheld-BNP, Ikarius, CIBIS-ELD, Helps, TTT) eingepflegt und gepoolt. Nach Ausschluss von Studienteilnehmern ohne vollständigen Datensatz analysierten wir 4256 Studienteilnehmer (1576 HFrEF, 584 HFpEF, 2096 gesunde Probanden). Die genannten Studien haben sowohl Patienten mit Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpfunktion (HFrEF), als auch Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) eingeschlossen. HFrEF wurde hier definiert als hochgradig eingeschränkte LV-Pumpfunktion (LVEF < 35%) in Kombination mit mindestens einem Symptom oder einer HI-Hospitalisierung; HFpEF als eine erhaltene LV-Pumpfunktion (LVEF>50%) in Kombination mit einer Relaxationsstörung (E/e’ > 15) sowie mindestens einem Symptom oder einer HI-Hospitalisierung.
Wir haben festgestellt, dass Patienten mit einer HI-Anamnese gegenüber Probanden ein schlechteres Gesamtüberleben (77,1% vs. 85,3%, OR= 1,7299% C.I. [1,29, 2,29], p <0,001) und ein schlechteres Hospitalisierungs-freies Überleben (im Rahmen eines 66 Monats Zeitraumes – 70,1% vs. 74,7%, OR=1.26 [0,97, 1,64], p=0,020) aufwiesen. HFrEF-Patienten zeigten sowohl im Vergleich zu Probanden (16,7% vs. 10,5%, p<0,001) als auch im Vergleich zu HFpEF- Patienten häufiger eine Synkopen-Anamnese (16,7 vs. 12.8%, p=0,029). Auch hier bestätigte sich, dass HFrEF-Patienten mit Synkopen-Anamnese ein schlechteres Gesamt- (27,5% vs. 40,7%, OR = 1,81, 99% C.I. [1,26, 2,59], p < 0,001) und Hospitalisierungs-freies Überleben (59,3% vs. 72,5%, OR = 1,81 [1,18, 2,39]) haben.
HFpEF-Patienten zeigten wiederum keine signifikanten Unterschiede bezüglich einer Synkopen-Anamnese im Vergleich zu Probanden, ebenso hatten HFpEF-Patienten mit einer Synkopen-Anamnese kein schlechteres Gesamt- oder Hospitalisierungs-freies Überleben im Vergleich zu denjenigen ohne Synkopen-Anamnese.
13,2% aller HI-Patienten wiesen eine Synkopen-Anamnese auf. Diese Patienten waren häufiger Frauen, älter, kränker und kardial vorbelastet – sie waren häufiger hypotensiv, anäm, hatten erhöhte NTproBNP-Werte, erhielten häufiger eine Rhythmus-Therapie auf (Antiarrhythmika, Schrittmacher- und/oder ICD-Therapie) und litten häufiger sowohl unter chronischer Niereninsuffizienz als auch an einer strukturellen Herzerkrankung. Die Ko-Morbiditäten per se sowie die Schwere der HI, gemessen in NYHA-Klassen, zeigten eine enge Korrelation mit dem Vorkommen einer Synkopen-Anamnese.
Uns stellte sich bei diesem Befund die Frage, ob denn die Synkopen-Anamnese selbst einen zusätzlichen prädiktiven Wert bezüglich Überleben bei HI-Patienten aufweist, sodass wir für Ko-Morbiditäten und klinische Eigenschaften (Alter, Geschlecht, NYHA-Klasse, Medikation, HI-Geräte-Therapie, KHK oder Myokardinfarkt-Anamnese, Anämie sowie Depression) eine statistische Bereinigung vornahmen. Hier bestätigte sich unser Ergebnis, dass eine Synkopen-Anamnese bei HI-Patienten ein eigenständiger Risiko-Faktor ist und mit schlechterem Gesamt- als auch Hospitalisierungs-freiem Überleben einhergeht – in erster Linie bei HFrEF-Patienten.
Wir konnten in unserem Datensatz die Genese der Synkopen nicht näher eruieren. Eine hämodynamische Erklärung der Synkopen mit Berücksichtigung des verringerten Herzzeitvolumens bzw. Schlagvolumens scheint unter Berücksichtigung der niedrigeren Prävalenz bei HFpEF-Patienten nicht hinreichend. Mit Fokus auf die HFrEF-Patienten drängt sich eine Arrhythmie-Genese auf. Herzrhythmus-Störungen sind besonders mit HFrEF vergesellschaftet und können zur hämodynamischen Instabilität bei diesen Patienten führen, was sowohl die Synkopen, als auch das schlechte Überleben dieser Patienten erklären würde. Allerdings stellen wir auch nach statistischer Bereinigung unserer Daten fest, dass genau diese Patienten, einschließlich derer mit Synkopen-Anamnese, trotz ICD-Therapie kein verbessertes Überleben aufweisen. Dieses Ergebnis ist in Zukunft auch vor dem Hintergrund der Diskussion um den DANISH trial neu zu beleuchten.
Ob und wie weit auch eine vegetative Dysregulation erklärend sein kann, bleibt zukünftigen Studien zu evaluieren.
Zusammenfassend können wir sagen, dass die Pathophysiologie der Synkopen zwar unklar bleibt, aber die Bedeutung einer Synkopen-Anamnese dennoch für HI-Patienten, v.a. bei HFrEF, weiter in den Fokus der Risikostratifizierung treten sollte.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 10.000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org