Europäischer Kardiologiekongress: Verkehrslärm ist schlecht für die Herzgesundheit
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Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zum Europäischen Kardiologiekongress (ESC) 2017
Die Häufigkeit von ischämischen Herzerkrankungen steigt statistisch signifikant mit dem Ausmaß der Belastung durch Verkehrslärm. Das zeigt eine Meta-Analyse verfügbarer Evidenz, die ein internationales Forscherteam auf dem Europäischen Kardiologiekongress (ESC) in Barcelona präsentiert hat. Die Auswertung soll in eine Aktualisierung der Richtlinie der WHO-Region Europa zum Thema Lärmbeeinträchtigung einfließen.
Düsseldorf, Barcelona, 28. August 2017 – Eine Metaanalyse von Längsschnittstudien zum Zusammenhang zwischen Straßenverkehrslärm und durch Gefäßverengungen hervorgerufenen (ischämischen) Herzerkrankungen zeigt, dass deren Häufigkeit statistisch signifikant im Ausmaß der Lärmbelastung ansteigt. Das berichtet die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie aus Anlass des Europäischen Kardiologiekongresses (ESC) 2017 in Barcelona. „Die verfügbaren Studien sind generell von hoher Qualität, wenn auch experimentelle Arbeiten fehlen“, so die Studienautoren. „Angesichts der Auswirkungen von Lärm auf die Ausschüttung von Stresshormonen und die Schlafqualität scheint ein kausaler Zusammenhang zwischen Verkehrslärm und einer ischämischen Herzerkrankung plausibel.“
Ein internationales Forscherteam aus den Niederlanden, Schweden, der Schweiz und Spanien hat in Vorbereitung einer Aktualisierung der „Environmental Noise Guideline“ des WHO-Regionalbüros für Europa eine systematische Analyse der verfügbaren Evidenz zu kardiologischen und metabolischen Auswirkungen von Lärmbelastung durchgeführt. Die derzeit geltende Richtlinie wurde 1999 verabschiedet und berücksichtigt wissenschaftliche Literatur bis 1995. Seither gab es zahlreiche neue Erkenntnisse über die gesundheitsschädlichen Wirkungen von langfristiger Lärmbelastung.
Ausgewertet wurden insgesamt 61 Publikationen, die seit 2000 erschienen sind, und deren Daten eine Risikoanalyse ermöglichten. Die robusteste Datenlage liegt für Straßenverkehrslärm vor, weniger hingegen für die Belastung durch Zug- oder Flugzeuglärm.
Bei einer Analyse aller Daten (7.451 Fälle von Ischämischer Herzerkrankung) errechneten die Forscher einen Anstieg des relativen Erkrankungsrisikos um 1,08 pro 10 Dezibel Anstieg der Belastung durch Straßenverkehrslärm. Das Konzept des relativen Risikos geht davon aus, dass bei einem Wert von 1 das Risiko in beiden Gruppen gleich verteilt ist. Ein Wert größer als 1 ist ein Hinweis auf einen möglichen Zusammenhang zwischen einem Risikofaktor und einer Erkrankung.
Dass verschiedene Umweltwelteinflüsse wie Lärm oder Luftverschmutzung auch die kardiovaskuläre Gesundheit stark beeinträchtigen können, ist zuletzt nicht nur zunehmend Gegenstand wissenschaftlicher Arbeiten, sondern beschäftigt verstärkt Organisationen wie die WHO, die Europäische Gesellschaft für Kardiologie ESC oder die DGK. Laut Schätzungen der WHO gehen in Westeuropa pro Jahr eine Million gesunde Lebensjahre durch Lärm verloren.
In Deutschland konnte etwa die Arbeitsgruppe Lärmwirkungsforschung an der Universitätsmedizin in Mainz um Prof. Dr. Thomas Münzel in einem experimentellen Modell Zusammenhänge zwischen Lärmbelastung und einer Dysfunktion des Endothels, also der Innenwand von Blutgefäßen, nachweisen. Eine Endotheldysfunktion gilt als wichtige Ursache von schweren kardiovaskulären Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall.
„Allein auf dem Weg über kardiovaskuläre Erkrankungen verursacht Lärm jährlich den Verlust von 61.000 gesunden Lebensjahren“, so Prof. Münzel. „Gemäß einem 2014 publizierten Modell tötet Lärm sowohl durch direkte als auch indirekte Wirkungen. Gemeinsam ist beiden, dass sie Stressreaktionen im Organismus verursachen.“
Quelle: ESC 2017 Abstract P3410 Pershagen et al. Traffic noise and ischemic heart disease – review of the evidence for the WHO environmental noise guidelines for the European region. European Heart Journal (2017) 38 (Supplement) 710
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